Diejenige mit der Gabe

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"Du kennst den Spiegel.", wird es Ambar auf einmal klar. "Nein, nicht direkt." Sie zieht verwirrt eine Augenbraue nach oben. "Ich wusste, dass er existiert, aber ich wusste nicht wo. Heute ist es für mich das erste Mal, dass ich ihn sehe." "Wie darf ich das verstehen?", fragt Ambar nach. Ich seufze.

"Vor vielen Generationen unserer Familie, gab es die letzte Medina mit einer besonderen Gabe. Meine Ur-ur-urgroßmutter. Zwar wurde die Gabe weiter vererbt, kam aber nie zum Vorschein. Bis jetzt." "Also bis jetzt wurde die Gabe rezessiv weiter vererbt und bei dir wurde das Gen dominant.", schlussflugert Ambar. Da hat jemand gut in Biologie aufgepasst. Naja, es gibt kaum ein Fach, wo Ambar nicht aufpasst.  "Stimmt. Wenn du es so sagst, muss es ein Gen sein.", wird es mir nun bewusst. Es ist nicht nur eine Gabe, sondern ein Gen. "Aber was ist das für ein Gen?" Ich atme durch. "Ich kann in andere Realitäten sehen und hören." Ambars Augen werden groß. "In andere Realitäten? In welche denn zum Beispiel?" "Am besten geht es in die Realität der Menschen.", erkläre ich ihr. Dadurch wird sie nur neugieriger. "Realität der Menschen?" "Ja. Für die Leute dort sind wir nur Charaktere einer Serie. Diese ist längst beendet und somit leben wir in den Fanfictions weiter....also Geschichten, die von Fans geschrieben werden. Das, was wir hier erleben, ist auch eine FanFiction." "Willst du mir damit sagen, dass wir Teile einer Geschichte sind?" Aufgeregt sieht mich Ambar an. "Hör mal, ich darf dir das eigentlich gar nicht sagen. Wenn du zu viel weißt, könnte das den Lauf unserer Lebensgeschichten ändern." Sie nickt verständnisvoll. "Aber was denken den die Leute über die Geschichte?" "Ich schau mal nach. Aber das ist das einzige Mal, klar?" Ambar nickt.

Ich schließe die Augen und konzentriere mich.

Ah, jetzt erkenne ich dich. Mmh...

Nach einer Weile öffne ich wieder die Augen. "Die Leser sind ziemlich erstaunt, dass ich diese Gabe habe. Sie finden die Idee der Autorin cool.", kommt es aus mir heraus. "Und dafür musst du nur die Augen schließen? Dann kannst du die Leute sehen, die das hier gerade lesen?" "Ich muss nicht unbedingt die Augen dafür schließen, aber es geht besser so." "Ist das cool!" Aufgeregt tigert Ambar vor mir, die Breite des Ganges hin und her. "Warte....das heißt, alles was passiert ist schon geregelt?" "Ja. Sonst würde ja alles auf Pausetaste stehen. Aber sobald jemand die Geschichte liest oder schreibt, geht unser Leben weiter." Die Blondine vor mir ist beeindruckt. "Cool!", staunt sie immer wieder. "Aber mehr darf ich echt nicht sagen. Sag bitte niemanden, was du gehört hast!", flehe ich sie an. Ambar nickt. "Ich sag's keinem. Weiß es eigentlich Yam? Oder Nina?" "Yam weiß es.", murmle ich, nach kurzem Zögern. "Soll das heißen, dass du deiner eigentlich besten Freundin etwas verschweigst?", grinst Ambar. "Also so würde ich das nicht nennen.", schmunzle ich. "Egal. Ich soll vermutlich in den Spiegel schauen, nicht?" "Genau." Ambar sieht mich noch immer an, als wäre ich das siebte Weltwunder. Lachend drehe ihr Gesicht zur Wand. "Hör auf, mich so anzusehen." Ambar schmollt gespielt und starrt kichernd weiter auf die Wand. Dann jedoch wechselt sie ihren Blick zum Spiegel, den ich nun befrage.

"Wer bin ich wirklich?" "Jimina Medina, diejenige mit der Gabe. Ich erinne mich noch. Jósefina Medina war auch so interessiert an ihrer Gabe." (J als ch lesen) "Deine Ur-ur-urgroßmutter?", wispert Ambar. Ich nicke. "Diese Gabe macht dich stark. In der Wirklichkeit steckt in dir, die Seele einer Tänzerin. Du liebst es zu tanzen und Choreografien zu entwickeln. Zusammen mit deiner besten Freundin Yam. Ihr seid wie Jing und Jang. Sie hat dich sogar unterstützt, als du in die Ramiro verschossen warst. Sie fand es zwar anfangs komisch, war aber immer für dich da. Leider hattest du mit ihm kein Glück, den Ramiro hat Yam im Blick. Doch allmählich fandst du Interesse an deinem Skatepartner, mit dem du an den kleinen Skatewettbewerben im Roller teilgenommen hast. Nico." Bei seinem Namen werde ich leicht rot. "Du spürst es schon, nicht? Dass es dich zu ihm hinzieht? Das ist gut so. Denn er ist dein Schlüssel zum wahren Glück." "Wenn Nina nur nicht wäre.", murmle ich leise. Es wäre vieles einfacher ohne sie.

"Du und Nico seid so süß. Du solltest es mit ihm versuchen. Heimlich. Derweil hast du genug Zeit, dir zu überlegen wie du es Nina sagst. Sie muss ja nicht wissen, dass ihr schon zusammen seid. Du kannst ihr ja beichten, dass er dir gefällt. Wenn sie nichts dagegen hat, gut. Wenn nicht, dann sagst du ihr, dass es dein Leben ist und sie nicht alles bestimmen kann. Entweder sie respektiert es oder nicht. Punkt.", meint Ambar, während wir zurückgehen. Ich seufze. Mittlerweile habe ich den Spiegel schon einiges gefragt. Wie ich zu Nina stehe. Auch in der Wahrheit sind wir befreundet...nur das Nina da ganz anders aussieht. Sie trägt da eine Brille und trägt Klamotten eines "Strebers." Wenn sie sich sehen würde. Eigentlich habe ich in der Wirklichkeit mit allen ein gutes Verhältnis. Nur traurig, dass ich am Ende alleine geblieben bin und Nico mit Ada abgehauen ist. "Das klingt einfacher, als es ist.", wende ich mich an Ambar. Allmählich lassen wir den Gang hinter uns und betreten die Abstellkammer. "Aber dir gefällt Nico, oder?" Ambar schließt den Gang. "Total. Und es ging irgendwie so schnell." "Die Magie des Spiegels.", grinst Ambar worüber wir beide lachen. Dieses Lachen hat auch Luna gehört, die außerhalb der Abstellkammer steht. Ambar sieht genervt weg. "Seid ihr jetzt beste Freunde oder was?", fragt Luna. "Nein. Und wir könnten auch nie so befreundet sein, wie du und Ambar es wart.", antworte ich für die Blondine, die sich genervt mir zuwendet. "Natürlich nicht, denn wir vertrauen in den jeweils anderen." Mit wütenden Blick sieht sie zu Luna. "Ambar! Vermisst du sie den nicht?", frage ich sie überrascht. "Pfft.", kommt nur darauf zurück. Doch ich weiß, dass sie lügt. Ich bin mir sicher, dass sie lügt. "Ich weiß, wie es ist, wenn man seine beste Freundin verliert. Egal wie viel Zeit vergeht, man kann sie nicht vergessen." Ich lache auf. "Wie soll man auch jemanden vergessen, den man alles anvertraut hat? Der einem besser kennt, als man selbst? Der jedes Geheimnis von einem kennt? Jede peinliche Geschichte? Mit der man alles geschafft hat? Mit der alles möglich war?  Wie soll man so eine Person vergessen?"

"Ich konnte dich auch nie vergessen." Ich bin überrascht, als ich die Stimme vernehme. Das hätte ich am wenigsten erwartet. Ich wende mich der Person zu, von der dessen Stimme kommt.

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Jim hat ein besonderes Gen😱

Wer hat da wohl Jim, am Ende geantwortet?🙊


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