Heute ist Sonntag. Der Tag der Untersuchungen und der Einschläferung meiner Großmutter. Ich will nicht, dass sie stirbt! Sie ist mit meiner Mutter die einzige verwandte die mir noch übrig bleibt. Mein Vater zählt nicht dazu. Ich weiß ja nicht einmal, wo oder ob er überhaupt noch lebt. Und noch dazu ist meine Großmutter, die einzige die am meisten über unsere Familiengeschichte weiß. Mit ihr wird ein wichtiges Stück meiner Geschichte und meines Wissens verschwinden. Sie darf einfach nicht sterben! Auch wenn sie sich immer mit Mom gestritten hat habe ich sie lieb.
Ich stürme im Schlafanzug aus meinem Zimmer und in das Zimmer meiner Großmutter. Wie habe ich vergessen können, das sie heute Eingeschläfert werden soll? Was, wenn sie nicht mehr da ist? Wenn meine Mutter schon ihre Erinnerungen hat und mehr Kräfte besitzt, als alle anderen? Was, wenn sie meiner Mutter die Kräfte weg nehmen wollen? Was passiert dann mit ihr? Und mit den Erinnerungen? Werden sie für immer verschwinden? Wird meine Mutter einfach weiter leben wie zuvor nur ohne ihre Kräfte oder wird sie durch den entzug ihrer Kräfte sterben?
Ich reiße ihre Zimmer-Tür auf. "Du darfst nicht..." ich kann es gar nicht aus sprechen. "Du musst..." sie ist weg.
Wie kann jemand so Herzlos sein?! Eine Träne läuft mir über die Wange. Dann noch eine. Und noch mehr folgen.
Bis mein Schlafanzugoberteil vom Tränen abwischen durchnässt ist, und es sich langsam unangenehm anfühlt in mein Schlafanzugoberteil zu rotzen, bleibe ich bis auf ein paar zuckungen ruhig auf dem Boden sitzen.
Es fühlt sich an wie Stunden, die ich da sitze. Aber es sind bestimmt nur 20 Minuten. Meine Augen brennen. Meine Nase tut weh vom rotz abwischen, und ich will einfach nicht mehr. Wieso muss all dieses Leid auf meinen Schultern lasten?
Ihr ganzes Zimmer wurde aus geräumt. Ihre ganzen sachen und Klamotten sind weg. So, als wäre sie nie hier gewesen. Alles was sich noch in diesem Zimmer befindet, sind eine Schmuck-Schatulle und pure Leere. Die Leere des Todes. Die Leere des verlassen worden seines. Ob sie gewartet hat, bis ich komme und sie rette? Ob sie aufgegeben hat sich zu wehren, weil ich sie nicht gerettet habe? Ob sie sich überhaupt gewehrt hat?
Ich nehme die Schmuck-Schatulle mit in mein Zimmer. Die Inizialien M.U. sind darin eingeritzt. Sie muss meiner Urgroßmutter gehört haben.
Als ich sie öffne, bin ich verblüfft. Schon wieder ein Brief. Durfte ich diesen hier auch nicht öffnen, oder ist er total harmlos?
Erst als ich die kleine Schatulle, die sogar in meine Jackentasche passen würde, wieder schließe, bemerkte ich ihre wunderschönen Verzierungen. Für andere mag es wie ein geschnörkel aus goldenen und dunkel-roten Schweifen aus Holz und Gold sein. Aber für mich ist das ein Kunstwerk. Es ist eine verschnörkelte Schrift und Ranken umwölben diese.
Wenn man die Schatulle auf macht, ist auf der Innenseite des Deckels ein V zu sehen, darüber geschrieben ist ein L.
Wie auf dem Brief.
Meine Uhrgroßmutter hat sie gegründet, erinnere ich mich.
Sie ist Wunderschön.
Als ich gerade den Brief, auf dem >für Melanie< steht, öffnen will, geht ein Alarm los.
Er ist laut und klingt wie ein Feuer-Alarm. Kein Feuer-Alarm. Ein anderer Alarm. Und er klingt noch schlimmer, wie ein Feuer-Alarm mit einem Husten. Es sind einfach nur schräge Töne zusammen gemischt.
Untergemischt ist eine laute Stimme, die irgendetwas mit >Entflohen< und >beeilung< brüllt.
Ich ziehe mir meine Jeans-Jacke über und in die rechte Jackentasche stecke ich die Schatulle mit dem Brief darin. Ich werde diese Schatulle nicht verlieren.
Nun stürme ich aus meinem Zimmer. Draußen rennen alle Lehrer oder aufpasser, wie auch immer man sie nennen mag, herum.
"Was ist passiert?" fragte der eine den anderen.
"Ein Mädchen ist verschwunden. Aber sie hat ja noch den Chip." er lacht höhnisch. Was hatte sie ihm denn getan, dass sie hier eingesperrt sein muss? Das hier, hat keiner verdient....
Es klopft an meiner Tür. Bevor ich >ja< sagen kann, wird sie aufgerissen.
"Es gibt Frühstück. Beeil dich." das ist einer der "Wächter", wie ich sie ab jetzt nennen werde.
"Ich komme." Ich würde diese Schatulle nie wieder aus den Augen lassen. Sie ist jetzt das letzte von meiner Urgroßmutter und von meiner Großmutter was mir noch bleibt. Den Brief werde ich öffnen, wenn ich Zeit habe.
"Ich komme gleich." Die Tür wird erneut geschlossen. Von innen.
"Bitte. Hilf mir sie zu finden." Harry steht vor mir.
"Wen denn?" ich weiß genau, wen er meint.
"Emy. Sie ist ab gehauen. Sie ist das verschwundene Mädchen." Er fasst sich durch seine Haare und streicht somit ein paar Strähnen nach hinten. Sein Gesicht sieht sehr besorgt aus.
"Hat sie dir denn nicht gesagt, wohin sie will?"
"Nein. Also doch. Wir haben bloß gestern darüber geredet, aber ich hätte nie gedacht, dass sie es durch zieht. Aber sie hat diesen Chip mit dem man sie orten kann. Das ist unser größtes Problem gewesen." er wird nicht viel ruhiger.
"Wir sollten erst einmal ruhig bleiben." rate ich ihm "Und keine aufmerksamkeit auf uns ziehen. Du willst ja nicht, dass sie dich töten oder so etwas ähnliches. Villeicht verfolgen sie dich dann auch noch." ich überlege "Aber, villeicht kannst du heraus finden wo sie ist. Dann kannst du sie vor ihnen finden."
"Ich weiß schon ungefähr wo sie ist."
"Ich helfe dir, wenn du mir hilfst. Hast du ein Auto?"
"Ja. Wir könnten sofort los fahren."
Wenn wir weiter so laut darüber reden werden die anderen Wächter es mit bekommen.
"Wir müssen es unauffällig machen. Du kannst nicht einfach so dort raus gehen und weg fahren. Sie werden dich töten. Auch wenn wir jetzt fahren würden, sie würden uns finden und dann töten." Ich habe zu viele Filme darüber geguckt, wie man von irgendwo abhaut. Das war in der Zeit, in der ich kurz davor war es wirklich zu tun. Ich wollte von Zuhause abhauen.
"Du kennst ihn nicht." er sagt das so, als wäre Ryan nicht so ein Mensch, wie es scheint. "So böse, dass wir gleich alle umbringen, sind wir nicht. Meistens fragen wir vorher ob sie uns villeicht helfen wollen. Wir wollen, dass niemand stirbt, ohne die möglichkeit gehabt zu haben und mit ihren Fähigkeiten zu helfen und andere, die es nicht werden auf zu spüren. Er will sie benutzen, wie eine Waffe." Er sagt das, als wäre das etwas nicht so schlechtes. Als würde Ryan hier bloß versuchen, etwas was er nicht auf dieser Welt haben will weg zu schaffen, was aber nicht schlimm ist, denn die die ihm helfen werden nicht getötet.
"Verstehst du denn nicht, dass sie alle die nicht wie "normale" Menschen sind umbringen wollen? Sie wollen nur die Macht besitzen in die Zukunft sehen zu können. Oder in andere Köpfe sehen zu können. Sie wollen uns benutzen und wenn sie Emyli kriegen weil du zu laut geredet hast, wir mit ihr das selbe passieren." er wirkt beleidigt. Ignoriert jedoch meinen Komentar.
"Also, wie soll ich dir helfen?" Ich will meine Mutter retten, aber auch nach Hause. Ich muss nach Hause. Um den Brief zu finden. Und wenn ich den Brief habe kann ich ihn vernichten und er braucht Mom nicht mehr, weil es keinen Brief mehr gibt, den er benutzen kann um in die Vergangenheit zu reisen.
"Erst einmal muss ich meine Mutter befreien. Und weist du ob ... du weist schon." ob meine Großmutter noch lebt. Ich hatte etwas Zeit zum Nachdenken. Villeicht lebt sie ja doch noch.
"Nein. Ich muss dich enttäuschen. Sie wurde heute morgen eingeschläfert, da sie sich geweigert hat mit ihm zusammen zu arbeiten. Und ihm seine Ruhmvolle Zukunft vorher zu sagen." Und er hat es nicht geschafft sie zu retten?! Er hat nichts gesagt? Okay, er darf nicht auf fliegen, aber trotzdem...
"Und meine Mutter?"
"Ich kann dir dort nicht viel helfen. Sie ist im neben-Haus. Aber den Eingang kennt fast niemand. Man muss ihr suchen. Und noch dazu kommt, dass wir nie zeit haben, uns um zu sehen. Wir werden gezwungen, das zu tun was er sagt. Und dazu gehört noch, das wir am Tag eine Stunde frei haben in der wir tuen können was wir wollen, sagt er. Aber alles was er damit ausdrucken will, ist das wir Punkt 23:00 Uhr ins Bett gehen sollen und um 5:00 Uhr morgens wieder aufstehen müssen, in der Zeit dazwischen müssen wir über euch wachen. Die freie Stunde die er meint ist das Essen zusammen gefasst." erzuckt mit den Schultern und lenkt zurück zu dem Thema, wo meine Mutter ist und wie es ihr geht. "Mehr weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht, ob sie überhaupt noch lebt. Ich kann dich und sie, wenn du sie mit nehmen willst, bloß hier weg fahren. Aber wir brauchen einen Festen termin und eine Uhrzeit."
"Okay, wie wäre es mit nächste Woche Sonntag." er wird still und flucht, als wäre ihm etwas eingefallen.
"Du bekommst Sonntag deinen Chip, also zumindestens hatten sie vor, ihn dir Freitag ein zu Pflanzen." er wird still.
"Wie wäre es mit Mittwoch um 23:00 Uhr. Du wartest im Auto und ich hole Mom. Wenn wir eingestiegen sind, fährst du sofort los. Wir werden dann Emyli suchen." Ich hoffe, er sagt jetzt nicht so etwas wie, das das nicht ginge, weil da die ganzen Wächter rum laufen.
"Aber, wir müssen vor Mitternacht raus sein. Da läuft Ryan nämlich durch die Flure und kontrolliert wer in seinem Bett ist und wer nicht. Er ist Kontrollsüchtig und will, dass ihr alle entweder tot seid oder ihm gehorcht." Jetzt spricht er auch so wie ich. Kann er sich denn mal entscheiden? Und kann er mir nicht sachen erzählen, die ich noch nicht weiß? Aber ich habe ihm auch nur zur hälfte zu gehört und nur Bruchstücke von dem Mit bekommen, was er gesagt hat.
"Wir müssen zum Frühstück." lenke ich ab als die Tür auf geht und einer der anderen Wächter herein kommt. Da Harry inzwischen seine Hand auf meine Schulter gelegt hat, wippt er nur mit den Augenbrauen, so als würde er denken, wir haben eine geheime Beziehung. Er geht rückwärts wieder raus und beobachtet uns skeptisch.
"Macht nur weiter." Er sieht Harry an un wippt wieder mit seinen Augenbrauen. Wahrscheinlich hat er ein Augenbrauen-Problem.

DU LIEST GERADE
Future
Science Fiction"Renn!" flüstert er "sonst..." Er verzieht das Gesicht, als leide er unter schmerzen. Als ich mich wieder nicht bewege flüstert er wieder "Los!" Melanies Mutter war plötzlich nicht mehr Zuhause. Alles was Melanie fand, war ein Brief. Sie weiß weder...