Teil 8

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Tae spielt nervös mit meinen Fingern.
Ich bleibe stumm.
Seine Haut ist warm und weich...
Meine Gedanken sind toal durcheinander von dem, was er mir gerade erzählt hat.

„Ergibt das, was ich sage, irgendeinen Sinn für dich?", fragt er nach kurzer Zeit des Schweigens.

Ich sage immer noch nichts. Ich muss nachdenken.

„Bitte sei mir nicht böse, dass ich dir das jetzt erzählt habe", flüstert Tae erschrocken.
Ich sehe ihn an. Er ist blass. Hat er Angst, ich könne ihm das übelnehmen, was er gerade gesagt hat?!
Ich schüttle den Kopf und er atmet auf.
„Es ist wirklich nicht böse gemeint", sagt er noch einmal betonend, „Ich will nur, dass es dir gut geht!"

Ich sehe ihn schweigend an.
Mein Herz klopft wie wild. Es weiß, was mein Verstand noch nicht realisiert hat: V hat Recht.

„Du... Du hast dir wirklich Sorgen um mich gemacht?", frage ich mit zittriger Stimme.
Er runzelt die Stirn. „Ich tue es immer noch", betont er und drückt seicht meine Hand, „Bist du mir böse?"
Ich schüttle den Kopf und lächle ein wenig.
Er sieht mich so besorgt an, als würde ich mit der Absicht zu springen auf einer Brücke stehen.
„Nein, Tae, nein. Du... du hast ja recht, du hast... absolut Recht. Ich will immer mein Bestes geben. Und wenn das nicht genug ist, tja..." Ich zucke mit den Schultern.
„...übertreibst du's", versucht Tae meinen Satz zu beenden.
Ich grinse unbeholfen. „Manchmal", gestehe ich und muss leise lachen.
Die Falten auf Taes Stirn glätten sich.
„Du lachst wieder", stellt er erleichtert fest, „Wie schön."
Ich schaue zu Boden. Wenn du bei mir bist, kann ich gar nicht anders, denke ich, sage es aber nicht laut. Das könnte vielleicht seltsam werden.

„Ach", meint er, „und noch etwas. Ich muss dir noch was sagen, zu dem, was du vorhin erzählt hast."
Ich nicke und betrachte ihn. Er hat einfach ein makelloses Seitenprofil; man könnte richtig neidisch werden.
„Sag's ruhig", murmle ich und schließe die Augen. Ich fühle mich so erschöpft. Vielleicht würde mir ein wenig Schlaf doch ganz guttun...? Soll ich es wagen und meinen Kopf nochmal auf seine Schulter sinken lassen...?
Ja... ganz langsam... vielleicht bemerkt er es so gar nicht...

„Du hast niemanden enttäuscht, Kookie. Nicht Hobi, nicht mich, niemanden. Du hast und wirst niemanden jemals enttäuschen. Das geht überhaupt nicht."

Mein Kopf schnellt in die Höhe. Alle Müdigkeit ist wie weggeblasen, mein Körper fühlt sich wie elektrisiert an. Mein Gehirn hat die gesprochenen Worte noch nicht verarbeitet.
Tae hat seinen Blick stur aufs Wasser gerichtet, ich muss ihn einfach anstarren.
„Was hast du gerade gesagt?", frage ich verblüfft.
Er wendet mir den Kopf zu und lächelt warm. „Ich sage nur, wie es ist. Du enttäuschst niemanden, das hast du nie und das wirst du nie. Du bist unser goldener Maknae. Selbst, wenn du etwas falsch machst – was ja überhaupt nie vorkommt –, dann sind wir nicht enttäuscht. Niemals. Ja, Kookie? Merk dir das. Du kannst uns nicht enttäuschen. Wir sind alle furchtbar stolz auf dich."

Ich blinzle überrascht. Er lächelt immer noch und schaut zurück aufs Wasser.
„Meinst du das ernst?", frage ich atemlos.
Er nickt. „Selbstverständlich."
Das verschlägt mir die Sprache.

Manchmal, nachts, wenn ich alleine bin, bekomme ich keine Luft. Meine Selbstzweifel drohen mich zu ersticken.
Ich frage mich so oft, ob ich gut genug bin - für Bangtan, für das Leben, für alles irgendwie.
Ständig habe ich das Gefühl, alle um mich herum zu enttäuschen. Ich gebe immer mein Bestes, aber manchmal ist es nicht einmal mir gut genug. Wie also soll es für andere gut genug sein? Überhaupt nicht.
Ich muss manchmal weinen, wenn die anderen nicht da sind, um mich zu trösten.
Auf der Bühne oder in im Kreis meiner Familie kann ich die Tränen meistens zurückhalten. Aber wenn die Hyungs mich so ansehen, als wenn sie genau wüssten, dass etwas nicht stimmt... oder wenn ich allein bin, ganz allein, dann fühle ich mich so wertlos.
Dass Tae mir nun erzählt, sie allen wären... stolz auf mich... das gibt mir ein Gefühl unbegreiflicher Zuneigung für diese Menschen. Ich liebe sie, sie alle.

„Pass auf, Hobi-hyung kommt gerade zurück", sagt Taehyung sanft, „Jetzt bin ich wohl dran. Ist dir wärmer?"
Ich nicke sprachlos - oh, er kann sich nicht vorstellen, wie warm mir gerade innerlich ist! -, während er immer noch in dieselbe Richtung schaut.
„Gut. Pass auf... Hm, ich würde dir raten, kurz mal das Bad zu besuchen. Du musst bestimmt ganz dringend auf die Toilette, nicht wahr?" Er sieht mich plötzlich eindringlich an. „Und nebenbei kannst du ja mal schauen, wann du wieder soweit bist. Du siehst ein kleines bisschen verweint aus."
Er grinst leicht. „Außerdem musst du dir dann das Elend nicht antun."
Ich muss kichern. „Noch schlimmer als ich kannst du gar nicht sein", scherze ich.
Er zwinkert mir zu, was die Schmetterlinge in meinem Bauch aufflattern lässt.
„Wir werden sehen. Ich... Ich kann sowas wirklich überhaupt nicht. Vertrau mir."
Ich nicke. Wenigstens ist er so ehrlich und nicht von Stolz vernebelt, dass er es sich selbst eingesteht. Ich weiß, wie gemein das klingt, aber der Gedanke daran, dass Tae genauso mies wie ich sein könnte, baut mich auf. Seltsamerweise mehr als der Fakt, dass Jimin und ich gleichauf waren.

„Wenn du gehen willst, dann jetzt oder nie, Jungkook-ah", warnt Tae mich leise.
Ich schrecke aus meinen Gedanken auf und erhebe mich, um mich beim Kamerateam abzumelden. Dann verschwinde ich in das Häuschen mit den Waschräumen.

Run BTS! [Taekook] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt