Kapitel 2

33 2 6
                                    

Zwei weitere Tage sind vergangen und ich war immer noch hier. Im Krankenhaus. Neben ein paar weiteren Untersuchungen passierte eigentlich nichts spannendes. Leyla kam mich eigentlich an jedem Tag besuchen, an dem sie Zeit hatte. Genauso wie heute. Sie war seit etwa einer Stunde hier und unterhielt sich mit mir über Gott und die Welt. Die Tatsache, dass ich mich nicht mehr an sie erinnern konnte, verletzte sie immer noch ein wenig, aber sie meinte es sei in Ordnung. Schließlich kann ich ja nicht sonderlich was dafür. "Erzähl mir was über dich." ,Leyla trank gerade einen Schluck von ihrem Kaffee und war in Gedanken versunken. "Hey. Erde an Leyla!" , Ich schnipste vor ihrem Gesicht rum, um sie wieder in die Realität zurück zu holen. "Woran hast du gedacht?" "Ach nichts. Ich habe mich nur gefragt, wieso du soviel über mich wissen möchtest, aber nichts über dich? Ich meine, es muss doch echt beschissen sein, nicht mehr zu wissen. Also wirklich gar nichts mehr." ,Ich schaute sie einen Moment lang nur an. Ehrlich gesagt, wusste ich nicht so richtig wie ich darauf antworten sollte.

Natürlich wollte ich mehr über mich wissen. Allerdings hatte ich auch ein wenig Angst davor, zu erfahren, wie ich so war. War ich ein guter Mensch, oder war ich ein riesen Arsch, der sich nur für sich selbst interessiert hat? Ich weiß nicht, ob dieser Gedankengang nachvollziehbar ist, allerdings beschäftigte mich dieser Gedanke bereits seit ich aufgewacht bin. "Oh tut mir leid...Das war unsensibel von mir..." , Ley stand auf und setzte sich zu mir ins Bett. "Nein, ist schon gut. Natürlich ist es beschissen, sich nicht mehr erinnern zu können. Weder an dich, an die Jungs die drauf gegangen sind noch an meine Familie oder sonst jemanden. Ich habe teilweise Schuldgefühle, weil es sicherlich verletzend ist, wenn man jemanden, den man eigentlich mal total gern gehabt hat sagen muss "Yo sorry, ich erinnere mich nicht mehr an dich." , verständnisvoll schaute sie mich an und legte ihre Hand auf meine Schulter. "Ich kann verstehen, dass du so fühlst. Du bist in einer schwierigen Situation und weißt nicht was du tun sollst." ,im wahrsten Sinne wusste ich es nicht. Ich wusste überhaupt nichts außer meinen Namen und das Leyla wohl mal meine Beste Freundin gewesen ist.

"Kann ich dich was fragen Ley?" "Natürlich. Ich erzähle dir alles was du wissen willst." , sie schenkte mir ein Lächeln. Ich konnte sofort sehen, dass es ein ehrliches Lachen gewesen ist und kein Fake. Ich lächelte zurück. "So viel will ich ehrlich gesagt gar nicht wissen. Sag mir nur eins, war ich ein guter Mensch?" "Ob du ein guter Mensch warst?" ,skeptisch schaute ich sie an. "Also, wenn nicht, dann brauchst du überhaupt nicht anfangen, dann will ich es gar nicht erst wissen." , Sie musste ein wenig lachen, ich allerdings verstand nicht, was daran so lustig gewesen sei. "Mari... Wenn du nicht die Definition von "Gut" bist, dann weiß ich es auch nicht. Du bist der fürsorglichste und liebste Mensch denn ich kennen lernen durfte. Du warst immer für mich da in schweren Zeiten und hattest immer einen guten Ratschlag über." , sie musste erneut lächeln. "Es gibt in unserer Clique eigentlich keinen, der dich nicht sofort gemocht hat."

Beruhigt atmete ich auf. Ich bin also kein schlechter Mensch. Aber irgendwas stimmte trotzdem nicht. Die Art, wie sie das alles erzählte und was sie alles erzählte, machte mich skeptisch. Auf mich wirkte das ganze eher wie eine Schwärmerei., aber was wusste ich schon? Ja, diese Frage habe ich mir in letzter Zeit ziemlich oft gestellt. "Also bin ich wohl ein durch und durch guter Mensch?" , sie nickte als Antwort und lächelte mich erneut an. "Hör zu. Ich find's echt mega, dass du so einen guten Menschen in mir siehst, und vielleicht bin ich das auch, aber es muss doch einen Hacken geben." , verwunder sah sie mich an. Ihr lachen wirkte jetzt nicht mehr so ehrlich, sondern eher nervös. Ich bemerkte sofort, dass irgendwas nicht stimmte. "Wieso sollte es einen Haken geben? Das ist doch irrsinnig." , es schien, als würde Leyla mit jeder Sekunde die verging nervöser werden.

"Ich verstehe es nicht. Jeder Mensch hat doch was schlechtes an sich, oder getan. Auch wenn es nur eine Kleinigkeit war bzw. ist." ihre Stimmung änderte sich auf Anhieb. sie schien jetzt eher gereizt und nicht mehr nervös. "Mari. Ich verstehe dich gerade wirklich nicht. es gibt so unfassbar viele positive Dinge an dir. Genauso, wie deine Taten. Ich verstehe nicht, wieso man freiwillig etwas schlechtes hören möchte. Ich dachte, du bist froh darüber, dass du ein guter Mensch warst." , Und da war es gewesen. Sie hatte es zugegeben. "Da!" "Was da?" "Du hast es zugegeben! Ich hab etwas schlechtes getan. Ich kann mich nicht dran erinnern, aber erzähl mir doch einfach, was ich getan habe." , genervt atmete sie durch. "Hör zu. Ich habe lediglich gesagt, dass ich persönlich nicht verstehen kann, wieso man etwas schlechtes über sich selbst wissen möchte. Dass heißt aber nicht, dass DU etwas schlechtes getan hast." Sie stand vom Bett auf und lief unruhig auf und ab.

Das wichtigste war jetzt, ruhig zu bleiben und sich nicht unnötig aufzuregen. Wer weiß, was sonst passiert? "Leyla, ich weiß das du mich anlügst. Oder mir zumindest etwas verheimlichst." "ich weiß nicht, wie oft ich es noch sagen soll, bis du es kapierst. DU HAST NICHTS SCHLECHTES GETAN MARI!" , jetzt drehte sie förmlich durch. Ich weiß nicht, ob ich es zu weit getrieben habe, oder nicht. Aber ich weiß, dass sie etwas zu verbergen hat. ich atmete tief durch. "Leyla. Das macht grad keinen Sinn so. Du kannst gerne wieder kommen, wenn du dich beruhigt hast und bereit bist mir zu erzählen, was ich wissen möchte." Sie blieb stehen. Einen Moment lang schaute sie mich an und schwieg. "Schön. Wenn du meinst." ,noch bevor ich etwas sagen konnte, hatte Ley ich ihr Jacke und Tasche geschnappt und verließ den Raum mit einem Tür knallen. Wie aus dem nichts, machte sich ein stechender Schmerz in meine Kopf breit. Er wurde immer stärker, bis ihm nicht mehr standhalten konnte. Im letzten Moment, schaffte ich es noch, den Schwestern-Knopf zu drücken. Dann wurde mir Schwarz vor Augen.

~Flashback~
"Du willst das alles jetzt also aufgeben? Uns aufgeben? Nur um wieder zurück zu ihm zu gehen?" Ich streichelte ihre Wange und wischte ihr ihre Tränen weg. Sie nahm meine Hand. "Ich bitte dich. Mach es nicht noch schlimmer als es ist. Du bleibst für immer Teil meines Lebens. Nur spielt er einfach die wichtigere Rolle. Das war schon immer so und wird auch immer so bleiben." Sie senkte den Kopf. Ich konnte das nicht zulassen. Schließlich liebte ich sie. Vorsichtig küsste ich sie auf den Haaransatz. "Ich liebe dich Leyla. Vergiss das nie."

Everything I've LostWo Geschichten leben. Entdecke jetzt