Kapitel 3

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Die Sonnenstrahlen kitzeln auf meinem Gesicht, als es bereits mitten am Tag ist. Ich gähne müde und öffne langsam die Augen, um mich an das Licht zu gewöhnen. Ein Blick auf den Wecker genügt, um mich vor Schreck aus dem Bett springen zu lassen. »Es ist 15:26Uhr?!«, rufe ich entsetzt und sehe mich um. Wie bin ich denn gestern ins Zimmer gekommen? Das letzte, woran ich mich noch erinnere, ist es, wie ich auf dem Boden zusammengebrochen bin. Wie kann das sein...? Nachdem ich angezogen herunter in die Küche laufe, erblicke ich dort meine Mutter vor dem Herd, die gerade das Essen vorbereitet. »Mama«, stammele ich verwirrt. Ich kann nicht fassen, dass sie jetzt schon zuhause ist. Ich habe mit ihr erst nächste Woche gerechnet, da sie arbeiten muss.

Sie dreht sich zu mir um und lächelt mir zu. »Hey liebes.«

»Was machst du hier?«, frage ich etwas zu barsch. Ihr Lächeln erlischt sofort, dann legt sich eine besorgte Falte auf ihre Stirn.

»Ich konnte nicht länger weg von zuhause bleiben, erst recht nicht, wenn...«, sie bringt es nicht mehr über Lippen, da steigen ihr Tränen in die Augen. »Ich bin nachts nach Hause gekommen und habe dich dort auf dem Boden gefunden«, japst sie nach Luft und geht auf mich zu, bis sie direkt vor mir steht. »Schatz, hat er dir was angetan?« Ihre Stimme zittert und ihre Augen suchen mich auf irgendwelche Verletzungen ab. Bis auf das mein Kopf und Rücken schmerzt, habe ich keine weiteren Schmerzen davongetragen, also schüttele ich den Kopf, damit sie sich keine Sorgen macht. »Es geht mir gut.« Meine Stimme klingt nur noch schwach. Jeder Mensch, der halbwegs bei Sinnen ist, erkennt mein großartiges Talent zu lügen.

»Ich verspreche Dir, sobald ich irgendwie an das Geld komme, dann hauen wir beide von hier ab, okay?« Ich weiß, dass es nur leere Worte sind, dennoch nicke ich. Seitdem wir das Haus von meiner Uroma geerbt haben, hat sich mein Vater komplett verändert. Er ist ohne Mutter groß geworden, da sie ihn bereits in jungen Jahren verstoßen hat und ohne ihn ins Ausland abgehauen ist, um sich ein schönes Leben zu machen. Seine Oma hat sich daraufhin jahrelang um ihn gekümmert, als er niemanden mehr hatte, weil sein Vater Jahre zuvor an einem Autounfall verstorben war. Sie war schlichtweg alles für ihn und als sie dann an Herzversagen verstorben war, schien seine komplette Welt den Bach runter zu gehen. Es war also nur eine Frage der Zeit, wann er dem Alkohol zum Opfer fallen würde und sich zu einem anderen Menschen entwickelt hatte. Meine Mutter liebt ihn aber aus ganzem Herzen und hatte all die Monate gehofft, er würde nochmal die Kurve kriegen und sich für seine Familie ändern. Aber seine Wut auf sich selber und der ganzen Welt ließ er stattdessen an uns heraus. Seit Monaten verspricht mir meine Mutter eine Lösung zu finden, aber immer wieder lässt sie sich von ihm um die Fingern winkeln, wenn er heulend bei ihr ankommt. Die meisten Dinge, die er mir antut, bekommt sie nie mit, da sie durch ihren Job mehrfach auch mal länger als eine Woche von zuhause ist. Immer, wenn sie dann da ist, benimmt er sich nur noch halb so sehr wie ein Arschloch. Ich verstehe einfach nicht, warum er mehr so sehr hasst.

»Komm, das Essen ist gleich fertig. Nach dem Essen sieht die Welt doch viel schöner aus«, sie versucht zu lächeln, aber es sieht gekünstelt aus. Dabei legt sie einen Zeigefinger an mein Kinn und hebt ihn liebevoll an. »Okay, liebes?«

Mir bleibt nichts anderes übrig, als zuzustimmen und helfe ihr dabei den Tisch zu decken. Dabei stelle ich mit Erleichterung fest, dass mein Vater heute Spätschicht hat und deswegen erst gegen Abend kommen wird. Allein der Gedanke lässt meine Muskeln um Tonnen leichter werden. Ich habe gar nicht gemerkt, dass sie komplett angespannt waren.

