Kapitel 3

78 11 13
                                    

James ließ seinen Blick über die Köpfe der Leute hinweg wandern, die durch die schmalen Gänge der U-Bahnstation huschten. In der Menge der Leute erhaschte er hin und wieder den Blick auf einige deren Gesichter, welche einen deutlich gestressten Zug angenommen hatten. Offensichtlich hatte er es geschafft mitten in den Feierabendverkehr zu geraten. Innerlich verfluchte er sich selbst dafür nicht eher Zeit gefunden zu haben, doch auch an diesem Tag hatte seine Arbeit mal wieder seine Aufmerksamkeit beansprucht.

Kurz kam er auf der Treppe zum Stehen und ließ seinen Blick umherwandern, in der Hoffnung die Person, die ihn überhaupt hierhergeführt hatte, von dieser Position aus bereits zu entdecken. Hier unten, wo kaum noch Sonnenstrahlen ihren Weg hinfanden, erleuchteten flackernde Lichter die Dunkelheit, die normalerweise in den U-Bahn-Tunneln vorherrschte.

Als er nicht auf den ersten Blick fündig wurde, setzte er sich erneut in Bewegung und lief über den Bahnsteig, um einer Stelle hinter einer Säule zu gelangen, auf die er so keinen Blick hatte. Zielstrebig schob er sich zwischen den Wartenden vorbei, bis er einen Mann auf dem kühlen Steinboden sitzen sah. Er trug dicke Kleidung und hatte eine Decke um seinen Körper geschlungen. Seine Hände warnen mit Handschuhen bedeckt.

Vor ihm kam James zum Stehen und räusperte sich leicht. Damit brachte er den Mann dazu seinen Kopf zu heben und ihn direkt anzusehen. Seine Haut war bleich und seine Augen wirkten müde, als er zu ihm hinauf sah.
„Was gibt's?", fragte er, nachdem er James ausgiebig von Kopf bis Fuß gemustert hatte. Der Griff um den Kaffeebecher in seiner Hand hatte sich gefestigt, als James an ihn herangetreten war. Vermutlich war er es nicht gewohnt von den Reisenden angesprochen zu werden.
„Vampir", fügte er dann nach einigen Sekunden hinzu, als gäbe es etwas an seinem Gegenüber, was ihn verraten hätte. Doch James wusste es besser. Denn auch ihm war nicht entgangen, dass etwas an dem Obdachlosen nicht menschlich war. Zumindest nicht völlig. Allerdings hatte er dies bereits erfahren, bevor er den Weg hierher eingeschlagen hatte.

„Bist du Howard Foster?", fragte James nach, um sicher zu sein, dass er auch mit der richtigen Person sprach. Immerhin konnte er ihm nicht ansehen, ob er auch der Obdachlose war, nachdem er suchte oder nicht. Was das Aussehen anging, war sein Informant nämlich nicht gerade präzise gewesen. Eigentlich kannte er nur den Namen und wusste, dass es sich um einen obdachlosen Halbvampir handelte.

„Wer will das wissen?", er hob eine Augenbraue und besah ihn mit einem herausfordernden Blick: "Und vor allem warum?"James seufzte leicht. Eigentlich war er nicht darauf aus besonders viele Informationen über sich selbst preiszugeben. Immerhin war er nur wegen eines einfachen Gerüchts hier. Allerdings würde er hierbei wohl den Spielregeln seines Gegenübers folgen müssen, wenn er erfolgreich aus dieser Sache herausgehen wollte.

Nachdem Logan ihm von dem Gerücht erzählt hatte, war James zu dem Kellner gegangen, von dem sein bester Freund davon erfahren hatte. Denn auch, wenn es für den Clubbetreiber nicht mehr war, als ein Problem für sein Geschäft, hatte das Gerücht James Aufmerksamkeit geweckt. Auch, wenn seine Freunde ihm auszureden versucht hatte sich weiter damit und vor allem mit Delilah zu beschäftigen. Loslassen hatte er aber trotzdem nicht gekonnt, egal wie sehr er es versucht hatte. Seit diesem Traum schlich sich die Erinnerung an sie immer wieder in seine Gedanken und machte es ihm unmöglich sie ganz zu vergessen. Der Grund, den er jedoch vorschieben würde, wenn jemand ihn fragte, warum er sich dafür interessierte, war, dass er es für kein gutes Zeichen hielt, dass jemand versuchte all die Macht an sich zu ziehen. Immerhin waren die Machtverhältnisse nicht umsonst untern mehreren Vampiren aufgeteilt. Und da er dies tatsächlich als Problem sah, wäre es auch nicht gelogen.

„Mein Name ist James und ich bin hier, weil ich von jemandem ein Gerücht gehört habe, dessen Ursprung du angeblich sein sollst", rückte er deshalb mit der Wahrheit heraus. Dem Obdachlosen war anzusehen, dass er genau wusste, wovon James sprach.
„Na wenn das so ist, bin ich Howard Foster", bestätigte er ihm nach einigen Sekunden: "Und ich kann mir denken welches Gerücht gemeint ist."
Allerdings schien er immer noch nicht beschlossen zu haben einfach so mit den Informationen heraus zu rücken und damit mit James zu kooperieren.
„Mein Wissen teile ich aber nicht einfach so mit jedem", fügte er dann hinzu: "Zumindest nicht kostenlos."

BloodlustWo Geschichten leben. Entdecke jetzt