Teil 2 - Made Men by the Blood

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Shidaq hatte eine der grausameren Waffen getragen, die man zur Jagd hatte nutzen können. Die metallenen Zähne des Jägerspeers hatten im Licht des silbernen Mondes in dieser Nacht geglänzt und das Werkzeug hatte fast so hungrig gewirkt wie ihr Träger.

Damals war Alt-Yharnam kein brennendes, verlorenes Loch voller Biester gewesen, sondern ein stattliches, ansehnliches Örtchen. Sein neuer Gefährte war eindeutig überwältigt vom Anblick gewesen, sein Mund hatte ganz leicht offen gestanden und seine Augen waren aufgerissen gewesen, als hätte er alles in sich aufnehmen wollen und wäre doch unfähig dazu. Shidaq war wie mesmerisiert an die die Brüstung vor ihnen getreten und hatte sich dagegen gelehnt, hatte zum Himmel geblickt, zu den archaischen Bauwerken unter ihm, zu den verworrenen Straßen, kleinen Hinterhöfen und weiten Parkanlagen. Djura hatte der Anblick des anderen Jägers mehr interessiert, als die erhabene Atmosphäre des Dorfes.

„Wart Ihr etwa noch nie in Alt-Yharnam?", hatte er dann belustigt gefragt und Shidaq war zurückgewichen und hatte sich darum bemüht seine Gefühle zu beherrschen.

„Ich war schon so lange nicht mehr hier."

Djura hatte genickt und bedeutet ihm zu folgen. Damals waren die Pflastersteine noch nicht durch die Hitze der Feuer gesprungen gewesen, die Straßen noch nicht zugestellt von Särgen, doppelt und dreifach gesichert durch Ketten und Schlösser, um den Tod dort zu lassen, wo er hingehörte. Nein, damals waren die Wege noch frei gewesen, alle Bewohner bei Verstand hatten sich in ihren Häusern verschanzt gehabt, zitternd und betend und sie hatten gejagt.

Shidaqs Jägerspeer hatte sich in wilden Blutregen durch die Bestien gefressen, die ihnen in dunklen Gassen und Türfluchten aufgelauert hatten und das laute Knallen von Djuras Donnerbüchse hatte durch die Nacht gehallt. Fellige Monster hatten getroffen geknurrt und sein Gefährte war mit ein paar Sprüngen hinter ihnen gewesen und hatte sie zur Strecke gebracht. Gebadet in Blut, berauscht von der Läuterung war jeder Jäger wunderschön und gefährlich.

„Sagt mir, Aschenjäger", hatte sein Gefährte ihn irgendwann aufgefordert, „Was macht das Spielzeug an Eurem Handgelenk?"

Djura hatte hinabgesehen auf seine Waffe. „Dies ist ein Pfahltreiber."

„Und was kann sie? Zeigt es mir! Wir sollten uns später auf einen Kampf treffen, wenn Ihr Euch traut!" Trickwaffen, hergestellt von den Pulverfässern, mussten Feuer und Kraft haben, um einen Wert zu besitzen. Die meisten seiner Kameraden hatten die Werkzeuge der Werkstatt-Jäger als Spielzeug bezeichnet, den Sägespeer als Zahnstocher verunglimpft, aber Djura war dafür zu nett gewesen.

Also hatte er Shidaq nur in die Augen gesehen und ihm gesagt: „Ihr seid trunken vom Blut, so wie es die besten Jäger sind. Trotzdem solltet Ihr Euch das nicht zu Kopf steigen lassen." Dann war er weitergegangen und er hatte diesen jugendlichen Ärger in seinem Rücken lodern fühlen, fast stärker als der Blutdurst der Bestien vor ihm.

Sie waren hinabgestiegen durch die Straße von Alt-Yharnam, über Brücken, Treppen hinab und schließlich hinein in halbzerfallene Gebäude, angefüllt mit Knurren und Schluchzen und Finsternis.

„Ich bin nicht ‚trunken'!", hatte er sich gerechtfertigt. „Die Jäger der Werkstatt messen sich ständig untereinander! Warum lehnt Ihr das ab? Der Traum..."

Djura hatte ihn mit einer Handgeste zum Schweigen gebracht. Im kläglichen Licht der Handlaterne an seinem Gürtel hatte er kaum etwas erkennen können, fast war es schon so, als würde der Schein ihnen das Sehen noch erschweren, aber er wusste, dass etwas vor ihnen war. Shidaq hatte sich ungeduldig neben ihn gedrängt und versucht etwas auszumachen.

„Dort kauert jemand!" Die Erregung der Jagd hatte ihn seinen Sägespeer ausfahren lassen und Djura hatte seinen Arm gepackt.

„Nicht doch! Das ist ein kleiner Raum. Dort werdet Ihr doch wohl nicht mit einer großen Waffe kämpfen wollen!"

Asche und BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt