3. Lüg ihn nicht an

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KAPITEL 3

Murrend mit einer schweren Einkaufstüte trappte ich nun den ganzen Weg zurück. Dank des freundlichen Mannes der mir begegnet war, war meine Laune dementsprechend auf Hochtouren. Nicht.

Ein kleines Lächeln. Wäre das zu viel verlangt als Gegenleistung?

Dank diesem Trottel werde ich mich wohlmöglich nie wieder trauen einem potentiellen zukünftigen Partner länger als Zwei Sekunden in die Augen zu schauen, ohne die Befürchtung zu haben, wieder einen Korb zu kassieren.

Wow, bin ich schlimm. Aber mit Sicherheit nicht so schlimm wie dieser Arsch namens Ego, Mister ich-muss-niemanden-zurück-lächeln-ich-sehe-zu-gut-aus. Blablabla.

Tief ausatmend versuchte ich mich zu beruhigen. Es war nun Stockdunkel, sodass man zu mindestens meine tiefgezogenen Augenbrauen nicht bemerken konnte. Ich sah grade wahrscheinlich ziemlich aggressiv aus. Zu recht.

Als ich den Blick von dem gepflasterten Gehweg hob, war ich an einer Kreuzung angekommen. Meine Nasenlöcher blähten sich auf als ich die Kennzeichnungen der Straßen las. Von Wiedererkennung konnte man hier nicht sprechen.

„Auch noch das!", fluchte ich zischend und sah mich hektisch um. Ich hatte keine Ahnung wo ich war und den ganzen Stress durfte ich diesem Kerl verdanken welcher mich so aggressiv machte, dass ich nichtmal auf den Weg achtete. Wie blöd war ich den eigentlich, fragte ich mich.

Ich zückte mein Handy aus meiner Gesäßtasche und wollte beinahe aufkreischen als ich den schwarzen Display sah mit einem roten blinkenden Zeichen. Akku leer.

Dieser Tag will mich doch verarschen.

Zähneknirschend dachte nun an mein weiteres Vorgehen nach. Ich würde ja gerne einen Passanten fragen ob er mir sein Handy leihen könnte, jedoch war niemand weit und breit auf der Straße zu sehen. Ich konnte also nicht den Weg Nachhause googeln.

Ich sah mir die Reihenhäuser an in denen kein Licht brannte. Wenn ich mich nicht irrte waren sie sogar verlassen. Einige Fenster waren zerschlagen, die Fassade wies Risse auf und die Zäune waren versehen mit riesigen Löchern.

Mir wurde mulmig zumute. Wo war ich hier bloß gelandet?

Meine Atmung beschleunigte sich langsam. Der Weg zurück würde viel zu lange dauern, es war bereits Spätabends. Ich hatte also die Möglichkeit hier im kalten stehen zu bleiben und auf jemanden zu warten. Dieser Jemand könnte entweder ein freundlicher Mensch sein oder ein Kleinkrimineller - je nachdem wie mein Glück heute in den Sternen geschrieben war.

Oder aber ich erkundige die Nachbarschaft und biege rechts ab. Oder gehe die lange Straße geradeaus weiter.

Die Möglichkeiten standen mir zur Verfügung. Irgendwie.

„Man, man, man!", zischte ich. Mir auf die Lippen beißend schaute ich nach wie die Straße rechts denn hieß.

Laurantes.

Mein Blick wurde immer verzweifelter, denn diesen Namen kannte ich so gut wie gar nicht. Ich hatte ihn auf keiner Karte gelesen. Oder gehört. Er war schlicht und ergreifend unbekannt. Jedenfalls für mein Gedächtnis.

Ich zuckte zusammen als ich plötzlich hinter mir was im Gebüsch zappeln hörte. „Scheiss drauf ...", murmelte ich mir verängstigt zu und bog rechts in die mir unbekannte Straße ein.

Auch hier war weit und breit niemand zu sehen. Es war gespiegelt wie die Straße zuvor. Kaputte, verlassene Häuser. Zäune die man sonst nur aus den Gangster Filmen kannte.

ValentinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt