Kapitel 2

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"So, das war dann alles für heute.", sagte der Vorstandsvorsitzende und klappte das Lehrbuch zu. Dann verabschiedete er sich und verließ den Klassenraum. Erschöpft ließ ich meinen Stift auf das Heft vor mir fallen. Ich bin kaputt. Obwohl der Lehrer den letzten Absatz zwei mal erklärte, hatte ich es wieder nicht verstanden. Und ihn noch einmal danach zu fragen war keine Option für mich. Seufzend packte ich die Schulsachen in meine Tasche. Was sollte ich nur tun? Was wenn genau dieser Absatz in der Klausur drankommen wird? Die anderen Schüler schienen es verstanden zu haben, aber warum nicht ich? Ich würde keinen der Mädchen um Hilfe bitten, so stur war ich. Und mit den Jungs sprach ich kaum.

"Hey, Ishida-san.", holte mich jemand aus meinen Gedanken. Ich hob meinen Kopf nach oben und sah Asano, der an der Tür stand.

"Wenn du dich nicht beeilst, wirst du hier eingeschlossen.", lachte der Klassensprecher. Stimmt ja, nach der letzten Stunde wird der Klassenraum abgeriegelt.

Asano und ich waren alleine im Raum. Er hatte, wie immer, den Stoff sehr gut verstanden. Das erkannte man auch gut an den Lerngruppen. Ich könnte ihn um Hilfe bitten. Aber nein! Er soll nicht denken, dass ich schwach bin. Obwohl, so sehr kümmerte es mich dann doch nicht. Verdammt! Ich muss die Klausuren mit Bestnoten bestehen!

Einige Momente stand ich da wie festgenagelt. Ich hatte tatsächlich keine andere Wahl. Mit schnellen Schritten ging ich auf Asano zu und sah ihn ernst an.
"Asano-kun! Du hast die letzten Formeln verstanden, oder?" Es war mehr eine Feststellung, als eine Frage. Ich versuchte meine Unsicherheit hinter meiner strengen Stimme zu verstecken.

"Aber natürlich.", antwortete er mit einem arroganten Lächeln. Das wird schwieriger als ich gedacht hatte.

In dem Moment kam auch schon Araki um die Ecke. "Hey, Gakushuu, wir warten schon eine halbe Ewigkeit auf dich!" Er bemerkte, dass Asano und ich alleine im Raum waren. Dann wechselte sein überraschter Blick zwischen mir und Asano. Oh nein, bitte nichts Falsches denken! Ich sah den Jungen mit den dunkelgrünen Augen finster an.

"Einen Moment bitte, Ishida-san möchte mich etwas fragen.", erklärte der Klassensprecher.

"So so, etwas fragen also,", hörte ich die Stimme von Sakakibara, der sich hinter Araki gelehnt hatte "etwa eine Liebeserklärung?"

Um Himmels Willen...NEIN!
"Verschwindet! Sofort!", befahl ich mit lauter Stimme. Jetzt hatte ich die Aufmerksamkeit des ganzen Flures auf mir.

Mein Gesicht wurde rot und Asano sah mich amüsiert an. Nein! Sieh mich bloß nicht so an du Erdbeerkopf!

Ich biss die Zähne zusammen und holte noch einmal tief Luft. "Asano-kun, du hast die letzten Formeln verstanden!", mein Gesicht wurde noch röter und innerlich schien ich zu verbrennen. Alle Blicke ruhten immernoch auf mir. Meinen Kopf hielt ich nach oben, um Asano direkt in die Augen zu sehen. Mit einem Schmunzeln sah er mich wieder amüsiert und erwartungvoll an. Er liebte es bestimmt, Menschen so aus dem Konzept zu bringen.

Noch einmal holte ich tief Luft, dann sprach ich hequält weiter.
"Asano-kun, bitte erkläre mich den letzten Absatz noch einmal! Ich habe ihn nicht richtig verstanden.", durch meinen Ton klang es mehr wie ein Befehl, statt einer Bitte. Doch das war mir egal. Aber mit jedem Wort wurde mein Gesicht röter. Es fehlte noch der letzte, und härteste Schritt. So wie es sich für die japanische Kultur gehörte, musste ich mich verbeugen. Dabei kniff ich aber meine Augen zusammen. Das alles hier war mir so unglaublich peinlich. Nicht nur, dass ich jemanden, vor allem Asano, um Hilfe bat, sondern, weil mich alle anstarrten. Ich hasste es, wenn Fremde mich so ansahen. Dennoch gab es kein zurück mehr. Auf eine Antwort wartend hielt ich meinen Kopf gesenkt.

"Wie langweilig.", hörte man Sakakibara's enttäuschte Stimme.

Dann fühlte ich eine Hand auf meinem Kopf. Für einen Augenblick fühlte es sich warm und angenehm an, doch als ich den Kopf hob, bemerkte ich, dass es Asano's Hand war, die dann anfing zu tätcheln, als wäre ich ein kleines Kind. "Und dafür hast du mich im Raum behalten?", fragte er mich lachend. Okay, es war definitiv ein Fehler. Das war mir so unendlich peinlich, ich hätte im Boden versinken können.
Genervt klatschte ich seinen Arm weg. Wie kann er es wagen?! Bei anderen Mädchen würde er es niemals tuen. Die Freundschaft unserer Väter machte uns nicht zu Freunden. Asano war offensichtlich überrascht von meiner Aktion. Araki, Sakakibara waren schon weg, und die Schüler im Flur auch.

Ein Schatten legte sich über meine Augen. Mein Gesicht war immernoch rot. "Vergib' mir die Unannehmlichkeiten und das Verhalten.", enttschuldigte ich mich mit einer emotionslosen Stimme. "Bis Morgen, Asano-kun.", mit diesen Worten wollte ich den Raum verlassen.

"Es ist unhöflich, jemanden um etwas zu bitten und dann ohne eine Antwort zu erhalten einfach so zu verschwinden.", erklärte der Sohn des Vorstandsvorsitzenden. Ohne darauf zu antworten drehte ich meinen Kopf leicht nach hinten, um ihn ansehen zu können. Mein Blick war inzwischen neutral. Asano hingegen lächelte, wie immer. Und ich wusste, dass es kein aufrichtiges war. Widerlich.

"Natürlich bringe ich es dir bei. Dafür sind Klassenkameraden doch da.", sagte er. Und, damit der Notenspiegel unserer Klasse nicht wegen dir sinkt, beendete ich seinen Satz in Gedanken. "Gehen wir.", sagte er knapp und lief vorraus. Ohne ein Wort zu sagen folgte ich ihm. Gemeinsam machten wir uns auf den Weg zur Bibliothek, aber wechselten bis dahin kein Wort miteinander.

~.~.~.~

"...Und wenn du hier 'a' herausfindest, erhältst du das Volumen.", beendete Asano, der neben mir saß, die Erklärung. Erleichtert lehnte ich mich zurück. Endlich hatte ich es verstanden. Auch wenn ich anfangs bereut hatte, ihn gefragt zu haben, bin ich am Ende doch froh darüber. Da er mir alles wichtige beigebracht hatte, gab es keinen Grund mehr für mich hierzubleiben. Schnell kramte ich mein Portemonnaie aus meiner Tasche. Asano sah mich verwirrt an.

"Also, wie viel verlangst du?", fragte ich ihn mit ernster Miene.

"Wie, wie viel ich verlange?", wollte er verwirrt wissen.

"Ich weiß, dass du mir nicht ohne Grund geholfen hast. Außerdem hasse ich es, jemandem etwas schuldig zu sein.", erklärte ich.

Hallöchen ^_^ Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen ^0^
Das Bild oben ist selbstgezeichnet.(Bitte benutzt es nicht) Das ist Ayano's Gesicht, wenn die rot wird :D

Their little secret - by minasentsukiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt