Von dir, Lärm und der Schuld

118 19 11
                                    

Vielleicht sagt uns wirklich all das etwas. Vielleicht reden die Bäume und die Stille teilt sich mit. Vielleicht gibt es Menschen, die all das hören können. Kannst du dir das vorstellen? Kannst du dir vorstellen, dass sie hören können, wie der Herbst anrauscht oder der Frühling wächst? Kannst du dir vorstellen, wie laut das sein muss? All das zu hören?

Vielleicht kann jeder Mensch nur eine bestimmte Menge an Lärm aushalten. Was das für ein Lärm sein muss! Wenn man dem Kleinen eine Stimme gibt, wenn man so genau hinhört. Dann haben die Blumen eine Botschaft und der Horizont schreit dir etwas entgegen. So wie die Blicke reden und Gesten, so findet alles Beachtung, auch das Stille. Ich glaube, es ist schön, wenn die Stille manchmal still bleibt und sich nicht füllt mit Geräuschen oder Gedanken.

Manchmal hab ich dir angesehen, wie schön das wär. Der Sehnsucht in deinen Augen habe ich das angesehen. Du warst immer ein bisschen seltsam und in deinen einsamsten Momenten hat mich das befremdet. Aber es hat mich immer auch berührt. Ich habe es geschätzt, dass du zugehört hast. Ich habe es sogar dann geschätzt, als du davon fast taub warst.

Manchmal habe ich mir Worte verboten, wenn du wieder aussahst, als könntest du nicht mehr davon tragen. Aber so sehr ich es auch versucht hab, ich konnte nicht stumm sein und irgendetwas an mir hat dir wieder etwas erzählt. Du hattest so viele Geschichten von mir. Ich wollte dir die guten erzählen, aber du hast auf die schlechten gelauscht. Deswegen hast du sie alle.

Du kanntest mich in Worten, in Blicken, in Gesten. Ich war eine der Stimmen, von denen du taub wurdest. Und wenn ich das denke, dann versuche ich mich am Schweigen. Es wird wieder Menschen geben, die zu viel hören. Vielleicht kann ich ihnen Stille schenken. Deswegen übe ich. Immer wieder und immer wieder erneut. Ich sitze an deinem Ort und bin still. Du hast den Ort nie eingenommen, aber er trägt trotzdem deinen Namen.

Und jedes Mal wenn ich hier bin, merke ich, dass es nie richtig funktioniert. Vielleicht wird es das nie. Denn du hast meine Worte nicht gefürchtet. Du wolltest meine Gesten gerne annehmen. Und meine Blicke aufbewahren. Unfreiwillig, so war das nicht. Es hat dir nur nicht gut getan.

Du hast mich angesehen und das Toben in deinem Kopf schlug Wogen in deinen Augen. Bis die Wellen zusammenschlugen. Und ich rede immer noch. Meine Tränen reden. Wo auch immer du bist: hör nicht zu!

FragmenteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt