Kapitel 4

270 26 140
                                    

Makoto sah auf die Uhr.

Noch fünf Minuten. 

Fünf Minuten bevor seine Meisterin ihn abholte und zur Prüfung brachte. Nervös betrachtete er sich in dem schäbigen Spiegel an seiner Zellenwand. Die Krawatte saß. Der Anzug auch. Er konnte keinen Staubflecken finden. Seine Schnurrhaare waren getrimmt, sein Fell glänzte geschmeidig. Makoto hätte fast gelächelt. Heute morgen hatte er zum aller ersten Mal seit seiner Gefangennahme baden dürfen. Am liebsten wäre er nie wieder aus dem Wasser gestiegen, doch niemals würde er es wagen, die Befehle seiner Meisterin in Frage zu stellen. 

Vorsichtig rückte Makoto das polierte Halsband zurecht und prüfte seine gesamte Erscheinung noch ein letztes Mal. Die Schuhe waren ordentlich zugebunden und ebenfalls poliert, die Kleidung glatt gebügelt und makellos. Die aufgeschürften Stellen durch den Maulkorb an seinen Schläfen waren bereits verheilt und auch alle Wunden waren rechtzeitig verschwunden - wie seine Meisterin es vorhergesagt hatte. Die Prüfer würden nichts merken. 

Es ist alles perfekt. Sie wird mich nicht bestrafen. Ich habe alles richtig gemacht.  

Noch drei Minuten. 

Eilig ging Makoto zu der Stelle, wo die Geheimtür aufgehen würde und wischte den grauen Teppichfetzen ab, dann ging er darauf rechts neben der Tür auf die Knie, seine rechte Seite Richtung Wand, und platzierte seine Hände vor ihm. Er beugte sich vor und presste seine Stirn auf den kalten Stein. In dieser verneigenden Haltung verharrte er und wartete. Sein Herz klopfte panisch wie vor jedem Treffen mit seiner Meisterin, doch heute war es besonders schlimm. Heute durfte nichts schief gehen. Alles musste funktionieren. Er durfte sie auf keinen Fall enttäuschen. Sonst... er wollte gar nicht daran denken. 

Die Wand öffnete sich mit einem Summen. Die Tür ging auf. Makoto hielt mit starrem Blick nach unten und leisem Keuchen seine Stirn auf dem Boden. Die klackenden Geräusche ihrer Absatzschuhe hallten auf den Fliesen im Gang. Ihr süßer Geruch wurde stärker. Sie kam näher. 

Pflanzenfresser darf ich nicht fressen. Ich gehorche ihnen. Pflanzenfresser darf ich nicht fressen. Ich gehorche ihnen. Sie stehen über mir. Sie stehen über mir. Sie stehen über mir. Sie stehen...

Ein Klacken. Das Einrasten der Führkette an dem Ring seines Halsbandes in seinem Nacken. Erleichtert atmete Makoto aus. Er war gesichert. In Kontrolle. Alles würde gut werden. 

Eine warme Hand streichelte über seinen Kopf. Zärtlich, liebkosend. »Guten Morgen, Liebling.« Makoto war versucht, sich an sie zu schmiegen, doch er wusste es besser. Er wartete ohne sich zu bewegen, bis sie das Wort aussprach. »Auf.« Sofort folgte er ihrem Befehl und stand auf. Den Blick weiterhin auf den Boden gerichtet, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Seine Meisterin umrundete ihn langsam, die dünne Kette an seinem Halsband klimperte. 

Bitte. Bitte bitte bitte lass sie nichts finden. Ich habe alles richtig gemacht. Ich habe alles...

Sie beendete ihre Runde und stellte sich wieder vor ihn. Er konnte ihre zarten Füße sehen. Sie steckten in knallroten, spitz zulaufenden High Heels. Sie schwieg. Panik stieg in Makoto auf. 

Ihre zarte Hand hob sich. Legte sie auf seine Wange und strich liebevoll mit einem Daumen über das geschmeidige Fell. »Braver Junge. Das hast du gut gemacht.« Glücklich winselte Makoto. Er hatte es geschafft. Sie war zufrieden. Jetzt konnte nichts mehr schief gehen. 

»Du darfst den Kopf heben.« 

Langsam hob Makoto seinen Kopf an. Erst die Beine. Die Hüfte. Die Brust. Das Gesicht. Sie sah umwerfend aus. Ein enger, schwarzer Rock aus pflanzlichem Leder, eine züchtige knallrote Bluse und eine dünne goldene Kette. Ihr Fell war seidig gebürstet und schlichte goldene Ohrringe zierten großen Ohren. Die Lippen waren ebenfalls knallrot. Dichte, lange Wimpern umrahmten ihre großen, tiefschwarzen Augen. Ihre Hände steckten in dünnen, schwarzen Handschuhen und ihre rechte Hand spielte verführerisch mit der Leine. Sie überwand mit einem Schritt die Distanz zwischen ihnen und presste sich an seinen muskelbepackten Körper. Ihre filigranen Hände fuhren über seine Brust.»Gefalle ich dir, mein süßer Koko?« Ihre dichten Wimpern senkten sich und hoben sich in Zeitlupe. Ihre Hüfte drückte sich gegen seine Lenden. Makoto erschauerte. Ihr kleiner Körper an seinem machte ihn wahnsinnig. Er wollte ihr die Kleider vom Leib reißen, sie auf die Pritsche werfen und über sie herfallen. Seine Meisterin wusste das. Sie spielte mit ihm. Prüfte seine Selbstkontrolle. Mit intensivem Blick sah sie zu ihm hoch, ihm, der drei Köpfe größer war. 

CARNIVORE | Beastars FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt