Es waren nicht ledliglich Flüsse, zärtlich und spindeldürr, es waren Kanäle, mächtig und strömend, und ich glaube, ich vergaß mich in jeder Schönheit, untergrub dich, ohne Herr meiner Sinne zu sein. Du warst so viel mehr, du warst Venedig. Ist das zu wenig? Ist Venedig zu wenig? Zu wenig, dass ich es verstand? Ich verzweifelte, bat dich bloß darum, aufzuhören zu weinen. Ich verstand deine Flüsse nicht und deine Kanäle schon gar nicht. Habe ich nicht zugehört? Sah ich nicht hin? Schmeckte ich die salzigen Tränen auf deinen rosigen, spröden Lippen zu wenig und deine Lippen zu viel? Zu wenig, zu viel. Trug ich dein Herz zu leicht und die Gondeln, die zerschmetternd über es fuhren, zu schwer? Trug ich sie überhaupt je in einem der nächtlichen Stürme, je in der täglichen Nostalgie? Ich trug sie nie, kein einziges Mal, tat mich zu schwer. Zu leicht, zu schwer. Ich untergrub dich. Du warst Venedig, als du weintest und das war mir alles einfach zu sehr. Es war nicht zu viel, es war zu sehr.
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Venedig
PoetrySie war Venedig, als sie weinte. 09/04/20 ALL RIGHTS RESERVED! NO PUBLIC DOMAIN!