Kapitel 2

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Ich schaffte es ohne irgendwelche Vorkommnisse nach Hause und verstaute die Brosche in dem Safe, dass ich mir von dem Geld meines zweiten großen Auftrages angeschafft hatte. Nichts wäre schlimmer, als die Gegenstände selbst gestohlen zu bekommen. Ich wusste natürlich, dass auch ein Safe nicht immer sicher war, aber ich hatte alle Vorkehrungen getroffen, um es so sicher wie möglich zu machen. Außerdem stellte ich immer sicher, dass ich die Gegenstände nie lange aufbewahren musste. Da die meisten Kunden es kaum abwarten konnten, ihre Beute zu erhalten, war das bisher auch noch nie ein Problem gewesen. Wirklich hingehalten worden war ich noch nie. Auch wenn manche es am Anfang probierten, um mich ihre Macht spüren zu lassen. Doch nicht mit mir. Dann gab ich das ganze eben bei einem ihrer Angestellten ab und ich konnte sicher gehen, dass sie mich beim nächsten Auftrag nicht warten lassen würden. Ich ließ sie ja auch nicht warten. Zumindest nicht länger als nötig.

Nachdem ich alles vorbereitet hatte, war es endlich an der Zeit ins Bett zu gehen. Ich war häufig nachts unterwegs, da ich zu dieser Zeit viel über meine Ziele herausfinden konnte, aber heute war es besonders spät geworden und ich war mehr als bereit endlich auf meine Matratze fallen zu können. Und doch schlief ich nicht sofort ein. Meine Gedanken drifteten wieder einmal zu Riley und ließen mir keine Ruhe. Ich hatte sein Tattoo immer noch vor Augen und versuchte verzweifelt, es zu zu ordnen. Schließlich machte mein Kopf mir komplett einen Strich durch die Rechnung und spielte seine Hände vor mir ab, wie sich mich gepackt hatten und an sich gedrückt hatten. Wie stark sich sein Oberkörper angefühlt hatte und wie gut ich mich gefühlt hatte, als ich mit den Fingern über eben diese Tattoos gefahren hatte.

STOP

Verdammt, das war ja nicht auszuhalten. Warum musste mein Kopf sich ausgerechnet jetzt in den einer hormongesteuerten Teenagerin verwandeln, wenn ich nichts anderes wollte, als zu Schlafen oder in meinem Hass für Riley zu baden?

Weil es doch alles nichts half stand ich schließlich genervt auf und schaltete meine Schreibtischlampe ein. Vor mir ausgebreitet war all meine Arbeit. Alle Informationen über die Menschen von denen ich etwas stehlen sollte, über die Gebäude und alles was sonst noch wichtig war, damit niemand etwas von mir mitbekam. Ich schob all das zur Seite und darunter kam eine andere Karte zum Vorschein. Meine Infosammlung über Riley. Ich hatte schon einiges über ihn herausgefunden, doch das entscheidende Puzzlestück um ihn ruinieren zu können fehlte mir noch. Für wen genau arbeitete er. Solange ich nicht herausfand wer diese Gang war und was genau seine Beziehungen zu ihr waren konnte ich nichts tun. Ich konnte keine Beweise für etwas zusammen stellen, von dem ich nichts wusste.

Seufzend ließ ich mich auf den Stuhl plumpsen und verbrachte die halbe Nacht damit, weiter Möglichkeiten zu durchdenken, wie ich Riley zerstören konnte. Erst als ich in den frühen Morgenstunden so müde wurde, dass ich kaum noch die Augen aufhalten konnte, schlurfte ich zurück zu meinem Bett und fiel sofort in einen traumlosen Schlaf, ohne noch einen einzigen Gedanken an Riley oder das Gefühl seiner Haut auf meiner zu verschwenden.

Die Sonne stand schon fast senkrecht am Himmel, als ich wieder aufwachte und trotzdem fühlte ich mich total gerädert. Die paar Stunden hatte nicht gereicht um mich wirklich zu erholen und ich hatte nicht wirklich ruhig geschlafen. Es war jedoch keine Zeit dafür, jetzt noch weiter zu entspannen denn ich musste bald schon los.

Heute würde ich mich mit Mrs. Beaufort treffen, meiner besten Kundin. Es gab viele, die mich nur einmalig beauftragten, doch es gab ein paar Menschen, die mich schon für die verschiedensten Dinge bezahlt hatten und die immer neue Aufträge für mich hatten. Solange es diese Kunden gab, würde ich mich immer irgendwie über Wasser halten könne, auch mit Riley in der Stadt.

Da ich so lange geschlafen hatte, war ich beinahe schon zu spät, also quetschte ich mich rasch in die erstbeste Jeans, die ich finden konnte und zog eine Bluse an, darüber meine geliebte schwarze Lederjacke. Ich schminkte mich noch schnell und zog meine Stiefelletten an, die mich wenigstens ein paar Zentimeter größer machten. Denn sehr zu meinem Missfallen, führte meine geringe Körpergröße häufig dazu, dass mir manche Menschen nicht abnahmen, dass ich sehr wohl für mich selbst sorgen konnte.

Ich verließ die Wohnung und marschierte zur nächsten U-Bahnstation. Die Fahrt war schnell vorüber, da ich ziemlich zentral lebte. Das Gebäude war zwar ein wenig heruntergekommen, aber dafür gab es eben auch wenig Kontrollen darüber, wer genau dort wohnte. So hatte ich ebenfalls sehr einfach aus verschwinden können und kein Jugendamt suchte nach mir. Das war meine größte Angst gewesen. Dort hatte ich nach dem Verschwinden meiner Eltern auf keinen Fall landen wollen. Der eine Monat in der Obhut einer anderen Familie hatte mir gereicht um für immer aus dem System verschwinden zu wollen. Ein weiterer Vorteil war, dass mein Vermieter solange er sein Geld bekam, gerne auch Mal übersah, dass ich nicht wirklich wie achtzehn aussah.

Wenig später stand ich vor dem schicken Gebäude, in dem Mrs. Beaufort mich immer empfing, von dem ich mir nicht sicher, ob sie hier tatsächlich lebte. Ich erklärte dem Pförtner, wieso ich hier war und er ließ mich dann von einem der Angestellten abholen und zu Mrs. Beaufort führen. Ich war dieses Prozedere bereits gewohnt und lief rasch neben dem Butler her. Wir betraten den prächtig geschmückten Salon, in dem Mrs. Beaufort immer ihren Besuch empfing. Sie saß schon wartend auf der Couch, doch irgendetwas war heute anders. Eigentlich hätte ich schon stutzig werden müssen, als ich den braunen Haarschopf aus dem Sessel ihr gegenüber hervorragen sah.

„Hallo, Maite, das ist ja eine Überraschung", begrüßte Riley mich grinsend, als ich ihn und Mrs. Beaufort erreicht hatte. Mir entglitt das Lächeln augenblicklich und ich musste mich zusammen reißen, ebenfalls höflich zu bleiben.

„Ja, das ist es tatsächlich", quetschte ich so höflich wie möglich durch zusammengebissene Zähne hervor und wandte mich meiner Kundin zu. „Mrs Beaufort, vielen Dank, dass Sie mich heute empfangen."

Innerlich klingelten meine Alarmglocken auf Höchststufe. Es konnte nichts gutes bedeuten, dass Riley hier ebenfalls saß. Bisher war Mrs. Beaufort immer äußerst loyal gewesen, aber das schien sich nun geändert zu haben. Sie lächelte mir nun zu und begrüßte mich ebenfalls.

„Aber gerne doch, meine Liebe." Sie deutete auf den zweiten Sessel direkt neben Riley und ich ließ mich bedächtig darin nieder.

Ihr freundliches Auftreten täuschte schnell. Sie war eine eiskalte, berechnende Frau, die immer bekam, was sie wollte. Ich war mir im klaren darüber, dass sie Mittel und Wege hatte, jeden von uns verschwinden zu lassen, ohne das es auch nur eine Menschenseele auf dieser Welt mitbekam. Sie würde dabei von niemandem verdächtigt werden. Schließlich war sie in New York als das nettere Gesicht der High Society bekannt, das auf keiner Spendengala fehlte und zumindest einen Teil ihres Vermögens an die weniger Glücklichen weitergab. Ich war mir sicher, dass niemand, aber auch wirklich niemand auf dieser Welt ahnte, dass sie die Auftraggeberin vieler der größten Einbrüche der Geschichte New Yorks war. Und noch weniger würden die Leute annehmen, dass sie dafür seit über zwei Jahren eine Minderjährige engagierte.

„Ich bin mir sicher, ihr wundert euch beide, weshalb ihr hier seid", richtete sich Mrs. Beaufort an uns, nachdem ein weiterer Angestellter uns allen Tee serviert und den Raum verlassen hatte.

Ich nickte kurz und beäugte dann Riley, der breit grinsend und scheinbar völlig entspannt in seinem Sessel saß und Mrs. Beaufort entwaffnend zu lächelte. Er war so ein Idiot. Rechnete er wirklich damit, eine Frau wie sie damit um den Finger wickeln zu können? Er sollte wissen, dass sie nicht so einfach zu überzeugen war, dafür brauchte es schon ein wenig mehr.

„Nun gut, ich möchte euch nicht länger warten lassen", fuhr sie fort, nachdem sie uns beide ausführlich gemustert hatte. „Ich habe einen Auftrag zu vergeben und leider kann ich ihn nur einem von euch anbieten. Da ich sicherstellen möchte, dass er von der besten Person ausgeführt wird, habe ich euch beide hierher eingeladen."

Äußerlich bemühte ich mich, weiterhin möglichst gleichgültig auszusehen. Ich war mich sicher, Mrs. Beaufort würde es nicht besonders schätzen, wenn ich viele Emotionen zeigte. Innerlich kochte ich jedoch und malte mir aus, wir schön es jetzt wäre, Riley so richtig eine reinzuhauen. Oder ihm mit der Faust dieses Grinsen aus dem Gesicht zu wischen.

Und hier wie versprochen das zweite Kapitel :) Meet Riley, ich hoffe ihr werdet ihn genauso gerne haben wie ich.


Stealing the moonlightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt