Kapitel 7

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Ich schaute mich im Tanzstudio um. Es war groß und zwei der vier Wände waren aus Glas und erlaubten einen wunderbaren Blick auf den Stand und das Meer.

„Du wirst auch die Tänze zu unseren bisherigen Liedern lernen müssen. Zum Glück haben wir erst ein Album veröffentlicht, also sind es noch nicht allzu viele Choreografien, die du nachlernen musst. Wir werden es also schaffen, dich auf gleichen Stand mit uns zu bringen."

Zuversicht erfüllte mich und auch auf den Gesichtern der anderen war sie zu sehen. Zum ersten mal glaubte ich daran, dass wir es tatsächlich schaffen konnten ohne das uns die Sache um die Ohren flog. Leicht spürte ich Sinners Berührung an meinem Handgelenk und erst jetzt merkte ich, dass in der vergangene Stunde nicht einmal meine Schmerzen zurückgekommen waren. Dankbar schaute ich ihn an und er lächelte. Ich konnte nicht fassen, dass er sich um mich gekümmert hatte, damit die Schmerzen erst gar nicht auftauchten. Plötzlich fuhr mir der Schreck durch die Glieder und ich wandte mich an Sinner.

„Wie sieht es mit essen aus? Müssen wir in der STILLE auch Blut trinken, um uns zu stärken?"

Ich fühlte in mich hinein und stellte überrascht fest, dass ich nicht das geringste Hungergefühl hatte. Wie um meine Vermutung zu bestätigen, schüttelte Sinner den Kopf. Ein Lächeln glitt über unsere Züge. Endlich einmal keinen Hunger mehr zu verspüren war ein Segen. Klyde wandte sich an Sinner.

„Können wir Fotos von hier in die reale Welt mitnehmen? Wir werden ein paar Bilder brauchen, die beweisen, wie nahe wir uns sind. Ab und zu werden wir ja gefilmt. Wir könnten ein paar dieser Bilder als unsere Sperrbildschirme festlegen und sie unauffällig ins Filmmaterial einfließen lassen. Die Fans zerpflücken doch immer unsere Videos. Irgendjemandem werden die Fotos sicher auffallen und so sieht es auch nicht so aus als wären sie unecht."

Ich starrte Klyde an und musste feststellen, dass seine Idee tatsächlich nicht schlecht war. Sinner wirkte etwas unschlüssig, nickte dann aber.

„Wir müssen nur aufpassen was wir sagen, wenn uns jemand fragt, wann und wo wir diese Fotos gemacht haben. Es ist ja nicht so als wären wir in der realen Welt tatsächlich auf die Malediven geflogen, um hier Urlaub zu machen."

Wir nickten und schlenderten zurück ins Wohnzimmer. Zum ersten mal seit Jahren spürte ich, wie die Anspannung und der Stress von mir wichen und einem Gefühl der Ruhe Platz machten. Als ich die anderen beobachtete, konnte ich auch bei ihnen erste Anzeichen von Entspannung ausmachen und lächelte. Eine Auszeit war jetzt genau das Richtige für unsere Gruppe, um zusammenzuwachsen.

3 Monate später

Lachend rannten wir über den feinen Sandstrand. Mit der einen Hand hielt ich ein Surfbrett, die andere trug eine Kamera, mit der ich gerade Sinner filmte, welcher vor mir über den Sand jagte und sich lachend mit seinem Brett in die Wellen warf. Die letzten Monate hatten wir uns von Sinner für das Surfen begeistern lassen. Diese Zeit war die glücklichste meines bisherigen Lebens. Beinahe hätte ich den Fluch, welcher auf mir lastete, vergessen können. Wir hatten viel Freizeit und hatten spaßeshalber angefangen an unserem neuen Album zu arbeiten. Niemals hätte ich damit gerechnet es in diesen drei Monaten tatsächlich fertigstellen zu können. Wäre Sinner nicht bei uns gewesen, wäre es uns mit absoluter Sicherheit auch nicht gelungen. Zur Überraschung aller, war Sinner ein Genie in der Musikproduktion. Er kannte sich im Tonstudio bestens aus und auch im Schreiben neuer Lieder war er ein Naturtalent. Wir hatten alle Lieder dieses Albums zusammen produziert, doch den Großteil der Arbeit hatte Sinner übernommen. Vor allem die Melodien stammten hauptsächlich von ihm. Ich wusste bereits jetzt, dass dieses Album erfolgreich werden würde. Nach dem Surfen ließen wir uns entspannt in den warmen Sand fallen. Das Lächeln welches eben noch auf Sinners Gesicht zu sehen gewesen war verschwand und er wurde ernst.

„Es wird Zeit wieder in die reale Welt zurückzukehren."

Die anderen hoben die Blicke und auch sie wurden ernst. Ich konnte sehen, dass sie viel lieber noch hiergeblieben wären und mir ging es nicht anders. Sinner schien unseren Widerwillen zu spüren und lächelte.

„Wir können jederzeit wieder hierher zurückkehren, wenn wir eine Pause brauchen. Langsam müssen wir uns aber der Realität stellen."

Schweren Herzens stimmte ich ihm zu und nickte.Sinner lächelte ein letztes mal und bedeutete uns dann, unsere Augen zuschließen. Erneut überkam mich Unbehagen und ich hatte diesmal nicht das Gefühlnach vorne, sondern nach hinten zu fallen. Als ich die Augen öffnete, saßen wirwieder in dem Apartment. Der einzige Unterschied zu vorher waren unsereErinnerungen an die schöne Zeit, die wir miteinander verbracht hatten. MeinBlick fiel auf Sinner. In seiner Hand hielt er eine Kamera und ich musstelächeln. Es war die Kamera, die wir verwendet hatten, um in der STILLE Fotos zumachen. Also hatte er tatsächlich die Fotos samt Kamera aus der STILLEmitgenommen. Mein Blick fiel auf seine Kette, die er immer um den Hals trug.Wie ich jetzt wusste, war sie ein getarnter USB-Stick, auf dem sich jetztvermutlich unser neues Album befand. Ich blickte in die Runde und spürte jetzt,dass wir in den drei Monaten tatsächlich so etwas wie ein Familie geworden waren.Sinner hatte in den drei Monaten geschafft, was uns in zehn Jahren nichtgelungen war. Auch die anderen lächelten und ich spürte eine Nähe zu ihnen, wie ich sie anderen gegenüber noch nie empfunden hatte. Mein Blicktraf den von Sinner und Wärme breitete sich in mir aus. Sinner war mein Fels inder Brandung. Er war derjenige, der unsere Gruppe zusammenhielt. Ohne esbewusst zu versuchen, war er, nicht wie Si, der das nie geschafft hatte, zuunserem richtigen Leader geworden.

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