59• It's cold

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Bevor auch nur irgendwas passieren konnte, was ich später bereuen würde, bewegte ich meinen Kopf sofort weg von Sana und ging schwankend einen Schritt zurück. Ich griff nach dem Balkongeländer und blinzelte ein paar Mal.
"Sana, ich-"
"Yoongi, alles okay? Du siehst nicht gut aus..", fragte sie mit besorgter Stimmlage.
"Ja, nur.."
Sie sah mich abwartend an und irgendwie brauchte ich kurz, um zu realisieren, was gerade passiert war.
Als ich dann an der Tür Namjoon stehen sah, der mich mit zusammengezogenen Augebrauen musterte, erwachte ich doch langsam wieder etwas.

"Sana, ich bin schwul."
Ihre Augen wurden groß und ich sah im Hintergrund nur, wie sich Namjoon mit der flachen Hand gegen die Stirn schlug.
"Ich bin mit Jimin zusammen und ich liebe ihn, weißt du.."
"Ach.. Das.. Oh Gott...", sie fasste sich an die Stirn und drehte sich von mir weg.
"Ach du scheiße, es tut mir so so leid. Es hätte mir doch klar sein müssen.. Wie kann ich nur so blind sein?"
"Schon okay.. Aber..", ich sprang auf, "Fuck! Jimin!"
Da fiel es mir wieder ein. Jimin hatte eben alles gesehen und war abgehauen. Er hatte sicher alles wieder ganz anders interpretiert. Ich löste mich aus meiner Starre und wollte gerade zurück ins Zimmer, nach Jimin sehen, doch er war nirgendswo zu sehen.

"Wo is Jimin?", fragte ich und sah Namjoon an, der mich skeptisch musterte.
"Yoongi, du kotzt gleich. Du bist kreidebleich."
"Gar nicht wahr, ich-"
Daraufhin rannte ich zur Toilette und nun ja.. Den Rest kann man sich denken.

"Alter, da trinkst du einmal nach Ewigkeiten wieder was und musst dich komplett abschießen? Ist das dein ernst?", fragte Namjoon genervt.
Ich hatte vergessen, dass er, wenn er Alkohol trank, immer zu einer totalen Heulsuse wurde und wir uns zu oft wegen Kleinigkeiten stritten.

"Joon? Wo ist mein Jiminie?"
"Nicht hier. Tae sieht nach ihm. Du kotzt dich erstmal aus und gehst dann ins Bett. Du kriegst heute sowieso nichts mehr hin. Da werde ich dich sicherlich nicht zu Jimin lassen."
"Was zur Hölle? Ich bin sein Freund, du hast doch nicht zu bestimmen, wann ich ihn sehen darf und wann nicht!"
"Yoongi, du bist komplett dicht und hast grade fast vor Jimins Augen Sana geküsst! Es reicht jetzt!"
Er knallte die Badtür zu und ließ mich alleine auf dem kalten Fließenboden sitzen, ehe ich mich ein weiteres Mal übergeben musste.

"Aber doch nur fast..", nuschelte ich.

Jimin pov

Ich lief den Flur entlang und wollte eigentlich nur das Gebäude verlassen, um kurz frische Luft zu schnappen. Außerdem konnte ich mittlerweile meine Tränen nicht mehr zurückhalten und wollte ungern von irgendwem gesehen werden.
Ich hatte wirklich angefangen, Sana zu mögen, nur konnte ich in dem Moment gar nicht einschätzen, ob sie das extra getan hat, weil sie sich Yoongi krallen wollte oder ob das Ganze wieder nur ein riesiges Missverständnis war. Ich war nur so geschockt von diesem Anblick, dass ich sofort das Zimmer verlassen musste.
Nun stand ich mitten in der Nacht draußen vor der Jugendherberge und sah in den Sternenhimmel. Ich erinnerte mich, wie oft ich das schon mit Yoongi getan hatte.
Während ich die Sterne betrachtete, merkte ich, wie mein Sichtfeld immer mehr verschwimmte und bald schon konnte ich gar nichts mehr erkennen und die ersten Tränen bahnten ihren Weg meine Wangen hinunter.
Mein Blick senkte sich und ich setzte mich auf eine naheliegende Bank, die ganz kalt war. Erst jetzt fiel mir auf, wie kühl es war und dass ich wirklich vergessen hatte, mir eine Jacke anzuziehen. War ich ehrlich so geschockt, dass ich ohne Jacke in die Kälte hinausgerannt bin?

Ich lehnte mich zurück, versuchte die Kälte, so gut es ging, zu ignorieren und einfach die frische Luft zu genießen.
Mein Kopf füllte sich mit sämtlichen Gedanken.
Hieß es nicht, dass betrunkene Menschen immer die Wahrheit sagen? Was, wenn Yoongi das alle so wollte, somit ist es doch die Wahrheit, oder nicht?
Vielleicht war Yoongi gar nicht homosexuell, sondern bisexuell und entwickelte für Sana mehr Gefühle als für mich? Übel nehmen konnte ich es ihm nicht. Sie war hübsch, nett, zuverlässig und sicherlich mehr Yoongis Typ. Im Gegensatz zu mir, konnte sie ihm so viel bieten..
Ich wusste nicht, ob es der Alkohol war und ich einfach nach dem Trinken depressiv werde oder ob diese Zweifel wirklich im nüchternen Zustand auftauchten.
Das Problem war, ich fühlte mich komplett nüchtern und hatte kaum etwas getrunken, da ich mich noch extremst zurückhalten wollte. Immerhin sollte ich klein anfangen und ich hatte mir mittlerweile eine gute Selbstkontrolle angearbeitet.

Romeo & Julian || yoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt