6 - "Wer weiß Neville, wer weiß."

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HERMINE GRANGER


Die darauf folgenden Tage verbrachte ich mit Neville und Luna die meiste Zeit in den Aufenthaltsräumen mit irgendwelchen Kartenspielen. Wir redeten auch viel darüber, was wir nach Hogwarts machen gerne machen würden. Nevilles Pläne für die Zukunft verwunderten mich ein wenig, denn er würde total gerne Lehrer werden. Ja, ich konnte mir das auch nicht vorstellen. Nicht, dass ich irgendwas gegen ihn hatte, nur konnte ich mir Neville beim besten Willen nicht beim Unterrichten von aufmüpfigen kleinen Biestern vorstellen. Vor allem, wenn es zum Beispiel das Kind von Malfoy oder Goyle sein würde. Bei dem Gedanken musste ich mich schütteln. Dass Malfoy überhaupt mal Kinder haben würde, brachte dem Kind viele Mitleidspunkte meinerselbst ein. Das würde ich echt keinem Kind zumuten wollen. Mein nächster Gedanke sprang zur Mutter der Kinder. Ich schluckte. Ich konnte mir keine Frau für Malfoy vorstellen, nicht einmal Pansy Parkinson, wobei ihre Kinder, wenn sie denn welche haben wollen würde, wahrscheinlich auch nicht engelsgleich sein würden.

Luna Lovegood hatte noch nichts in Planung. Sie meinte, wie würde gerne verreisen. Nach Amerika zum Beispiel und dort entfernte Bekannte der Familie besuchen. Neville fand, dass dies eine gute Idee sei. Einfach mal weg von Hogwarts zu kommen. Doch ich war den beiden nicht einer Meinung, allerdings behielt ich das für mich und wünschte den beiden viel Glück mit ihren Zielen für die Zukunft. "Was möchtest du denn machen?", hakte Luna nach einer Weile nach und fügte dann überrascht hinzu: "Was hast du da?", sie starrte auf meinen Hals. Meine Hand schnellte dort hin. Ängstlich tastete ich die Haut nach etwas Fremdem ab. Nach wenigen Sekunden hatte ich den Anhänger der Kette in der Hand, die mir über ungewohnte Wege an Weihnachten zugekommen war. Lunas fragender Blick lag immer noch auf mir. Hastig stopfte ich den Halsschmuck unter meinen Pullikragen.

"Ach nur eine Kette.", sagte ich schnell. Neville zog eine Augenbraue fragend hoch. Währenddessen sah ich wie Luna mit ihrer linken Hand an dem Armband zupfte, dass sie an ebenfalls von einem unbekannten Absender zu Weihnachten bekommen hatte. "Und du?", fragte ich um das Thema zu wechseln. "Hast du schon herausgefunden wer dir dieses Armband geschenkt hat?". Sie schüttelte sichtlich enttäuscht den Kopf. Es war ein Perlenarmband. Und hatte einen kleinen Anhänger in der Mitte. Eine Feder. Eine echte Feder. "Kann ich mal sehen?". Luna nickte, nahm ihr Armband vorsichtig ab und legte es in meine offene Hand. Vorsichtig begutachtete ich das Schmuckstück. Die Feder betrachtete ich noch ausgiebiger. Es schien eine Eulenfeder zu sein. Sie war grau und hatte einige weiße Punkte. Solche Federn hatte ich doch irgendwo schonmal gesehen. Nur wo? Ich gab ihr das Armband zurück. Neville lächelte und sagte: "Und? Hat unsere Agent Granger eine heiße Spur aufgenommen?". Ich grinste wissend: "Wer weiß, Neville. Wer weiß."

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Ich hatte mir Silvester in Hogwarts irgendwie besonders vorgestellt. Aber anscheinend hatten die Professoren keine so richtige Lust darauf. Auch ich hatte keine Lust. Im Gegenteil ich saß mutterseelen alleine im Aufenthaltsraum der Gryffindors und hoffte instinktiv niemand würde mich stören. Denn innerlich war ich zutiefst nachdenklich. Ich dachte darüber nach, wer mir dieses Geschenk hat zukommen lassen. Ich meine es musste doch ein Junge sein oder? Während ich so nachgedacht hatte, waren viele unten im Keller der Ravenclaws. Neville mit eingeschlossen. Sie ließen dort eine kleine Party steigen. Wahrscheinlich gab es dort nur übermäßig viel zu essen. Eine richtige Party konnte man hier in Hogwarts nämlich nicht schmeißen. Zumindest nicht ohne, dass die Professoren etwas mitbekommen würden oder sowieso schon bescheid wussten. Doch dieses Mal sagten sie nichts. Sie schienen es uns zu erlassen, als würde es das einzige und erste nach dem Krieg sein, wo wir ausgelassen feiern könnten.

Nun zurück zu meinen Gedanken: Ich hatte alle Jungs aus meinem Haus gedanklich abgeklappert und hatte niemanden gefunden, der es nur annähernd hätte sein können. Neville. Nein. Aber auch Gott sei Dank, dass er es nicht ist, schließlich hatte er seit kurzem erst Lavender im Visier. Hatte ich mitbekommen. Harry? Nein Harry schien nur Augen für Ginny zu haben. Und Ron? Naja Ron hatte sich mir gegenüber sehr seltsam verhalten. In den letzten Jahren ebenfalls. Aber er wäre nicht poetisch genug mir so einen Brief zu schreiben, oder? Ginny ist seinem Verhalten auch aufgefallen. Aber sie meinte, dass er nicht nur zu mir so seltsam ist. Auch sie hatte es bemerkt. Genau wie Harry.

Es war als würde alles durcheinander sein. Neville steht auf Lavender. Lavender war vor zwei Jahren mit Ron zusammen. Vor einem dreiviertel Jahr, hatte Ron mir seine Liebe gestanden und ich hatte auch irgendwie etwas für ihn gefühlt, nur konnte ich es nicht einordnen. Wir waren vier ganze Monate zusammen, ehe ich mich von ihm getrennt hatte, weil es einfach nicht meinen Vorstellungen entsprach und ich Ron einfach nicht irgendwelche Gefühle vorspielen konnte und wollte. Ron schien es auch einzusehen und wir versprachen uns, weiterhin miteinander befreundet zu sein, denn unsere 7-jährige Freundschaft würden wir deshalb nur ungern in den Sand setzen wollen. Ron schien jetzt auf jemanden anderen zu stehen. Harry hatte Ginny. Luna hatte bis jetzt niemanden gehabt, bis auf Neville. Doch es schien als wären sie gar nicht zusammen als sie es waren. Sie hatten einen eher an Geschwister erinnert. Sie hatten einen einzigen gemeinsamen Kuss.  Allerdings hielt ihre "Beziehung" eben so lange, wie die von Ron und mir. Dafür sind sie jetzt die aller besten Freunde. Auch ich hatte niemanden, nicht einmal im Visier. Und im Vergleich zu Luna hatte ich keinen Jungen mit dem ich so eng befreundet war. Also so in der Art wie Neville und Luna es waren. Natürlich hatte ich Harry. Aber er hatte Ginny. Ron? Naja der verhielt sich ja ziemlich seltsam. Ich meinte es eher in die Richtung 'jemandem voll und ganz sein Vertrauen zu schenken'. Das konnte ich bisher noch niemandem.

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Ich wurde plötzlich früh in der Nacht wach, ließ mich von meinem Bett in meine warmen Pantoffeln gleiten und lief zum Waschraum auf dem Mädchenflur. Mein Blick fiel in den Spiegel, ich sah die dunklen Ringe unter meinen Augen und eine gerötete Nase. Meine Haut war aschfahl und mein Gesichtsausdruck seltsam leblos. Ich sah schrecklich aus. Nicht mal annähernd sah nach mir selbst aus. Heute würde der erste Schultag im neuen Jahr sein. Ich hatte kaum geschlafen die letzten zwei Nächte. Denn ich hatte so ein mulmiges Gefühl. Würde er morgen unter uns sein?

"Always?"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt