Der Löwe, die Hexe und der Wandschrank

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Em erwartete mich vor der Schule. Sie sah nicht gerade ... freundlich aus, um es nett zu formulieren. »ETHAN SMITH!«, schrie Em, als sie mich sah. »Weißt du eigentlich was für Sorgen ich um dich hatte?! Ich lag die ganze Nacht wach! Ich konnte kein Auge zu machen. Siehst du diese Augenringe?« Sie zeigte unter ihre Augen, wo ich keinen einzigen Makel sah. »Das ist nur deine Schuld!«
»Tut mir leid, Em. Ich bin nach Hause gegangen und war einfach so müde, dass ich sofort eingeschlafen bin. Ich mach es wieder gut, versprochen«, versuchte ich mich rauszureden. Ich konnte ihr ja schlecht sagen, dass ich bis ungefähr zwei Uhr morgens im Echo Park hockte und ihre Anrufe ignorierte. »Gut, dass du das ansprichst! Ich hab in dem einem Laden in der Stadt ein paar wirklich süße Schuhe gesehen, die super zu einer Hose passen!«
»Schon gekauft.«
»Ahhh! Du bist der beste«, kreischte Em.

Wir saßen gerade in Geschichte, als der alte Lautsprecher ein grausames Knacken von sich gab, bevor der Schulleiter sich zu Wort meldete: »Schülerinnen und Schüler! Es gibt eine Planänderung. Am kommenden Mittwoch finden die Probetrainings für folgende Sportclubs statt: Fußball, Leichtathletik, Cheerleading, Football«, der Schulleiter leierte einen Haufen von irgendwelchen Sportnamen herunter. Dann verabschiedete sich der Schulleiter auch schon wieder. Em schaute mich an. »Bereit für deine Aufnahme im Football-Team?«, fragte Em mich mit einem verschmitzten lächeln.
»Und wie steht's denn mit dir? In einer Woche vor dem GleeClub vorzusingen.« Ich versuchte zu kontern.
»Das hast du nicht getan!«
»Oh doch. Gern geschehen.« Ich zwinkerte ihr zu.
»RUHE DAHINTEN!«, rief Mrs. Good, unsere Lehrerin.
»Du bist tot, Ethan Smith«, flüsterte Em.

Die Schulklingel beendete den grausamen Schultag. Endlich Wochenende, dachte ich. Zwar haben die Ferien erst vorgestern geendet, jedoch War ich schon wieder bereit für das Wochenende. Ich ging zu den Bioräumen um dort dann auf Em zu warten. Ihr Lehrer Mr. Trevor überzieht gerne. Und so kam es, dass ich zehn Minuten auf Em warten musste, bis sie und die anderen Schüler aus dem Raum stürmten. »Hey Em!« Ich versuchte ihre Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Sie drehte sich zu mir um. »Hey Arschloch!«, begrüßte sie mich.
»Hab gehört, dass du mich nach Hause fährst?«
»Echt? Von wem denn das?« Sie tat überrascht.
»Bist du noch sauer auf mich, wegen dieser GleeClub Sache? Ich kann deinen Namen auch wieder rausstreichen.« Wir gingen in Richtung Parkplatz.
»Nein, dass ist es ja nicht. Nur hab ich mörder Angst vor Publikum zu singen.«
»Em, Ich kenne dich schon lange genug um zu wissen, dass du wirklich keine Angst zu haben brauchst. Du singst großartig. Ich brauche Angst zu haben. Ich werde mich blamieren.«
»Du kriegst das schon hin. Weiß ich. Du hast immer irgendwie Glück.«
»Wie soll ich etwas hinkriegen, von dem ich noch nichtmal weiß, wie man das spielt!«
»Stimmt... aber das wird schon! Ich guck dir auch zu! Versprochen.«
»Na dann.« Ich öffnete die Tür nach draußen. Auf dem Parkplatz stand ein Schwarzer Peugeot Cabrio und am Wagen selbst stand angelehnt der ultra tollste Mensch auf der ganzen Welt, bei dem jeder losschreien würde, wenn man ihn zum Freund hat (was Em in diesem Moment tat) - Caleb! Em rannte Freude kreischend auf ihn zu um ihn zu umarmen. Ich musste mich zusammenreißen, um nicht genervt und augenrollend da zu stehen. Langsam ging ich zu dem Verliebten Pärchen. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals. So eine Situation wie gestern vor Englisch hatte wirklich keinen Wiederholungsbedarf. Ich schaute mich um, etwas weiter hinten bei den Parkplätzen sah ich diesen dunkelblauen Sportwagen. Ein Fenster war herunter gelassen. Ich sah wie Dustin seinen Blick auf mich und das Geschehen richtete. Ich hab also sowas wie einen Wachhund, huh?, dachte ich und fühlte mich irgendwie ... sicherer. »Tut mir leid, wenn ich störe, aber ich wollte mich kurz von Em verabschieden.«
Caleb sah mich genervt an. Em war verwirrt: »Wie jetzt? Nein du fährst natürlich mit uns. Das macht Caleb bestimmt nichts aus. Ist doch so oder, Schatz?«
»Nein, alles gut. Ich will sein Auto nicht mit meiner Anwesenheit verpesten.«
»Ist auch besser so, du Würstchen«, bellte mich Caleb an, »steig schon ein, Emily. Ich will nicht unsere Zeit mit ihm vergeuden.«
Em sah ziemlich bedrückt und verwirrt aus. »Wir sehen uns Montag, Ethan.«, sagte Em. Ihre Stimme wirkte unglücklich. Ich umarmte sie zum Abschied, bevor sie in das Auto stieg. Caleb ging an mir vorbei und stieß mich so hart um, sodass ich umfiel und mit dem Hintern auf dem Boden landete. »Das war jetzt wirklich nicht nötig, Caleb!«, sagte Em.
Er sagte nichts mehr und stieg ebenfalls ein. Em schaute mich mit einem Es-tut-mir-leid-Gesicht an. Ich lächelte aufmunternd. Der Wagen fuhr los. Ich schaute ihr hinter her. Der silberne Löwe des Peugeot blendete mich in der Sonne. Dann bog das Auto um die Ecke und verschwand.
Ich stand auf und klopfte mir meinen Arsch ab. Ich hörte wie ein weiterer Wagen vor mir hält. »Kann ich dir vielleicht irgendwie helfen?«
Ich erkannte die Stimme sofort. Dustin. Ich schaute hoch, ins Fenster des Sportwagens. »Nein... es sei denn du kannst Idioten verschwinden lassen.«
»Dafür hab ich so meine Kontakte.« Er scherzte. »Soll ich dich wieder nach Hause fahren?«
»Warum bist du so nett zu mir?« Ich klang wohl ein wenig gereizt, denn Dustin antwortete schroff.
»Hör zu, ich muss nicht nett zu dir sein.«
»Nein, es tut mir leid. War nur ein beschissener Tag.«
»Also?«
»Wenn es dir nichts ausmacht«, sagte ich Schüchtern.
»Sonst hätte ich dich nicht gefragt.«
Ich stieg in den Wagen ein. Dustin fuhr auch gleich los.
»Ich wollte nicht so gereizt klingen. 'Tschuldige. Aber mich verwirrt es. Warum tust du das. Du kennst mich doch kaum.«
»Du wirkst so, als würdest du jemanden brauchen, der dir ein wenig den Rücken deckt, oder auch alles.«
»Dankeschön.« Schön zu wissen, dass ich so Schwach wirke.
»Hey, so meinte ich das nicht. Ich weiß auch nicht, warum ich dir Helfe und dich beschütze. Ist irgendwie - ein Instinkt. Es fühlt sich richtig an.«
Ich nickte.
Der Rest der fahrt über blieb ich still. Ich fühlte mich irgendwie unwohl. Aber auch geborgen. Es ist schwierig zu beschreiben. Im Radio lief Jessie J mit ihrem Song »Flashlight«.
Ich schaute aus dem Fenster. Die Häuser zogen an mir vorbei. In der Reflexion des Fensters konnte ich sehen, wie Dustin mich ansah. Er schaute zufrieden. Er atmete tief ein.
»Hey, wenn du heute nichts vorhast, willst du dann mit zu mir? Ich hab gesehen, dass du dich für das Football Tryout eingeschrieben hast. Ich könnte dir so einige Sachen beibringen.«
Hat er gerade gefragt, ob ich mit ihm Zeit verbringen möchte? ICH?! Mit IHM?! Träume ich? »Ich hab mich nicht eingeschrieben. Meine beste Freundin Emily war das.« Ich versuchte cool zu bleiben.
»Oh Achso. Also kommst du am Mittwoch gar nicht?« Er klang ein wenig enttäuscht.
»Doch. Vielleicht. Ich weiß nicht so recht. Ich hab halt echt keine Ahnung von Football.«
»Dachte ich mir schon, deswegen mein Angebot.«
Ich überlegte lange.
»Hör zu, du musst nicht, wenn du nicht wi-«, »Ich nehme das Angebot an«, unterbrach ich ihn.
»Cool. Ich fahr dich dann kurz nach Hause und du holst dir deine Sportkleidung. Ich warte solange draußen.«
»Okay, alles klar.«

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