Alleine

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Es ist 00:48 Uhr.

Ich weiß nicht was ich machen soll. Ich sitze alleine an der Ostsee. Ich höre das Rauschen des Meeres, rieche das Salzwasser und die Algen. Fahre durch den feinen, hellen Sand. Es beruhigt mich jedes mal. Allerdings sitze ich hier schon seit mehreren Stunden und mir ist kalt, es ist mitten in der Nacht. Ich habe das Gefühl, dass meine Beine gar nicht mehr wirklich in der Lage sind, mich irgendwo hinzubringen, aber ehrlich gesagt will ich mich trotz der Kälte auch gar nicht fortbewegen. Der leichte Ostwind lässt mich tiefer einatmen, mich irgendwie etwas lebendiger fühlen.

Ich schaue zum dunklen Meer, nicht einmal der Mond ist zu sehen. Nur die fernen Lichter meiner Stadt, an der Bucht meines Wohngebietes. Von hier bis zu mir nachhause dauert es zu Fuß etwa 50 Minuten, auch wenn ich den Strand eigentlich direkt vor der Tür habe. Ich wollte einfach weiter weg, bis ans Ende dieser wunderschönen Kleinstadt am Meer. Zum nachdenken... oder um mal nicht zu denken. Keine Ahnung, ich weiß es selbst nicht mal wirklich.

Vorgestern habe ich mich mit meiner Freundin gestritten. Ich habe das Gefühl, dass ich ihr einfach zu anstrengend bin. Sie hat sich die letzten Tage kaum bei mir gemeldet. Sie meinte immer, sie muss was für die Schule machen. Irgendwelche Onlineaufgaben. Verstehe ich ja schon, aber ich habe trotzdem das Gefühl, dass irgendwas mit ihr ist. Ich habe sie auch schon etwas länger nicht mehr gesehen, es ist schon über eine Woche her.

Ich erinnere mich daran wie es war, als sie mal bei mir übernachtet hat, wir uns nachts rausgeschlichen haben, spazieren gegangen sind und dann genau hier saßen, wo ich jetzt sitze, aber diesmal bin ich alleine. Wir haben über unsere Gefühle geredet, gekuschelt und zusammen dem Meer bei seiner, wie ich es nenne: „eigenen Art zu reden", zugehört. Damals hat es geregnet und sie hat mir ihre Jacke gegeben. Es war 3 Uhr nachts und so schön.

Ich will mich nicht mit ihr streiten, ich will sie nicht verlieren, ich will ihr aber auch nicht zur Last fallen. Ich verfluche diese Krankheit.

Eigentlich sollte ich in diesem Moment von den schrecklichen Halluzinationen geplagt werden, denn ich bin ja wie erwähnt alleine und es ist dunkel. Komischerweise ist das aber nicht so stark der Fall. Ich spüre gerade nichts als Trauer und einen Drang, den Drang Rauschmittel zu konsumieren. Ich bin so ein dummes Opfer.

Allerdings fühle ich mich aber auch etwas besser, weil ich dagegen ankämpfe ich bin seit der Abiturzeit clean, mit Ausnahme von Cannabis, aber das sehe ich jetzt nicht wirklich als schlimm an.

Ich fühle mich aber auch besser weil ich gerade etwas Ruhe in meinem Kopf habe. Liegt wahrscheinlich an der Ostsee und am frischen Wind.

Manchmal denke ich mir, ich brauche einfach eine Auszeit von allem. Einfach dass ich mit meiner Freundin irgendwo hinfahre, wo niemand ist. Einfach nur Ruhe, weg von der Zivilisation, weg von allem, von all dem ganzen Stress. Aber dann denke nach ich und realisiere, dass es nicht geht. Von wegen Freiheit, aber wer weiß, vielleicht nehme ich einfach den nächsten Zug und fahre irgendwo hin. Mir ist gerade einfach danach.

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