John

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"John ich kann nicht mehr..."
Mein Bruder rieb sich die Augen.
"Meine Beine sind schon ganz schwer."
Ich konnte es ihm nicht verdenken.
Auch ich kämpfte bereits gegen das Bedürfnis an hier und jetzt im Stehen einzuschlafen.
Und die Kälte machte es noch unerträglicher.
"Ich weiß Ben...Mir geht es genauso...Komm...",sagte ich und ging in die Hocke um ihn huckepack zu tragen.
"Ich trag dich das letzte Stück.."
Es machte mir nichts aus.
Er wog kaum etwas,und selbst wenn er mehr wiegen würde,ich würde ihn tragen.
Bis ans Ende der Welt.
Er war mein Bruder und ich liebte ihn über alles.
Er kletterte auf meinen Rücken und ich hielt seine Beine unter meinen Armen fest.
So gingen wir nach Hause.
Währe der Gedanke nicht da,etwas Geld für die Familie verdient zu haben,würde ich den weiten Weg vielleicht nicht schaffen.Ich würde vielleicht genau hier zusammenbrechen und nie mehr aufwachen.
Aber die Tatsache dass ich GELD und meinen Bruder bei mir hatte,ließ mich keinen Moment ruhen oder gar an mir selbst zweifeln.
Bald war unser Haus in Sicht.
"Endlich",stöhnte ich.
Ben war bereits eingeschlafen.
Es war nicht schlimm.Die Gefährtin meines Cheffes hatte uns Decken mitgegeben,damit wir den Weg zurück gut überstanden und heil nach Hause kamen.
Ihm war also warm.
Ich brauchte mich nicht um ihn zu Sorgen.
Ich schloss die Tür zu unserem Haus auf und legte Ben auf die alte Couch,sprintete darauf hin zur Tür um die Kälte aus unserem Haus zu grenzen.
Schließlich entzündete ich ein Feuer im Kamin,um sie endgültig zu verbannen.
Mutter war noch nicht zu Hause wie jeden Abend.
Ich sah aus dem Fenster.
Bei dem Schneesturm würde es keinen Sinn machen,zu den Vögeln zu gehen.
Man sah ohnehin schon mittlerweile kaum noch die Hand vor Augen.
Hoffentlich kamen Mutter und Raphael gut nach Hause.

Während ich mich vor dem Feuer aufwärmte holte ich den halben Leib Brot aus meinem Rucksack.
Die Dame Wernon war so großzügig gewesen und hatte ihn uns mitgegeben.
Sie hatte gesagt in so einer rauen Zeit müsse man zusammenhalten.
Ich konnte ihr gar nicht genug danken dafür.
Leute wie Mutter hätten gesagt,wir könnten ein Geschenk wie dieses nicht annehmen,doch wir mussten.
Würden wir es nicht annehmen,würden wir verhungern.
Und das wusste Mutter.
Mittlerweile nahm sie Geschenke wie diese an,selbst wenn das Moralische dahinter ihr ein schlechtes Gewissen bereitete.
Ich mein irgendwann geht selbst der Vorrat der Wenons aus.
Aber so wie ich Madam Wernon kenne würde sie selbst den letzten Krümel,selbst den letzten Schluck Milch und selbst das Letzte Hemd mit uns teilen.
Sie war eine wahnsinnig gütige Frau.Auch wenn ihr Mann manchmal murrte,er wusste,wenn ich verhungern würde,hätte er keinen arbeitsfähigen Gehilfen mehr.Die wenigen Jungs in meinem Alter die nicht beschäftigt damit waren ihre Familien finanziell zu unterstützen wahren entweder hohl in der Birne oder krank so wie Ben.
Sie waren einfach nicht stark genug um den ganzen Tag Holz zu hacken oder auf die Felder zu gehen.Ich sagte nicht,sie währen Schwächlinge,aber die Krankheit zerrte doch sehr an ihren Kräften.
Ben zum Beispiel war dem Weg zu meiner Arbeit einfach nicht gewachsen.
Währe er gesund hätte er es vielleicht geschafft.
Ich rüttelte sanft an ihm.
"Ben? Möchtest du etwas essen?
Ich habe hier ganz frisches Brot."
Er verneinte verschlafen und schloss wieder die Augen.
Also ließ ich ihn schlafen und riss mir selber ein Stückchen ab.
Es roch so köstlich und als erst das Stück in meinem Mund lag,zwischen meinen Zähnen hin und her getragen wurde,spürte ich wie wunderbar das Gefühl war etwas Brot zu spüren.
Wir hatten lange schon kein Brot in der Menge gehabt,ganz zu schweigen von FRISCHEM.
Ich konnte es fast noch immer nicht glauben.
Ein kühler Windstoß unterbrach meine Gedanken.
Mutter kam herein,vollkommen zugeschneit.
"Mutter,ich bringe dir etwas trockenes zum Anziehen!!",sagte ich und lief in ihr Schlafzimmer.
Mit einem dicken Pulli und einem warmen bequem scheinenden Rock kam ich zurück zu ihr.
Sie war bereits dabei,sich die Haare mit einem alten Handtuch abzutrocknen.
"Danke mein Schatz",lächelte sie erschöpft.
"Wo ist Raphael?",fragte ich.
"Geht es ihm gut?"
"Ja",antwortete sie.
"Er ist nur ein wenig durchgefroren.Er müsste im Stall sein."
Ich riss ein weiteres Stück Brot vom Leib und ging hinaus in die Kälte.
Es war schwierig voran zu kommen;ich sank bereits bis zum Knie im Schnee ein.
Der Stall war kaum noch als solcher zu erkennen unter der dicken Schneeschicht.
Es war ein Wunder dass er nicht darunter zusammenbrach.
Hoffentlich blieb es auch so.
Mit Mühe öffnete ich die bereits eingeschneite Tür und trat ein,schloss sie daraufhin wieder.
"Hallo John."
"Hallo Raphael.Ich habe dir Brot mitgebracht,Miss Wernon hat mir einen Leib mitgegeben."
"Das ist wahnsinnig großzügig von ihr."
Ich nickte. "Ja,sie mag Ben und mich wohl sehr..."
Ich hielt ihm das Stück auf ausgestreckter Hand hin.
Er trat näher und senkte den Kopf um daran zu riechen.
"Ganz frisch,was?"
Ich lächelte nur bei dem Glück.
Er lies sein Maul um das Brot gleiten und ich strich über seinen Hals.
"Der Ritt war bestimmt anstrengend?"
Er nickte und mir entglitt ein Seufzen.
"Kann man noch raus oder sind die Wege bereits zu eingeschneit?",fragte ich ihn.
"Du willst noch einkaufen?"
"Wir haben kaum noch Milch und das Brot wird auch nicht lange reichen."
Er wieherte.
"Dann lass uns los!"
Ich strich ihm noch einmal über den Hals.
"Alles klar."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 13, 2014 ⏰

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Der Mann den niemand sahWo Geschichten leben. Entdecke jetzt