Emmy Kapitel 5

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Schon seit einer Stunde starrte ich die weiße Krankenhausdecke an. Ich saß hier fest und konnte nichts machen. An meiner Hand klebte eine Nadel und mein Kopf explodierte mit jeder Bewegung, irgendwo da draußen waren meine besten Freundinnen und waren womöglich auch noch in Gefahr und ich lag hier und konnte nichts dagegen tun. Ab und zu kam jemand vorbei und fragte mich, wie es mir ging. Früher hatte ich mir, immer wenn wir eine Arbeit schreiben mussten, gewünscht, gerade im Krankenhaus zu liegen und die Arbeit zu verpassen. Aber da dachte ich eher an ein gebrochenes Bein oder eine kleine Gehirnerschütterung. Jetzt würde ich sicher noch einige Schultage und Arbeiten verpassen. Und was hatte ich davon? Nichts! An der Wand gab es einen kleinen Fernseher, aber Fernsehen wäre sicherlich nicht gut für meinen Kopf. Genau in diesem Moment klopfte es an der Tür. Neugierig blickte ich zur Tür. „Ich wollte dir noch einmal Blut abnehmen.", erklärte eine Stimme. Enttäuscht streckte ich ihr meinen Arm entgegen. Hätte es nicht Sarah, oder wenigstens meine Familie sein können? Gerade als die Krankenschwester den Raum wieder verlassen wollte und ich meinen Blick wieder auf die Decke richtete, klopfte es erneut an der Tür. Mit einem Ruck öffnete sie sich und wäre der Krankenschwester beinahe mitten ins Gesicht geknallt. „ Mensch, pass doch auf!", rief sie empört. Sarah entschuldigte sich schnell und stürmte auf mein Bett zu. Hinter ihr lief eine junge Frau und kam ebenfalls auf mich zu. „Was wir dir jetzt erzählen, wird schwer zu glauben sein, aber wir brauchen so schnell wie möglich eine Lösung.", erklärte Sarah außer Atem und begann gemeinsam mit der Frau zu erzählen, was mit Emmy passiert war. Ich konnte es kaum glauben. „Das heißt, sie durfte nicht mit uns sprechen, weil sie Kontakt zu ihrer Mutter aufnehmen wollte?", fragte ich ungläubig. Hannah nickte traurig. „Ja so wird es wohlgewesen sein." Mein Kopf meldete sich zum hunderten Mal an diesem Tag und bedankte sich mit einem heftigen Stich. „Ich glaube das einfach nicht", murmelte ich, „Emmy ist nun wirklich nicht dumm. Wie konnte sie nur auf so etwas hereinfallen?" „Dazu muss mannicht dumm sein", verbesserte mich Hannah verärgert, „eure Freundin ist vermutlich einfach durcheinander." „Vermutlich hast du recht.", stimmte ich ihr zu. Wenn mir so etwas passiert wäre, hätte ich vielleicht auch plötzlich an Magie geglaubt. „Und was sollen wir jetzt tun? Emmy darf auf gar keinen Fall länger in dieser Sekte bleiben!", fragend blickte ich in die Runde, aber sowohl Sarah als auch Hannah schauten ziemlich ratlos. Nach einer Weile meldete sich Hannah zu Wort: „Am besten wäre es natürlich, die Polizei einzuschalten. Aber wenn der Anführer dahinter kommt, dann macht er mich fertig. Und vor allem meine Mutter. Und Euch wird die Polizei wahrscheinlich gar nicht erst glauben." „Na, dann müssen wir eben unsere Eltern einweihen.", triumphierte Sarah. „Ohne Beweise?", ich hatte schon viele Krimis gelesen und wusste daher, dass ohne Beweise gar nichts ging. Wir hatten nichts, was beweisen konnte, dass „The Light" wirklich existierte. Und plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. „Das ist es!", rief ich aufgeregt und zuckte zugleich vor Schmerzen zusammen. Meinen Kopf hatte ich mal wieder völlig vergessen. „Ganz langsam.",erinnerte mich Sarah. „So wie ich das verstanden habe, findet doch gerade so ein Treffen von „The Light" statt, oder nicht",setzte ich an und Hannah nickte, „dann brauchen wir doch nur den richtigen Moment abzuwarten und können sie auf frischer Tatertappen. Wo ginge das denn besser, als bei dem Treffen selbst?"„ Ava hat recht!", rief Sarah mindestens genauso aufgeregt. „Das hieße also, wir müssten da jetzt noch einmal hinfahren", fragte Hannah erschrocken, „wenn die mich zusammen mit der Polizeierwischen..." Sarah schüttelte heftig den Kopf. „Ich rufe jetzt einfach meine Eltern an und die rufen dann die Polizei. Weißt du die Adresse von „The Light"?", fragte Sarah. „Na klar, schließlich bin ich da monatelang hingefahren.", erwiderte Hannah .Meine Freundin grinste zufrieden und zückte ihr Smartphone. Sie legte ihrem Zeigefinger an die Lippen, als Zeichen dafür, dass wir still sein sollten.

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Aus ihren Augenströmten unzählige Tränen. Aber diesmal waren es nicht nur Tränender Trauer, sondern auch der Freude. Das erste Mal in dieser Wochewar sie unglaublich froh, Freundinnen zu haben. Jetzt lag sie inihren Armen und war erleichterte als je zuvor. Zwar war es zuerst eingroßer Schock für sie gewesen, dass Kontakte zum Jenseits gar nichtexistierten, aber jetzt, wo sie Arm in Arm an Avas Krankenbett lagen,machte ihr all das nichts mehr aus. Die anderen Mitglieder von „TheLight" waren in eine Therapie gekommen und der Anführer, sowieeinige Komplizen waren verhaftet worden. Es war nicht leicht für siegewesen, wieder mit Ava zu reden, aber sie war gar nicht mehr sauerauf sie gewesen. Auch nicht über ihre Aktion auf dem Dach, die sichals versuchten Kontakt zum Jenseits herausstellte, oder darüber,dass sie ihr nach dem Unfall nicht geholfen hatte.

Auch ihrwar eine Therapie angeboten worden, aber sie wusste, dass sie etwashatte, was besser war als jede Therapie: zwei richtig guteFreundinnen!



EmmyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt