Um mich herum herrschte ein düsteres Zwielicht. Alles war schwanz und weiß, grau und braun. Wie ein Film, den ich nicht nur ansah, sondern in dem ich mitspielte. Ein Film mit einfacher Handlung, mit der ältesten Geschichte dieser Welt. Zwei Männer, eine Arena, ein Publikum. Und der Preis war Geld. Wie es immer um Geld ging. Und wie bei einem Film würden die Leute dasitzen und wetten, während sie mit spitzen Lippen aus kristallenen Gläsern tranken. Sie würden uns anstarren mit gierige Augen, abwartendem Schweigen, dann ein Rufen und schließlich ein wölfisches Grinsen.
Nein, ich war nicht die Hauptperson in diesem Film. Jonathan Murphy war es. Oder auch der Schiefe Jon genannt. Der breitschultrige Haudrauf mit den Tattoos und der schiefen Nase. Die hatte er sich in unzähligen Kämpfen immer wieder gebrochen und war stolz drauf, daher auch sein Spitzname. Es erfüllt ihn mit Ehre, wie eine Goldmedaille die Leistung eines Olympiasiegers ehrte. Er war im Untergrund bekannt, der Beißhund eines Drogenbarons und der Polizei kein Fremder. Ein unfairer Gegner also, ein unfairer Kampf. Aber hier unten war man nicht, weil man Fairness suchte. Die meisten die das hier machten brauchten das Geld, um Schulden zu bezahlen, Schutzgelder, Drogen. Damit einem nicht am nächsten Morgen eine Prügelgruppe auflauert und einen ordentlich fertig macht. Die waren auch nur ein kleines Rad im System, das die Szene von Boston am laufen hielt.
Ich wusste es, als ich mir die Handgelenke mit der schwarzen Bandage umwickelte, als ich den Kreuz-Anhänger um meinen Hals ein letztes mal küsste und ihn dann mit einem gälischen Stoßgebet auf den Lippen mit meinen anderen Sachen in den rostigen Spind schloss. Es würde blutig werden und es würde wehtun. Vielleicht würde er mir das Gesicht zertrümmern, mir das Lächeln von den Lippen schlagen und mich endlich zu Bewusstsein bringen. Der Gedanke erfüllte mich mit ungeahnter Euphorie und gab mir den Kick den ich hoffte, hierdurch zu erreichen. Denn anders als die meisten armen Schweine hier hatte ich das eigentlich nicht nötig. Ich war Soldat, eigentlich Veteran, und vor einigen Monaten aus Vietnam zurückgekehrt. Seit der Krieg am 30. April 1975 mit der Eroberung - oder Zerstörung - der Hauptstadt endete, war ich nach fünf Jahren Dienst endlich nachhause gegangen. Ich bin kein Held, ich bin auch kein klassischer Kämpfer, der sich auf seine Eroberungen einen runterholt und geil darauf ist Menschenleben zu beenden. Ich war froh wieder zurück zu sein. Mit jeder Faser meines Körpers. Und dennoch war ich hier, herausgefordert von einem Gangmitglied aus den niederstem Viertel und voller Anspannung vor dem illegalen Käfigkampf, den ich gleich bestreiten würde. Denn irgendwas in mir war kaputt, taub, rastlos. Irgendwas, was mich daran hinter endlich wirklich nachhause zu kommen.
Ich hob eine kleine Flasche Alkohol an die Lippen, irgendsoein billig gebrannter Whisky der im Hals brannte und den Magen zum glühen brachte. Ich trank das Fläschchen bis zum letzten Tropfen aus und stellte es zu den anderen unter die Bank. Dann begann ich zu lächeln und stand auf. Jetzt war Showtime und ich war verdammt gut darin Leuten meine Selbstsicherheit glauben zu machen. Indem ich lächelte und grinste, feixte und provozierte wurde ich zu jemand, den man entweder liebte oder hasste. Es gab kein Dazwischen. Es gab kein Zweifel, kein Zögern. Alles was zählte war dieser eine Moment. Die Stimmung draußen heizte sich langsam auf, die Menschen die nach Wetten und Einsätzen, Schnäpsen und Gläsern riefen wurden lauter, das allgemeine Gemurmel begann sich selbst zu übertönen. Ein guter Abend für einen Kampf. Viele Leute, viele Wetten, viel Geld. Und ein überlegener Gegner für mich. Das Adrenalin schoss wie ein Sturm durch meine Adern und mein Lächeln wurde breiter. Ich dehnte meine Muskeln noch einmal, reizte den Augenblick aus, dann stieg ich in den schwarzen, kurzen Gang in die Arena.
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Hey :) Na... Wie gehts denn so? Hoffentlich gut. Das hier? Ach naja... ich wollte ja eine Fortsetzung schreiben und seit gestern gehen die Ideen mit mir durch. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich es so lasse. Mal schauen was ihr davon haltet.
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Soldiers Eyes
RomanceAls am 30. April 1975 der Vietnamkrieg endete, kehrte der mittlerweile 28 jährige Stefan McConnell, scheinbar unverändert aus seinem vierjährigen Dienst nach Boston zurück. Mit Witz und Charme versucht er das offensichtliche zu überspielen; dass er...