KAPITEL 4„Komm."
Ich folgte ihm. Und mir war klar wie gefährlich das eigentlich war. Wie achtlos ich dem Fremden aus dem Supermarkt folgte.
Er hatte schlimmeres verhindert. Und doch war er ein Fremder.
Mein Blick huschte verdächtig zu seinem Rücken. Er ging voraus und kannte sich scheinbar ziemlich gut aus in der Gegend. Er bewegte sich wie ein schleichender Panther und beobachtete alles intensiv. Kontrolliert.
„Warte", sagte ich aus der Puste und keuchte auf. Mir war schwindelig und ich konnte nicht mehr. Ich stütze meine Hände an meinen Knien ab und atmete tief durch während ich meine Augen schloss.
Das darf alles nur ein böser Traum sein.
Ich hörte das rauschen der Blätter und versuchte mich darauf zu konzentrieren. Hyperventilation an dieser Stelle würde mir nur mehr schaden.
Ich atmete flacher als ich seine Schritte hörte und irgendwann die wärme seines Körpers an meiner rechten Seite fühlte.
Er wartete.
Ich schnaufte und rieb mir eine Strähne aus meinem Gesicht weg. Sie verfing sich an meiner spröden Lippe. Wohlmöglich sah ich grade so aus als wäre ich einen Marathon gelaufen, obwohl wir grade mal seit fünf Minuten liefen.
Als sich meine Atmung langsam beruhigte, streckte ich mich wieder zur vollen Position aus. Ich spürte seinen Blick auf mir. Es war distanziert und als ich in seinen Blick gefangen war, fragte ich mich wieso er überhaupt eingegriffen hatte.
„Ich..." Es war mir unangenehm. Ich kratze mich also an der Stirn, lies meinen Blick kurz auf meine Hände fallen ehe ich mich zusammenriss und in seine Augen schaute. „Danke."
Er starrte mich an. Vollkommen durch mich hindurch. Ich fühlte Unbehagen in mir aufsteigen. War dies kein guter Zeitpunkt für eine Danksagung? Oder, war es für ihn selbstverständlich einer jungen Frau in der Not zu helfen?
„Komm weiter.", war jedoch das einzige was er sagte bevor er sich umdrehte und weiterging.
Ich war verwirrt. Er konnte doch nicht allen ernstes gar nichts dazu sagen. Das war ich nicht gewohnt von Menschen. Kurz grübelnd kräuselte ich die Stirn und folgte ihm.
Seine schwarze Jacke passte zu der Dunkelheit heute Nacht. Ich sah seine Schultern sich auf und ab bewegen. Es sah bedrohlich aus und aus einem mir nicht erklärbaren Grund dachte ich grade darüber nach ob er trainierte. Oder bei der Polizei arbeitete. Oder für den Französischen Dienst.
Er war viel zu konzentriert drauf die Umgebung zu fokussieren. Sein Gang war viel zu mechanisch. Ich konnte mir nicht vorstellen wie er einen normalen Job verrichten konnte. Sein Körper. Seine Art mit Sachen umzugehen war viel zu strukturiert.
Es sah aus als würde er keine Fehler machen. Nie in dem was er tat.
„Wohnst du hier in der Nähe?" Ich beschloss Fragen zu stellen um die Stille zu überbrücken und etwas aus ihm herauszuquetschen. Ich konnte es nämlich nicht leugnen; es interessierte mich einfach.
Sein intensiver Blick galt einem Baum in der Dunkelheit den er länger als nötig beobachtete. Ich folgte seinem Blick - sah trotzdem überhaupt nichts in der Dunkelheit.
Ich war froh, dass er mich begleitete. Jedoch wies irgendein Gefühl in mir daraufhin, dass ich Fremden nicht so schnell vertrauen sollte.
Ich knabberte an der Innenseite meiner Wange als er den Baum endlich zufrieden ließ und weiter schaute.