Maas-Argonen

19 2 0
                                    

25. September 1918
Maas-Argonen Nördlich von Verdun
33.Division,
American Expedition Forces (AEF)

Der US Marine Robert Marshall marschierte zusammen mit seinen Kameraden auf der vom Regenwasser rutschigen Straße. Sie hatten vor wenigen Wochen erst einen Sieg gegen die Deutschen errungen und machten sich auf den Weg um in den Argonnen die Eisenbahnlinie zu erobern. Er schnippste die Zigarette weg und hörte lachen und Stimmen aus den vorderen Reihen... "Den Jerrys haben wir es gezeigt! Die Köter sind um ihr Leben gerannt, ich verstehe nicht weshalb die Briten und die Baguettes so viele Probleme haben." Robert schüttelte den Kopf "Die sollten die blöden Sprüche lassen, sie haben noch nie gegen eine vollbesetzte Linie gekämpft." Sein Freund und Kamerad William ist an Roberts Seite getreten. "Du sagst es Kumpel, außerdem sollten sie hoffen das General Pershing das nicht mitbekommt. Er wäre sauer" sagte er und zündete sich noch eine Zigarette an, er hob sie William hin. Dieser nahm einen kräftigen Zug und gab sie zurück "Danke mein Freund, was glaubst du wie lange der Kampf wohl noch andauert? Die deutschen Kämpfen jetzt ja wie verwundete Tiere, jeder weiß dass sie nichts mehr zu verlieren haben." Robert sah in den Himmel "Hängt davon ab wie viel Blei wir im Hintern haben. Entweder ist die Schlacht in einer Stunde oder einem Monat vorbei, hoffen wir mal letzteres. Wenn das nur eine Stunde geht, dann sehen wir aus wie ein Stück Käse" er zog an der Zigarette und atmete erleichtert aus. Auf der Straße kamen ihnen plötzlich französische Soldaten entgegen, sie lachten nicht und sahen völlig zerstört aus. Einer blieb bei Robert stehen und packte seinen linken Arm mit einem festen Griff "Ihr seid auf dem Weg die Siegfried-Linie zu durchbrechen oder?" sagte der Soldat und zitterte stark. Robert nickte, im guten Französisch antwortete er "Ja, wir kommen gerade von Belleau. Ich hoffe wir können Verdun entlasten" er hielt seine Stimme zuversichtlich. Der schraubstockartige Griff um seinen Arm wurde fester "Bitte beendet diesen Wahnsinn endlich, ihr seid unsere größte Hoffnung." Inzwischen war das Gelächter verstummt und alle sahen den Soldaten an, Robert bemerkte erst jetzt dass ihm der linke Arm fehlte. Ab der Schulter hingen nur fetzen seiner Uniform herunter "Verlasst euch auf uns! Wir werden Siegen" seine Stimme war ernst. "Wenn ihr gegen die Deutschen marschiert, dann lacht ihr nicht mehr. Ihre Waffen reißen euch in Stücke und...." Er wurde von einem französischem Offizier mit einer Pfeife unterbrochen "Geh gefälligst zurück in die Reihe! Na los, wirds bald!" Der Soldat lies Robert los "Viel Glück" das waren seine letzten Worte bevor sein Zug weiter marschierte. Roberts Einheit marschierte weiter und eine plötzliche Stille machte sich breit. Szenen von verletzten Soldaten wurden immer häufiger und dramatischer, je näher sie der Front kamen. Einer der Marines begann wieder zu sprechen "Wir durchbrechen die Linien in Rekordzeit! Wir schaffen das was die Baguettes nicht konnten" ein Pfiff ertönte und der Zug kam abermals zum stehen. Der Sergeant lief nach hinten "Auf die Knie Soldat! Entschuldige dich!" Der junge Marine sah ihn an "Sir?" Dann trat ihm der Sergeant in die Kniekehle sodas der Marine auf den Knien lag "Nichts 'Sir' ich habe immer noch keine Entschuldigung gehört!" Der Junge senkte den Kopf "Es tut mir leid Sir" der Sergeant nickte "Aufstehen! Marshall, sie nehmen den jungen an die Hand! Scheint so als bräuchte er einen Babysitter" dann ging er nach vorne. Robert ging zu dem Jungen und half ihm hoch. "Mach dir nichts draus aber die blöden Sprüche solltest du lassen" Robert zog eine Metallbox aus seiner Brusttasche und holte zwei Zigaretten raus, er bot dem Marine eine an. Dieser schaute nur in Roberts Gesicht "Willst du eine oder nicht?" Dann nahm er die Zigarette, Robert entzündete sie und der Zug marschierte weiter. "Wie heißt du?" fragte Robert und entzündete die Zigarette des jungen "James Marc" antwortete dieser knapp. "Ich bin Robert" er streckte die Hand hin und James ergriff sie. "Wie alt bist du, junge? Und wieso bist du an der Front?" James schaute Robert an "Ich bin 19 und ich finde die Frage seltsam. Ich bin aus dem selben Grund hier wie jeder andere auch: Ich diene ehrenhaft meinem Land" Robert lachte amüsiert "Dein jugendlicher Leichtsinn gefällt mir aber es hat nichts ehrenhaftes an sich Menschen zu töten. Eher das Gegenteil mein Freund. Du wirst als Soldat nicht in den Himmel kommen sondern den direkten Weg zur Hölle nehmen" er zog wieder an der Zigarette und James schwieg.