L O U I S

Es ist gerademal zwölf Uhr geschlagen, da klopft es an meinem Zimmer. Grummelnd werfe ich mir die Decke über den Kopf und hoffe, dass mich die Person gefälligst in Ruhe lässt. »Bruder, bist du wach?«, ertönt es nun hinter der Tür. Als ich immer noch nichts sage, klopft es wieder an der Tür, diesmal lauter. »Es steht jemand an der Tür, der dich sprechen will.« Jemand will mit mir reden? Schweren Herzens öffne ich die Augen und rappel mich auf. Danach schlendere ich zur Tür und schließe sie auf. Kaum habe ich das getan, springt mir regelrecht die Tür entgegen. Mein bester Freund Cem läuft mitten im mein Zimmer und sieht mich gereizt an. »Der Typ sieht nicht gerade erfreut aus, was hast du wieder für scheisse gebaut?«

Ich funkel ihn zornig an, dass er mir wieder Vorwürfe machen will. »Ich habe überhaupt nichts getan!«, fauche ich. Cem scheint nicht davon überzeugt zu sein, denn er zieht ungläubig eine Augenbraue in die Höhe. Wie ich das hasse!

»Gut, dann sieh zu, wie du diesen Typen loswirst. Er macht mir gerade nicht den Eindruck, dass er nur Kaffee trinken will.« Mit diesen Worten verschwindet er wieder aus dem Zimmer. Genervt rolle ich mit den Augen und trotte den Flur herunter zu der Eingangstür. Ich mache mir nicht einmal die Mühe mir etwas überzuziehen, wenn man mich um diese herrgottsfrühe schon nervt. An der Tür angekommen erkenne ich einen Mann in einem schicken Anzug mit einer Sonnenbrille auf der Nase. An seinem Hals erkenne ich Tattoos, die hoch zu seinem Kiefer reichen. Man kann nur erahnen, dass sich unter dem Anzug noch weitere befinden.

»Da bist du ja«, spottet der Mann und setzt seine Sonnenbrille auf den Kopf. Dann erkenne ich erst, mit wem er es zu tun habe.

»Was verschafft mir die Ehre dich an so einem wunderschönen Tage anzutreffen?«, witzele ich und lehne mich mit verschränkten Armen gegen den Türrahmen. John mustert mich kritisch aus seinen tiefblauen Augen.

»An deiner Stelle würde ich den Sarkasmus lassen«.

Ich hebe unbeeindruckt eine Augenbraue nach oben. »Aha und wieso?«

Aufbrausend reckt John sein Kinn nach oben und tritt näher an mich heran, um mich einzuschüchtern, aber das kann er sich knicken, »Du hast ganz viel Scheisse am Laufen, weißt du das? Wo ist die ganze Kohle?«, fragt er und versucht dabei einen Blick von der Wohnung zu erhaschen. Demonstrativ stelle ich mich im Weg, um ihn die Sicht zu versperren.

»Ihr kriegt das Geld noch.«

John lacht ungläubig. »Du bist schon Wochen überfällig. Wo ist denn das Geld huh? Was hast du mit den ganzen Pillen angestellt?«

Ich versuche mich nicht einschüchtern zu lassen und setze eine undurchdringliche Miene auf. »Es gab Verzögerungen, mehr nicht. Ihr bekommt das ganze Geld schon bald.« Meinen Worten glaube ich selber kaum, aber das lasse ich mir garantiert nicht ansehen.

John presst unzufrieden sein Kiefer aufeinander, aber gibt dann doch nach. »Ich gebe dir 24 Stunden. Wenn du bis dahin nicht das ganze Geld zusammen hast, dann tauchen wir alle auf deiner Hausmatte auf. Das schwöre ich dir!« Mit diesen Worten dreht er sich um und läuft geradewegs auf einen schwarzen BMW M4 Coupé zu. Ich warte noch, bis er davon gefahren ist, dann schließe ich die Tür und werfe mich frustriert dagegen.

»Fuck fuck fuck!«, fluche ich und raufe mir die Haare. Ich konnte dem Kerl schlecht erzählen, dass ich einen Teil der Wahre verloren habe, als ich total besoffen von irgendwelchen Typen überfallen und zu Boden geschlagen wurde. Ich habe zwar versucht die übrigen Pillen teurer zu verkaufen, aber dabei sind mir paar Käufer abhanden gekommen und nun habe ich die Kacke am Dampfen.

»Sieht ganz so aus, als hättest du ganz schön viel Scheiße am Laufen«, höre ich die besserwischere Stimme von Cem.

»Ach komm halt die Fresse«, schnauze ich und drücke mich an ihm vorbei ins Zimmer. Verdammt, wie soll ich nur an so einen Haufen Geld kommen? Eine Welle von Wut überkommt mich und prompt fliegt auch schon meine Faust gegen die Wand. Der Schlag reißt sofort meine alten Wunden auf, aber das ist mir egal. Ich schlage noch einige Male kräftig dagegen, bis meine Hand blutüberströmt ist. Der Schmerz erreicht mich nicht einmal so sehr stehe ich unter Adrenalin. Wieso bin ich nur so dumm gewesen und bin in dieses verdammte Geschäft eingestiegen? Cem hatte mich davor gewarnt, aber ich wollte nicht hören, weil ich zu gierig nach dem Geld war. Und was bringt mir das jetzt? Wenn ich nicht bald das Geld zusammen habe, dann werden sie von mir und Cem alles nehmen, was wir haben und wahrscheinlich Koma reif schlagen, wenn nicht sogar umbringen.

»FUCK!«, schreie ich. 

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 01, 2020 ⏰

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The man who stole my heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt