»Und ein neuer beschissener Tag«, murmelte ich, als ich das Auto auf den Schüler-Parkplatz fuhr.
»Das hab ich gehört.« Mein Dad lachte leise. »Und vergiss nicht Champ; lass dich nicht unter kriegen!« Er hat versucht mich aufzumuntern ... Es funktionierte nicht.
Ich öffnete die Tür und stieg aus. Mein Dad stieg ebenfalls aus.
»Danke, dass ich das Auto fahren durfte.«
»Hey, so lange es ganz bleibt, steht es dir jederzeit zur Verfügung.«
Ich nickte. Mein Vater kam zu mir auf die andere Seite und drückte mich. Ich machte ihm Platz, damit er ins Auto einsteigen konnte.
»Soll ich dich nachher abholen?«, fragte mein Dad, als er das Fenster herunterkurbelte.
»Nein, geht schon. Emily bringt mich vielleicht nachher herum.«
»Okay, wenn es nicht klappt, ruf mich an und ich komme vorbei. Wir sehen uns dann später. Und mach das beste aus deinem ersten Tag!«
»Bis später. Mache ich.«
Ich ging von dem Parkplatz runter und schaute noch zu, wie mein Dad weg fuhr. Dann drehte ich mich um und blickte dem Grauen entgegen. Der Crenshaw High School. Die Heimat der Pumas. Die meisten Leute freuen sich ja auf den ersten Schultag ... gerade wenn man im Elften Jahrgang ist und nur noch Zwei Jahre vor sich hat. Jedoch fürchtete ich mich immer vor diesem Tag. Ich hasste die Schule. Früh aufstehen, Hausaufgaben und wenig Freizeit. Es ist einfach nicht meins.
»Oder auch nicht ...«, murmelte ich und ging in die Schule.
»Hey Hübschling!«, rief mich jemand. Ich schaute mich um und sah Emily. Ihre Grün-braunen Augen glitzerten voller Freude. Mit einer irren Geschwindigkeit rannte sie auf mich zu. Ich hob die arme um zu zeigen: Komm her, ich bin bereit. Zwei-Drei Meter vor mir sprang sie mit geöffneten Armen ab. Ich fing sie auf und drehte mich noch ein paar Runden mit ihr, bevor ich sie wieder auf den Boden ließ. Wir schauten uns danach noch ein Weilchen freudestrahlend an, bevor sie mir einen dicken Schmatzer auf die Wange verpasste und mich wieder umarmte.
»Ich hab dich vermisst, du riesen Trottel!«, sagte sie.
»Ich dich auch, aber du erdrückst mich gerade.«
»Sei keine Pussy!«, sagte Emily und wir lachten. Trotzdem ließ sie ein bisschen locker.
Emily war für die ganzen Sommerferien in Deutschland bei ihren Großeltern. Ständig schickte sie mir Bilder und Nachrichten, wie schön es doch in Deutschland sei. Teilweise unerträglich, wenn man als einziger deiner Freunde zu Hause hocken darf.
»Na los! Zeig deinen Stundenplan!«, sagte Emily ein wenig zu motiviert.
Ich kramte den Zettel aus meinem Rücksack und reichte ihm Emily. Sie schaute mich entsetzt an, als sie das zerknüllte Stück Papier in der Hand hielt. Vorsichtig versuchte sie das Papier zu entknüllen um es nicht einzureißen. Als ob mir das Ding was wert wäre, dachte ich. Aus ihrer Jackentasche holte sie einen ordentlich zusammengefalteten Zettel heraus. Ihren Stundenplan.
»Okay mal sehen ... «, fing sie an, » ... Englisch haben wir zusammen! Und Geschichte! ... Das wars auch leider.« Sie wirkte enttäuscht. Letztes Jahr hatten wir fast jeden Kurs zusammen gehabt, doch jetzt ...
»Uns bleibt ja wenigstens auch noch die Mittagspause mit Jake.« Ich versuchte sie aufzumuntern.
»Und Caleb!«, fügte sie hinzu. Caleb. Ein großkotziger Idiot, der es mag die Freunde seiner Freundin zu mobben und in die Flucht zu schlagen.
»Wie konnte ich nur Caleb vergessen!«, scherzte ich. Sie boxte mich in die Schulter.
»Sei nett zu ihm, klar? Ihr beide seid mir verdammt wichtig.«
»Das musst du ihm sagen.« Ich klang wie ein bockiges Kleinkind.
Emily schüttelte genervt mit ihrem Kopf. »Na komm kleiner Ethan. English is waiting.«, sagte Emily mit einem strengen britischen Akzent. Ich knüllte wieder den Zettel zusammen und steckte ihn in die Hosentasche. Emily hielt mir ihren Arm hin und ich hakte mich ein. Dann gingen wir den gelben Schulflur entlang. Plötzlich fing Emily an zu singen: »We're off to see the Wizard! The wonderful Wizard of Oz!« Den Rest summte sie laut.
Warum bin ich nochmal mit ihr befreundet?, fragte ich mich, ach ja, sie ist verrückt. Genau wie ich. Und ich mag verrückt. Es ist das neue lustig.Ich ging mit Emily die Schulgänge entlang, um unseren Englischraum zu finden. Die Schule wirkte wie ein einziges Labyrinth. Jeden Tag öffnet sie ihre Türen und lockt Unschuldige hinein, um sie irre zumachen und dann wieder auszuspucken. Man könnte sagen es ist wie in diesem Teenager Action Film. Wir gingen einen Stock höher wo die Senior Schüler ihre Spinde hatten. Kennt ihr dieses angsteinflößende Gefühl, dass ihr habt wenn ihr an Jungs wie Schränken und Mädchen wie Topmodels vorbei läuft und ihr euch winzig klein und hässlich fühlt? So fühlte ich mich in dem Moment. Ich schaute kurz zu Emily. Ich erwartete eigentlich ein starkes Mädchen neben mir zusehen, doch auch Emily wirkte eingeschüchtert. Sie versuchte aber so gut wie möglich ihre 'Angst' zu überspielen. Mein Herz fing an zu rasen, als ich ihn sah. Dustin Rodriguez. Zukünftiger Captain der Football Mannschaft und Frauenschwarm der Schule. Er kam erst dieses Jahr auf die Schule, doch jeder wusste schon vor den Sommerferien, dass er zu uns wechseln wird. Auf seiner alten High School war er eine Legende. Und auch hier ist er sofort an die Spitze gelangt. Mir blieb der Atem weg. Ich musste hoch sehen um sein Gesicht zu bewundern. Er ist an die 1,90 Meter groß und damit über 15 Zentimeter größer als ich. Er ist sehr männlich gebaut und einfach nur ein Traum. Aber das beste überhaupt sind seine Augen. Sie sind braun mit einem leichten Ton von dunkelgrün.
Ich kam wieder zur Besinnung. Emily ist schon vorgegangen und hat mich alleine gelassen. Schnellen Schrittes - um nicht sonderlich aufzufallen - versuchte ich Emily einzuholen.
»Dankeschön!« Ich klang leicht gereizt.
»Ich wollte dir deine Zeit lassen, damit du weiterhin Dustin an schmachten konntest.«, sagte sie ein wenig zu laut und zwinkerte mir zu.
»Psst! Ein bisschen ruhiger bitte.«
»Du streitest es nicht mal ab! Also stimmt es! Du stehst auf den neuen!«
Ich lief rot an.
»Ach halt doch die Klappe.«, paffte ich Emily an.
»Und? Wann wirst du ihn fragen, ob er mit dir ausgehen möchte?«
»Wie wäre es mit, lass mich überlegen, niemals?«
»Er ist süß. Du hast zwar keine Chance bei ihm, aber du solltest dich mit ihm anfreunden und ihn kennenlernen.«
»Jaja, mal schauen.« Ich versuchte die Konversation abzubrechen und als ob es nicht schlimmer kommen könnte erschien noch Emilys Freund Caleb. Er gab ihr einen Begrüßungskuss. Einen sehr langen Begrüßungskuss. Super, jetzt darf ich warten, bis Emily wieder aus ihrer rosa-roten liebes Welt zurück kommt, dachte ich. Die Schulklingel läutete zum Beginn des Unterrichtes. Der Schulflur leerte sich immer mehr. Ich räusperte mich, um zu zeigen, dass ich auch noch anwesend war.
Emily schreckte auf und löste ihre Lippen von Caleb.
»Danke, dass du mir die Tour vermasselst!«, sagte Caleb in einem sehr gereizten Ton, »Schatz, du kannst ja schon mal in deinen Unterricht gehen. Ich muss noch etwas mit Ethan klären.«
Emily nickte. »Bis gleich Ethan.« Sie lächelte und verschwand dann in die Klasse. Bis eben lächelte Caleb, doch als die Klassentür sich schloss, verschwand es plötzlich.
»Hör mal zu, du Gnom. Was sollte denn der scheiß eben grad'? Mag sein, dass du Emilys bester Freund bist, aber komm mir ja nicht in die Quere, hast du mich verstanden?«
Ich nickte eingeschüchtert. Mein Herz pochte.
»Ich fragte, ob du mich verstanden hattest!« Er packte mich am Kragen und versetzte mir einen Schlag in die Magengrube. Ich würgte ein kümmerliches »Ja.« heraus, als ich zusammen sackte. Nur noch gehalten von seiner Hand stand ich aufrecht. »Der soll noch als Warnung für das nächste mal dienen!« Caleb hob seine Faust. Wahrscheinlich um mir ein Veilchen zu verpassen. Ich schloss meine Augen und wartete auf den Aufschlag. Doch nichts war. Im Gegenteil. Caleb ließ mich los. Als ich meine Augen öffnete, sah ich wie Dustin Rodriguez Calebs Schlagfaust festhielt und in eine äußerst schmerzhafte Position brachte. »Lass den Jungen in Ruhe.« Dustins Stimme klang tief und bedrohlich.
»Er hat es verdient!«, keuchte Caleb vor Schmerzen.
»Wer sagt mir, dass du es nicht auch verdient hättest?« Dustin drückte fester zu.
»Schon gut! Ich lass ihn in Frieden.«
Dustin ließ Calebs Faust los. Caleb drehte sich zu Dustin um. Dann ging er. Dustin ging einen Schritt auf mich zu. Ganz nah wirkt er ja noch riesiger, dachte ich. Dustins Gesicht hellte sich auf und er lächelte mich an. Wie von selbst fing ich auch an zu lächeln. Ich merkte wie ich langsam rot wurde, als ich in seine Augen sah.
»Alles okay bei dir?«, fragte mich Dustin. Seine Stimme klang nicht mehr Angsteinflößend. Eher weich und liebevoll, als könnte er nicht mal eine Fliege verletzen.
Ich nickte als Antwort.
»Freut mich. Ich bin Dustin.« Er reichte mir die Hand.
»E-Ethan.« Ich schluckte meine Nervosität herunter und drückte seine Hand.
»Hey, Ethan. Ich habe das Gefühl, dass wir uns noch öfters begegnen werden!«, sagte er.
Er verabschiedete sich und verschwand dann auch in einer Klasse. Ich glaub ich kotz' gleich. Ich schüttelte mir meine Übelkeit weg und ging dann in den Englisch Unterricht.
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Family Business
ParanormalWie in jeder ach so wundervollen schnulzigen Liebesromanze mit Fantasy Elementen - hat auch diese hier einen unscheinbaren Protagonisten, der ein einfaches und langweiliges Schul Leben führt. Dieses langweilige Leben ändert sich jedoch, als ein (wie...