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Julian Pov.

"Ian, Tisch 2 verlangt nach dir!", rief Kat mir zu, während sie mit diversen Getränken zu den vollen Tischen eilte. Ich hingegen war gerade erst durch die Toilettentür getreten, nachdem ich mir die Hände gewaschen hatte. Heute war es ziemlich voll in der Bar, weshalb ich, genauso wie alle anderen Arbeiter hier auch, kaum eine freie Minute hatte. Gut für meinen Geldbeutel, schlecht für meinen Körper. Der hatte nämlich dringend eine Verschnaufspause nötig!

Laut atmete ich aus, bevor ich mich auf den Weg zu besagtem Tisch machte. Aus näherer Sicht stellte sich heraus, dass dieser mit einer kleinen Gruppe älterer Männer beschmückt war. Alle von ihnen hatten schon eine gewaltige Fahne und scherten sich auch nicht davor mich gelegentlich beim Tanzen 'ausversehen' zu berühren. Gott, widert mich das an! Mehrere Male hatte ich schon Hände unauffällig von meinem Körper entfernen müssen. Lästig war's obendrein!

"Hey, Kleiner, hast du nicht Lust mit mir wohin zu verschwinden?", flüsterte mir der eine mit seinem ekelhaft warmen Atem ins Ohr. Eine unangenehme Gänsehaut überzog mich. Nein, du Pissnelke, und rück mir gefälligst nicht auf die Pelle!

Würde ich natürlich gerne zurückzischen, doch stattdessen räusperte ich mich, schüttelte gespielt betrübt den Kopf und behauptete, dass dafür zu viel los sei.

Glücklicherweise verabschiedeten sich die perversen Säufer bald, sodass ich nicht ständig von Blicken im Rücken geplagt wurde. Zu gern hätte ich denen eine reingehauen. Bah!

Noch bevor mich der nächste Kunde zu sich rufen konnte, huschte ich vor zur Bar und griff nach einer Flasche Wasser, welche ich zügig leerte. Nicht einmal zum Trinken hatte man genug Zeit. Erschöpft war ich allemal, doch damit konnte ich mittlerweile gut umgehen. So war ich die letzten Wochen doch nicht weniger gestresst gewesen, nicht weniger müde, daher schien ich mich daran zu gewöhnen. Zwar mit etwas Hilfe, doch auf diese konnte man leider nicht verzichten. Apropos, da fiel mir etwas ein.

Meine Füße machten sich auf den Weg zum Nebenzimmer, zuerst verstaute ich die leere Flasche aber wieder in ihrem Kasten. Im Nebenzimmer öffnete ich meinen Spind, dort griffen meine Hände in die Brusttasche meiner Jeansjacke und holten das kleine Kästchen empor, welches mir Nel vor einigen Tagen überreicht hatte. Und tatsächlich, dort war sie: Eine letzte kleine Tablette, die mir das Leben gewaltig erleichterte. Die anderen waren bereits lange verdaut und hatten ihren Job getan, doch diese eine, ja diese würde jetzt zum Einsatz kommen. Immerhin hatte ich Großes vor. Kurzerhand warf ich mir also die Ritalintablette ein und schluckte sie ohne weitere Umschweife. Danach platzierte ich die Schachtel wieder an ihren richtigen Ort und verschloss den Spind.

"Na, was haben wir denn da?", ertönte es aus der Tür, durch die ich gekommen war. Ertappt zuckte ich zusammen, ehe ich mich panisch zur hellen Stimme drehte. Diese ordnete ich einer schlanken, blonden Frau zu, dessen blaue Augen eine beruhigende Kühle ausstrahlten. Die plumpen Lippen bewegten sich in perfekten Zügen, hoben und senkten sich genauso elegant, wie das Outfit der Dame aussah. Ein schlichtes, enges Kleid hatte sie an. Es ging ihr bis über die Knie, zeigte aber dafür ihre schön gebräunten Schultern, die dazu einluden, sie anzufassen. Ihre hohen Schuhe verliehen ihr eine passende Größe, zu dem Selbstbewusstsein, welches sie ausstrahlte. Und doch kam mir die Frau bekannt vor. Wer war sie? Und – einen Moment.

Mit einem Kopfschütteln erwachte ich aus meiner Trance, die sicherlich schon viel zu lange andauerte.

Was hatte sie hier zu suchen?!

Schnell straffte ich meine Schultern, erwiderte ihren starren Blick und versuchte mir meine Gedankengänge nicht anmerken zu lassen.

"Wer sind Sie? Dieser Bereich ist nur für Angestellte", erklärte ich streng.

Romeo und.. - Julian?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt