KAPITEL 5Über eine Woche waren nun seit dem Vorfall in diesen gruseligen Viertel vergangen. Mein Bluterguss an der Wange heilte schnell und der Abdeckstift ließ nicht zu, dass man etwas nicht-passendes sehen konnte. Ich war froh drüber, dass es so schnell ging. Wie anfangs gedacht, träumte ich nicht jede Nacht davon und schreckte verschwitzt und außer Atem hoch – bis jetzt geschah dies nur begrenzt. Vielleicht lag es aber auch daran, dass ich mich hier so gut ablenken konnte.
Ich hatte noch viel zutun gehabt. Jedenfalls machte ich mir viele Aufgabe, zum einen dekorierte ich meine neue Wohnung um. Chloé half mir dabei. Sie war eine gute Gesellschaft und vertraute mir einige Dinge an. Sie hatte einen Freund. Jerome hieß er. Als sie über ihn erzählte kam es mir vor als würde sie mir das größte Geheimnis erzählen. Irgendwann wusste ich auch warum. Denn Jerome war nicht ihr Freund, sondern ihre Affäre und der arme Kerl welcher dann tatsächlich Chloés Freund war, hatte keinen blassen Schimmer.
Gut, dachte ich.
Es war nicht mein Problem, außerdem mochte ich Chloés Gesellschafft trotzdem. Ich grübelte lange, ob ich ihr auch von meinem Geschehen erzählen sollte, aber einerseits kam es mir zu abrupt vor und andererseits traute ich mich nicht. Und ich wusste leider auch nicht woran es lag.
Vielleicht war es leichtsinnig in einer neuen Stadt irgendwohin zu laufen. Oder, es war einfach kindisch gewesen sich überhaupt zu verlaufen. Ich tippte auf beide Möglichkeiten, die meiner Verschwiegenheit ihre Siegel gaben.
Aber eines konnte ich nicht zurückhalten. Das Viertel Laurentes. Es wurde mir wie die Hölle persönlich beschrieben, deswegen fragte ich Chloé eines Abends. Die Stille die sich plötzlich zwischen uns entwickelt hatte, spürte man bis ins Leib. Chloé starrte einen Punkt an der Wand an bevor sich ihr Kopf irgendwann in meine Richtung drehte. „Betrete ich ihn einfach nicht."
Das wars.
Mehr hatte sie dazu nicht gesagt. Sie wechselte das Thema und sprach über ihre Überlegung an einen Haarfarbenwechsel.
Doch dieses Viertel blieb in meinen Gedanken hängen. Auch als Laila gestern Abend anrief, um sich nach mir zu erkunden. Ich sprach nicht viel und nach nicht mal drei Minuten fragte sie mich, ob was vorgefallen war. Nein, war meine Antwort. Vielleicht kam sie viel zu schnell, doch das hätte ich nicht vorhersehen können. Ich würde lieber nochmal das Viertel betreten, als dass, meine Eltern davon Wind bekommen. Denn das würden sie.
Laila unterstütze zwar, dass ich umgezogen war, doch sie würde zu meinen Eltern rennen und denen alles erzählen. Sie war halt meine Schwester und ich ihre. Vor Sorge würde ich auch den Verräter spielen. Aber ich machte mir keiner Sorgen mehr, denn ich kannte dieses Viertel nun und ich würde es nicht wieder betreten.
Der Kerl der mir zur Rettung eilte, bevor etwas schlimmeres passierte, hatte mir ja genauestens erzählt was für Leute dort herumlungerten. Valentin.
Er hatte mich in dieser Nacht bis zum Supermarkt zurückbegleitet und dann auf eine Straße hingewiesen. Meinen Weg. Er hatte sich nicht mal verabschiedet.
Als ich – diesmal – in die richtige Straße einbog, hatte ich mich umgedreht und war neugierig wohin er denn nun hingehen würde. Doch neben meiner Neugierde wuchs auch die Wirrheit, denn er ging in die Richtung aus der wir kamen. Wieder in das Viertel, obwohl er mir erzählt hatte, dass er nicht in der Nähe wohnte.
Wie dem ganzen Trubel der letzten Woche auch sei, war ich nun auf den Weg zu meinem ersten Probetag in einer Bar. Shema. So hieß die Bar. Ich erzählte Chloé, dass ich einen Job brauchte, der mich strapazierte. Denn außer Stress während dem Lernen in London, hatte ich noch nie wirklichen Arbeitsstress. Und den wollte ich nun. Ich wollte das volle Programm.