•18.03.2018•
Mit geknicktem Kopf machte ich mich auf den Weg in die Klasse.
Ich zog die Kapuze meines Pullis extra tief ins Gesicht um bloß nicht angesprochen zu werden.
Vor mir liefen Viktoria und Jackie, Vikis neue beste Freundin, entlang. Sie tuschelten über irgendwas, nicht sehr unwahrscheinlich über mich.
Ich ließ mich in der letzten Reihe nieder und fing sofort an zu zeichnen.
Eigentlich war ich immer die Person gewesen, die den Unterricht verfolgt hat, aber irgendwie fehlte mir in letzter Zeit dazu die Motivation.
„Guck dir nur mal Olivia an" lachte eine Stimme von rechts neben mir. Diese Stimme gehörte Jackie. „Wie erbärmlich. Ganz alleine in der letzten Reihe. Ich wette niemand möchte mit ihr befreundet sein."
Sie starrte mich an. Wahrscheinlich wartete sie auf eine Reaktion oder Antwort von mir, ich war aber zu feige und schüchtern um ihr meine Meinung zu sagen also versuchte ich sie zu ignorieren.
Recht hatte sie aber.
Ich war alleine.
Seitdem Viki und ich uns irgendwie in verschiedene Richtungen entwickelt haben hatte ich keine richtigen Freunde mehr.
Währenddessen ist Viki zum beliebtesten Mädchen der Stufe geworden. Jeder will mit ihr befreundet sein und würde wirklich alles für sie tun.
Ich verstehe sie aber. An ihrer Stelle hätte ich auch keine Lust mehr gehabt mit so jemandem wie mir befreundet zu sein.
Wütend riss ich die Seite aus meinem College Block raus, die ich gerade bemalt hatte. Das sieht alles scheiße aus! Ich kann überhaupt nicht malen! Ich wünschte ich könnte besser malen.
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Zuhause angekommen schmiss ich mich aufs Bett und fing an zu weinen.
Das geht jetzt schon fast ein Monat so.
Fast ein Monat haben Viki und ich keinen Kontakt mehr.
Fast ein Monat kriege ich diese blöden Beleidigungen von Jackie und manchmal sogar von Viki zu hören.
Fast ein Monat.
Fast ein Monat und meine ganz Welt hat sich verändert.
Eigentlich hätte ich heute schwimmtraining, aber dazu habe ich auch keine Lust mehr. Ich bin sowieso schlechter als alle anderen dort, also warum dann noch hingehen. Eliza ist im Brustschwimmen viel schneller als ich und Yuki gewinnt immer im kraulen gegen mich. Ich bin nur überflüssig.
Das meinte zumindest Jackie letztens zu mir und sie hatte absolut recht.
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Aus purer Verzweiflung und Langeweile fing ich an aufzuräumen.
Grad als ich bei meinem Bücherregal angekommen bin viel mir ein mintfarbendes Buch auf, dass scheinbar irgendwo hinter meinen vielen anderen Büchern verloren gegangen ist.
Es handelte sich um das Tagebuch, dass Viki mir mal geschenkt hatte.
Damals waren Viki und ich noch beste Freunde gewesen. Damals gab es nur sie und mich. Heute ist sie wie eine andere Person. Hat viele Freunde, ist beliebt, geht an Wochenenden trinken, raucht, und so weiter. So war sie früher nicht.
Aber ich bin auch nicht mehr die Person die ich einst war. Bin nicht mehr so aufgeschlossen, eher in mich gekehrt, schüchtern, spreche mit niemanden, habe schon fast Angst mit jemandem zu sprechen.
Trotzdem hätte ich Viki gerne als Freundin. Warum weiß ich auch nicht.
Eigentlich sollte ich sie hassen oder?
Das könnte ich aber nie. Sie ist trotzdem die hübscheste und liebenswürdigste Person die ich kenne.
Um mich abzulenken schlug ich die erste Seite des Tagebuchs auf.
Olivia Mc Claire.
Auf der nächsten Seite hatte ich etwas über mich geschrieben. Oh Gott war das peinlich und schlimm geschrieben.
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Nach bestimmt über einer Stunde hatte ich alle Einträge gelesen und saß nun heulend vor dem Tagebuch.
Warum kann nicht alles so sein wie früher?
Plötzlich verwandelte sich die Trauer in Wut.
Wut auf Viki.
Wut auf die alten Zeiten, die nun nicht mehr waren.
Aber hauptsächlich war ich wütend auf mich.
Warum bin ICH so? Warum kann ICH nicht anders sein!?Warum musste ICH so werden? ICH bin an allem schuld!
Aus Verzweiflung riss ich alle Seiten mit schönen Erinnerungen von Viki und mir aus dem Tagebuch raus.
Also fast alle.
Meine Sicht verschwamm durch die ganzen Tränen und in diesem Moment wusste ich nicht mehr was ich tun soll.
Ich saß dort bestimmt über zwei Stunden. Meine Eltern waren arbeiten und meine Schwester bei einer Freundin also interessierte es eh niemanden.
Als ich mich abreagiert habe bereute ich es die Seiten rausgerissen zu haben.
„Klar auf so dumme Gedanken kommst wieder mal nur du!", Schrie ich mich selbst an, „hast die letzten Erinnerungen an sie zerstört!"
Und in diesem Moment nahm ich mir einen Stift und beschloss das Buch weiter zu führen.
Was genau mich dazu brachte wusste ich auch nicht.
Vielleicht war es der kleine Hoffnungsschimmer, dass zwischen Viki und mir doch wieder alles gut werden würde.
Weil wer weiß, vielleicht lesen sie und ich uns das hier irgendwann mal durch und können dann zusammen darüber lachen.
Vielleicht war es aber auch einfach nur der Wunsch jemanden oder etwas zu haben dem ich meine Gedanken anvertrauen kann. Auch wenn es sich dabei nur um ein blödes Buch handelt!
Also setzte ich mich hin und fing an meine Gedanken und Gefühle niederzuschreiben.
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Dear Diary
Teen FictionBeste Freunde für immer hatte sie gesagt. Von wegen für immer! ---- Olivia McClaire und Viktoria Verveld waren schon immer aller beste Freunde gewesen. Nichts und niemand hatte sie trennen können, bis auf einmal sich alles änderte. Ihre Freundsch...