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Ich muss eingeschlafen sein, denn als ich das nächste mal die Augen aufschlage, ist es finstere Nacht. Meine Augen sind von den getrockneten Tränen verklebt und meine Sicht ist trüb. Nachdem ich mir mehrmals über die Augen gerieben habe kann ich endlich wieder etwas sehen und setze mich auf.

Alles knackt als ich mich auf die Beine stemme und in den Himmel schaue. Die Sterne und der Mond leuchten nur schwach, als wüssten sie, was mit meiner Familie passiert ist und wollen mir Trost spenden. Ein trauriges Lächeln schleicht sich auf meine Lippen, als ich daran denke welch lustige und schöne Erinnerungen ich an sie habe. Es tut verdammt weh, zu wissen, nie wieder das wunderschöne Lachen meiner Mutter hören zu können. Nie wieder die Umarmungen meines Vaters spüren zu können. Und niemals meine die Zwillinge aufwachsen sehen zu können. Ehe ich mich versehe rollt mir wieder eine Träne über das Gesicht.

Ich trage nach wie vor meine Tasche bei mir, was wahrscheinlich das Klügste ist, an das ich je gedacht habe. Denn in der Tasche befinden sich mein Handy, Ladekabel, Geldbeutel und noch etwas zu trinken. Ich ziehe den Geldbeutel heraus und schaue mir das Familienbild an, welches sich darin befindet. Wir hatten es erst vor ein paar Monaten geschossen, nichts ahnend, was für ein Schicksal uns widerfahren würde. Wir waren glücklich an jenem Tag und in dem Moment gab ich mir ein Versprechen. Ich werde den oder die Mörder meines Rudels und meiner Familie finden und qualvoll hinrichten. Da ist es mir egal, ob ich nur ein Mensch bin, denn wer mir meine Familie nimmt, dem nehme ich alles was er hat.

Entschlossen packe ich die Tasche wieder ein und stampfe in irgendeine Richtung des Waldes, in dem ich mich im Moment befinde. Nur durch den Mond kann ich die Wurzeln am Boden erkennen, sonst wäre ich definitiv nicht so schnell unterwegs. Mein Magen knurrt und macht sich bemerkbar, aber dafür hatte ich Moment weder die Nerven, noch die Resourcen.

Während ich also so durch den Wald gehe und kein Geräusch außer dem Knirschen der Zweige und Blätter unter meinen Füßen zu hören ist, lege ich mir einen Plan zurecht. Alleine würde ich nicht weit kommen, das ist mir bewusst. Aber wenn ich in das Gebiet eines anderen Rudels kommen könnte und mich mit Mitgliedern anfreunde, müsste ich zumindest irgendetwas herausbekommen. So hoffe ich zumindest. Es ist riskant und verdammt spontan denn ich muss ja auch irgendwo wohnen und sie dürfen nicht mehr riechen, dass ich von Werwölfen abstamme. Egal ob ich ein Mensch bin oder nicht.

Ich habe von meiner Arbeit für das College eigentlich noch ziemlich viel, weshalb ich mir die ersten paar Monatsmieten leisten könnte, aber was dann? Langsam aber sicher werden meine Beine taub und ich wieder müde, jedoch war von einer Straße noch weit und breit keine Sicht. Also mache ich mich auf die Suche nach einer Höhle, die in diesen Wäldern sehr oft vorkommen da es hügeliges Gebirge ist. Nach geschätzten 30 Minuten, es wurde tatsächlich noch dunkler, finde ich hinter einem hohen Busch einen kleinen Eingang zu einer winzigen Höhle. Ich gehe auf die Knie und krieche langsam hinein. Betend, dass dort kein Wolf oder ein Bär liegt, nehme ich die Höhle in Augenschein, kann aber nichts erkennen und atme erleichtert auf.

Völlig erschöpft lehne ich mich an die bröckelige Erde welche die Wände der Höhle bilden und schließe meine Augen. Lasse somit den ganzen Tag noch einmal Revue passieren und mein Wille, mich zu rächen steigt immer mehr. Die nächsten Zeiten werden anstrengend, zumal ich erstmal ein Revier finden, eine Wohnung mieten, eine Arbeit finden und mich in der Schule einschreiben muss. Trotz allem möchte ich meinen Traum die Schule zu beenden und vielleicht zu studieren nicht aufgeben.

Langsam werden meine Augenlieder schwer und ich muss einmal ausgiebig gähnen. Die Müdigkeit übermannt mich und ehe ich mich versehe, ziehen mich die Klauen des Schlafes in einen schwarzen Abgrund.

Durch ein Rascheln vor der Höhle werde ich im frühen Morgengrauen wach und reibe mir erstmal über die Augen. Ich brauche ein paar Sekunden, um zu realisieren wo ich mich befinde und dass die gestrigen Ereignisse doch kein Traum waren. Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen und ich muss ein Wimmern unterdrücken. Und schon wieder war dieses Rascheln zu hören.

Vorsichtig, um was auch immer sich vor meinem Schlafplatz befindet, nicht zu verschrecken, strecke ich meinen Kopf durch den Eingang und muss schlucken bei dem Ablick, der sich mir so eben bietet. Ein wirklich rießiger Braunbär steht keine 2 Meter vor der Höhle bei dem Busch und frisst etwas. Sollte ich jetzt einfach laufen? Er frisst ja gerade, vielleicht hat er ja dann keine Lust auf mich. Das ist die wohl dümmste Idee die ich je hatte, aber ich packte meine Tasche fest, zwängte mich aus der Höhle und sprintete los. Als ich mich umdrehte sah ich dass der Bär sich auf den Weg zu mir machen wollte, er sich aber dann doch umentschied und an seinem Fisch weiteraß, soweit ich das erkennen konnte.

Erleichtert ausatmend lief ich weiter in die Richtung, in die ich schon gestern gelaufen war. Irgendwann musste der Wald ja auch enden und an eine Straße münden, oder? Zumindest hatte es mir so immer mein Vater eklärt und auf ihn konnte ich mich verlassen, er wusste was er sagte. Mit weniger Motivation als gestern bahnte ich mir meinen Weg gen Norden. Ich weiß ehrlichgesagt nicht, ob ich mich überhaupt noch in meinem Bundesstaat befinde oder ob ich schon weiter gegangen bin. Ich habe im Moment absolut keine Orientierung und Google brachte mir mitten im Wald auch recht wenig.

Seufzend stecke ich mein Handy wieder weg, als ich lauter werdendes Motorengeräusch aus Westen höre. Ich horche nochmal um mich zu vergewissern, dass ich doch nicht paranoid geworden bin, doch tatsächlich. Als ich weiter nach Westen gehe, sehe ich eine kleine Landstraße quer durch den Wald und würde am liebsten einen Freudentanz aufführen. Ich entscheide mich, den Weg zu gehen, aus der die Autos kommen, denn gerade ist die Zeit, in der normale Menschen zur Arbeit fahren, heißt, in der Richtung könnte eine Stadt liegen. Zielstrebig gehe ich an der Straße entlang, ignoriere die Blicke der Leute in den Autos und nach ziemlich genau 2 Stunden Fußmarsch, stehe ich am Rande einer gut belebten Stadt. Endlich!

 Endlich!

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⏰ Last updated: Mar 05, 2020 ⏰

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Selene - You're Not AloneWhere stories live. Discover now