Sie liefen eine Stunde, in der Ferne hörte man ein Donnern und Grollen, als würden Götter gegeneinander antreten und dabei die Erde zerbersten lassen. Schweigend ging es weiter Richtung Front, Robert zündete sich eine weitere Zigarette an und zog begierig an ihr, sein Blick richtete sich wieder Richtung Himmel. "Du rauchst viel" bemerkte James und sah ihn an. "Es könnten meine letzten sein, das will ich noch genießen." Er blickte zurück zu James "Wenn du stirbst, dann bist du wenigstens wieder zuhause" sagte dieser plötzlich. "Merk dir eins Junge! Wer hier draußen drauf geht, der kommt nicht nach Hause. Man bleibt liegen wo man im Dreck verreckt ist. Mit Glück begräbt irgendjemand deine Leiche damit die Ratten sie nicht sofort fressen." James schwieg, Robert hatte das Gefühl der Junge würde nicht verstehen was Krieg bedeutet. Doch dass würde er lernen, schon sehr bald.

Sie erreichten am Abend die Französischen Gräben, als sie ankamen stank es ekelhaft." Was ist das für ein Gestank!? " Fragte James angewidert. "Das, junge, ist der Gestank von Toten Menschen und abgebranntem Schwarzpulver. Willkommen im Krieg" sagte Robert emotionslos. Lautes knallen erfüllte die Luft als Granaten in das Niemandsland zwischen den Frontabschnitten einschlugen. Sie liefen über Leichen hinweg und setzten sich auf den Boden um auf weitere Anweisungen zu warten. Er steckte sich eine weitere Zigarette an, um ihn herum standen Soldaten und schossen auf den Feind. Robert nahm seinen Helm ab, als er sich die Zigarette an die Lippen legte, kam plötzlich ein feiner Sprühnebel und benetzte seine Haut und Zigarette. Er vernahm einen dumpfen Aufschlag, Robert betrachtete seine Hand und sah dass sie mit roten Tröpfchen bedeckt war. Als sich sein Blick auf die Quelle des dumpfen Geräusches richtete, lag dort ein französischer Soldat mit einer einem Einschussloch im Brustkorb. Japsend und keuchend lag er im Dreck. Zwischen Ratten und Patronenhülsen, Robert sah ihn an und rauchte teilnahmslos weiter. Andere Franzosen eilten herbei und versuchten verzweifelt ihren sterbenden Kameraden zu helfen "Hilf uns, bitte hilf uns" doch Robert schüttelte den Kopf. "Der Mann ist bereits tot, es wurde mindestens ein Lungenflügel durchgeschlagen. Er wird an seinem eigenen Blut jämmerlich ersticken." Auch die anderen Marines bewegten sich nicht und blieben stumm sitzen, Robert nahm einen Zug von der Zigarette und setzte sich dann zu dem im Sterben liegenden Franzosen. Er holte ein Fläschchen aus seiner Tasche und gab ein paar Tropfen des Inhaltes auf die Wunde. "Der Schmerz sollte bald aufhören" sagte Robert, er legte eine Hand auf den Mann und nickte den anderen Soldaten zu, diese Transportierten den Verletzten ab. Er setzte sich wieder und holte ein sauber gefaltetes Blatt Papier hervor. Robert begann mit einem Kohlestift zu schreiben:

"Liebe Dorothee, jeden Tag und jede Minute sind meine Gedanken bei dir. Egal ob ich in Frankreich bin oder schon in Deutschland stehe, ich kämpfe nicht für unser Land sondern für die Zukunft unserer kleinen Tochter. Ich sitze in den Gräben und meine Füße sind nass. Wir haben in der Schlacht von Belleau einen großen Sieg gegen die Deutschen errungen. Obwohl ich für euch kämpfe, so bin ich das töten leid. Das Grauen dieses furchtbaren Krieges lastet schwer auf meinen Schultern. Die Deutschen nennen uns 'Teufelshunde' Devil Dogs. Mit Stolz und gleichzeitig Trauer trage ich diesen Namen für mein Marine Corps. Am Morgen des 26. September geht es erneut in den Kampf gegen die Deutschen, in den Wäldern der Argonnen. Ich habe Angst doch mein Kampf für dich lässt mich alles überstehen und jede Qual ertragen. Mein Finger liegt am gespannten Abzug und mein bleibt Blick geschärft.

In größter Liebe euer Robert, lese den Brief bitte unserer Mary vor.
(Geschrieben am 25. September )

Er faltete das Blatt wieder präzise zusammen und steckte Stift und Papier sorgfältig weg. "Tja, sollte ich morgen ins Gras beißen dann ist meine Geschichte festgehalten und meine Tochter weiß bescheid" sagte er. Plötzlich schlug William ihm auf die Schulter "Na, Na junge. Wir kommen doch eh alle gesund nach Hause, dann trinken wir einen schönen Whiskey" sein Lachen füllte den Graben und er schlug erneut auf Roberts Schulter. Nur Robert lachte nicht. "Hör mal Robert. Ich verstehe deine Bedenken, auch ich mache mir in die Hosen. ABER WIR SIND MARINES! HURRAA!" seine Stimme wurde leiser "Außerdem hat Mary einen guten Dad, einen echten Mann. Einen Mann der für seine Familie in den Abgrund der Hölle blickt und daraus wieder hervor kommt." Robert begann nun doch zu lächeln und freute sich über Williams Versuche ihn aufzumuntern. Er legte sich eine Decke über den Oberkörper und begann langsam einzuschlafen....

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 24, 2021 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Price of a Mile- 1914-1918Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt