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Die milde Sommerluft strömt mir entgegen, als ich den Flughafen von Cleveland verlasse. Die Sonne scheint zwar, dennoch ist es teilweise bewölkt.

Nichts im Vergleich zu meiner Heimatstadt Houston in Texas, dort scheint die Sonne fast ununterbrochen ohne jegliche Wolken am Himmel wahrzunehmen.

Durch ein lautes Hupen werde ich wieder in die Gegenwart zurück gerufen. Mein Blick fällt auf das Auto, welches dieses unerträgliche Geräusch von sich gegeben hat.

Eine schicke schwarze Limousine. So eine habe ich bisher ziemlich selten in meinem Leben gesehen, deswegen bin ich immer wieder gespannt wer darin ein und wieder aussteigt.

Denn mein Traum ist es, schon als kleines Mädchen immer gewesen, irgendwann mal einen Filmstar zu treffen, wie Tom Cruise oder Brad Pitt.

Allerdings müsste ich dafür, auf die andere Seite des Landes ziehen, wozu ich nun wirklich keine Lust habe.

Dort ist mir viel zu viel Trubel. Nun hier scheint es auch nicht gerade anders zu sein.

Seufzend nehme ich meinen Koffer und mache der Limousine ihren Platz, denn ich versehentlich eingenommen habe.

Scheinbar sollte ich meinen wirren Gedankengängen ein Ende setzen, sonst endet das ganze hier noch tödlich.

Doch wie sollte ich diesem ein Ende setzen, wenn ich noch nichtmal weiß was mich in den nächsten Minuten oder auch Stunden erwarten wird.

Da ist das einzige was ich tun kann, in Erinnerung schwelgen und mir die paar Warteminuten irgendwie erträglich zu machen. Oder werden es doch Wartestunden?

Schließlich weiß ich weder wie mein Vater aussieht, noch kann ich garantieren, dass er weiß wie ich aussehe.

Unsicherheit macht sich in mir breit, er hat mich doch nicht vergessen, oder? Oder weiß er überhaupt gar nicht das ich komme und ich werde als Obdachlose auf der Straße enden?!

»Miss Rose?« ertönt plötzlich eine tiefe, aber recht sympathische Stimme. Ein Mann in einem schwarzen Smoking hat sich vor mir aufgebaut.

Er hat recht breite Schultern und ein markantes Gesicht. Nur seine Augen kann ich nicht ganz erkennen, denn diese sind unter einer tiefsitzenden Mütze versteckt.

»Ja..« krächze ich gerade zu. Dies kann unmöglich mein Vater sein, er ist viel zu jung und außerdem würde er mich nicht mit meinem Nachnamen ansprechen.

»Steigen Sie ein. Ich werde Sie zu ihrem Vater bringen.« sagt er mit einer ruhigen Stimme, während er mir unaufgefordert die Tür der Limousine öffnet, die mich eben fast noch überfahren hätte.

Der Mann in dem Smoking schnappt sich meinen Koffer und verstaut ihn im Kofferraum.

Ich beobachte ihn mit einem leicht kritischen Blick, während er mir nur mit einem Handzeichen weist, ich solle einsteigen.

Etwas zögerlich komme ich seiner Forderung nach und lasse mich auf einen Sitz fallen.

Zuvor war ich noch nie in einer Limousine gewesen, der schwarze Lederbezug fühlt sich kalt an meiner Haut an, welches mir eine Gänsehaut verpasst.

»Noch nie in einer Limousine gewesen, was?« fragt plötzlich eine raue aber dennoch sanfte Männerstimme.

Mein Blick schnellt nach oben und blicke in das Gesicht eines attraktiven Jungen. Er hat ausgeprägte Wangen Knochen und es bilden sich leichte Grübchen bei seinem Grinsen.

Seine Blauen Augen bilden den perfekten Kontrast zu seinem Beachboy, blonden Haar.

»Nein..« stottere ich, irgendwie macht mich seine Anwesenheit total nervös.

»Ach keine Sorge, du wirst dich in Zukunft dran gewöhnen. James der fährt dich überall hin, wo du willst.« grinst er und spielt mit dem Strohhalm in seinem Glas.

Seine Beine hat er überschlagen. Ein Wunder das er so sitzen kann. Er trägt ein Blau-weiß gestreiftes Hemd welches er nicht komplett zugeknöpft hat, dazu eine hellblaue zerrissene Jeans. Sein Style ist lässig, wie ein klassischer Beachboy eben.

»James?« frage ich verwundert, obwohl es mir eigentlich klar sein sollte, wen er damit meinte.

»Ach wie dumm von mir. Das ist James, unser Chauffeur.« er deutet mit einem Finger gegen eine schwarze Wand, die uns vom Fahrer trennt.

»Und ich bin Nikolas. Dein Bruder, naja wenn man es genau nehmen will dein Halbbruder.« Er grinst mich an und seine strahlend weißen Zähne kommen zum Vorschein.

»Mein Bruder?« etwas geschockt starre ich ihn und er bricht in ein lautes gelächert aus.

»Ja dein Bruder. Ich habe darauf bestanden, dich abzuholen. Unser Vater ist momentan noch auf Geschäftsreise. Alles ein wenig viel Information für einen Tag, kann ich verstehen.« lächelt er, als er meinen irritierten und geschockten Blick wahrnimmt.

Da habe ich mir die letzten Tage andauernd den Kopf darüber zerbrochen, wie wohl die erste Begegnung mit meinem Vater sein wird und dann treffe ich ihn noch nichtmal.

Sondern ich darf noch paar Tage warte, bis ich ihn kennenlernen kann. Ist ja nicht so, dass ich vor Aufregung und Unwohlsein fast am platzen bin.

Ich lasse meine Blick weiter durch die Limousine schweifen, allein um den unangenehmen Schweigen auszuweichen, welche sich zwischen uns gebildet hat.

»Und deine Mum lebt sie auch bei euch?« frage ich schließlich meinen neuen Bruder.

Es allein komisch sich diese Situation vorzustellen, dass ich jetzt einen Bruder habe.
Jahrelang bin ich davon ausgegangen, Einzelkind zu sein.

»Nein, sie ist vor einem Jahr von uns gegangen. Seitdem ist Dad nur noch auf Geschäftsreisen. Aber als er von dir gehört hat, hat er alle Termine abgesagt, nun bis auf diesen.« erzählt er mir und die fröhliche Stimmung von vorhin ist wie verpufft.

Hätte ich doch einfach nur mal das unangenehme Schweigen genossen.

»Das tut mir leid.« flüstere ich und blicke aus dem Fenster. Mein Dad hat es nie einfach gehabt, genau wie ich. Da haben wir wohl was gemeinsam.

Another Life Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt