(4) Isabella

526 28 3
                                    

Tante Joy lachte einmal laut über den nicht gerade lustigen Witz meines Vaters. Als sie mich ansah, erwiderte ich ihr Lächeln. Hoffentlich sah sie nicht wie gezwungen es war. Wir saßen hier ungefähr seit zwei Stunden und redeten über ihre Kindheit und was sie alles an England vermisste.

Als dann der Satz fiel "Ich bin so froh das Isabella hier ist. Das ist wie ein Stück Heimat für mich", verdrehte ich heimlich die Augen und stand auf.

"Ich gehe mal in mein Zimmer", verabschiedete ich mit von den Zweien und ging die Treppe nach oben. Oben in meinem Zimmer setzte ich mich an das Fenster, vor dem sich eine weiße Holzbank befand, und schaute nach unten auf die Straße.

Gerade beobachtete ich die Leute, wie sie vobeiliefen und gelegentlich aneinander grüßten, als es klopfte. Ich drehte meinen Kopf zur Tür und sah Nickie wie sie eintrat und sich an die Wand lehnte.

"Na?", fragte ich den Rotschopf.

Sie schüttelte ihren Kopf, sodass ihre Locken hin und herflogen. "Wie lang willst du noch hier rumsitzen?"

"Was soll ich deiner Meinung tun?" fragte ich Tante Joy's Tochter.

Sie zuckte mit den schultern und überlegte.

"Wollen wir in den Park?"

"Meinetwegen", antwortete ich und erhob mich um mich umzuziehen.

Ich hatte noch nichts von der Stadt gesehen. Naja, vielleicht als ich im Auto saß, aber das zählte nicht. Deswegen konnte ich mich sogar für den Ausflug begeistern als ich dann wieder die Treppe nach unten lief.

"Papa, wir sind im Park", rief ich ins Wohnzimmer und erhielt ein Murmeln als Antwort.

Dann öffnete Nickie die Tür und ich folgte ihr nach draußen. Wir liefen nebeneinander auf die Hauptstraße zu und genossen die Sonnenstrahlen auf unserer Haut. Das Wetter war angenehm und genau geeignet für so einen Spaziergang. Eine Seitenstraße führte weiter in den Park, den wir dann auch einschlugen.

"So, gehst du noch zur Schule?", fing ich ein Gespräch an.

"Ich hasse Schule."

"Okay." Damit war das Thema also erledigt. Ich schaute mich um und mein Blick blieb an einen kleinen Hund hängen. Er rannte gerade mit einem Stock im Mund ins Gebüsch. Ich schlug einfach denselben Weg ein und Nickie folgte mir kommentarlos.

"Magst du Tiere, Nickie?"

Ich sah sie an und merkte wie sie etwas fixierte, dabei weiteten sich ihre Augen. Ich drehte mich in die Richtung und sah wie ein Gegenstand auf mich zuflog. Ich erkannte es als den Stock von dem Hund vorhin, aber das brachte mir gerade wenig, als er gegen meine Stirn flog. Nickie schrie auf und ich fiel nach hinten. Mein Kopf schwirrte wegen dem Aufprall.

"Hey", jemand kniete sich neben mich und ich nahm die Hand von meiner Stirn um ihn ansehen zu können. Ozeanblaue Augen blickten mich geradewegs an. "Hast du dir wehgetan?", fragte er mit irischem Akzent.

Nickie lachte, worauf ich sie böse anschaute. Sie presste die Lippen aufeinander und schaute neugierig abwechselnd zu mir und den Jungen. Ich drehte mich auch wieder zu ihm. Er hatte mich anscheinend keine Sekunde aus den Augen gelassen. Die Nähe wurde mir irgendwann unangenehm, dass schien auch der Ire zu merken. Denn er lächelte leicht und stand schließlich auf.

Er trug eine schwarze Hose und ein weißes Hemd. Passend zu seiner Augenfarbe waren seine Haare blond. Ich stand auf und ignorierte dabei die Hand, die er mir hinhielt. Er hob die Augenbrauen, aber sagte dazu nichts.

Irgendwie war er die ganze Zeit am Lächeln. Vielleicht war es einfach seine Art, ich hatte schon oft Menschen gesehen, deren Mundwinkeln nach unten zeigten. Vielleicht war es bei ihm ja genau das Gegenteil.

"Oh", sagte er und suchte in seiner Hosentasche nach irgendetwas. Er zog ein dunkelblaue Stofftaschentuch hervor und reichte es mir.

Ich runzelte die Stirn. "Wozu brauche ich das?", fragte ich.

"Eh, du blutest", sagte er unbeholfen und lächelte schwach.

Ich fasste mir an die Stirn und hielt mir dann die Hand vor die Augen. Das Blut darauf ließ mich den Mund verziehen. Ich schaute wieder zu dem Jungen, der mich weiterhin anstarrte.

Dankend nahm ich ihm das Tuch aus der Hand und wischte mir das Blut von der Hand, danach von der Stirn. Es war mir irgendwie unangenehm wie er mich beobachte und ich drehte mich leicht zu Nickie. Leider tat sie nichts anderes als ihn anzustarren, nein, sie schien ihn anzuhimmeln! Bevor er das mitkriegen konnte, holte ich sie wieder in unsere Welt.

"Nickie, wir müssen gehen."

"Eh, ja, ehm", sagte sie nicht gerade ladylike und ihre grünen Augen huschten wieder zu ihm. Ich nahm sie am Arm und drehte sie kurzerhand um. Ein letztes Mal schaute ich dann zu ihm.

"Danke, für das Taschentuch. Auf Wiedersehen", sagte ich und er lächelte. Ich drehte mich schnell um und ging bevor er etwas sagen konnte mit Nickie nach Hause.

The Royal AdulteryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt