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Eigentlich wäre es jetzt richtig zu gehen.
Erstens, weil es nicht mein Zimmer ist. Und zweitens geht es mich auch überhaupt nichts an. Aber ich stehe weiterhin in der geöffneten Tür und schaue den Jungen an, der eben noch gelacht hat. Außerdem war er es doch der mich gerade mehr oder weniger getröstet hat.
"Mach bitte einfach die blöde Tür zu."
Ich erschrecke mich, weil ich nicht gedacht habe, dass er mich bemerkt hat.
Aus welchem Grund auch immer gehe ich einen Schritt ins Zimmer rein und schließe die Tür hinter mir.
Trotz des Mutes der mich gepackt hatte um überhaupt hier rein zu schreiten, gehe ich vorsichtig zu Nolan um mich neben ihn zu setzen. Ich linse kurz aus dem Fenster und vergewissere mich dann mit wenigen kurzen Blicken wie es um ihn steht. Ich entscheide mich dafür erst zu reden, wenn er dazu fähig ist zu sprechen ohne in Tränen zusammenzubrechen.

Ich schaue stur auf die weiße Wand und verliere mich in meinen eigenen Gedanken. Wieso hat Nolan geweint? Wo ist seine Familie? Wie schlimm ist seine Krankheit? Seit wann hat er die Krankheit? Was genau macht er durch?
Über all das habe ich noch gar nicht nachgedacht. Die ganze Zeit habe ich mich auf mich konzentriert und dabei komplett vergessen, dass es auch anderen nicht rosig geht. Ich habe einfach drüber hinweg gesehen und angenommen alles passt so wie es ist. Aber nein, so ist es definitiv nicht. Jeder hat ein Päckchen zu tragen.
Manche ein schwereres als manche andere. Und wie es scheint trägt Nolan kein leichtes mit sich.
Es vergehen Minuten des Schweigens und das Einzigste was man hört ist das Ticken der Uhr. Ich lasse mein Blick wieder mal durch das Zimmer schweifen, dabei fällt mir ein Bilderrahmen auf der Fensterbank auf.
Aus der Ferne sehe ich einen Jungen der ungefähr 12 ist, höchstwahrscheinlich Nolan, und ein Mann der um die 40 ist, mehr kann ich nicht erkennem. Und ich will auch nicht aufstehen und es mir näher anschauen, denn das wäre im Moment wirklich nicht passend und respektlos.
Ich betrachte das Bild ein letztes Mal und schaue dann zu Nolan. Er hat sein Blick fest auf den Boden vor seinen Füßen gerichtet und lässt dabei sein Kopf hängen.
"Wieso bist du hier? Und könntest du aufhören mich anzustarren?" kommt es aus dem Nichts.
Einerseits bin ich ein wenig glücklich, dass er jetzt gesprochen hat und anderseits bin ich peinlich berührt dass er gemerkt hat, dass ich ihn anschaue. Deshalb wende ich meinen Blick sofort ab und widme ihn wieder der Wand vor mir.
"Ich habe einfach gedacht du könntest etwas Gesellschaft gebrauchen"
"Und wieso hast du Nichts gesagt?"
"Manchmal sind Worte überflüssig, manchmal ist die Anwesenheit ausreichend. Außerdem wollte ich, dass du den ersten Schritt machst und erst redest wenn du bereit bist."
"Bereit für was" fragt er, den Blick immer noch auf den Boden gerichtet.
"Zu sprechen ohne dass du das Gefühl hast, als ob dir die Kehle zugeschnürt wird."
Mit einem mal dreht er seinen Kopf zu mir und schaut mich voller Verständnis an.
"Anscheinend hast du Erfahrung."
"Ja, nur war es bei mir anders." gebe ich seufzend zurück.
"Wie meinst du anders?"
"Niemand konnte mich verstehen und sie wussten nicht was man mit mir machen sollte. Jeder hat dauernd irgendwas auf mich eingeredet, doch was sie sagten weiß ich nicht, denn ich habe immer alles ausgeblendet und mir nichts mehr als Ruhe gewünscht. Einfach allein zu sein. Körperlich und mental."
"Oh, das tut mir Leid"
Ich habe keine Ahnung wieso ich ihm es überhaupt erzähle, aber es tut irgendwie gut. Vorallem weil er mich versteht.
"Muss es nicht."
Nolan nickt nur und schaut auf die Wand, sowie ich auch.
Es vergeht wieder etwas Zeit wo wir einfach nur auf die Wand starren.
Ich habe keinen Plan was gerade in Nolans Kopf durchgeht, deshalb entscheide ich mich ihn mit seinen Gedanken allein zu lassen.
"Ich denke ich werde jetzt wieder gehen. Wenn was ist, weißt du ja wo du mich findest."
Als Antwort schaut er mir kurz in die Augen und nickt eher er seinen Blick dem Fenster zuwendet. Oder doch eher dem Bild? Jedenfalls stehe ich auf und schlendere zur Tür.
"Ava" sagt Nolan atemlos, als ich gerade dabei war die Tür zu öffnen.

Stroke of Fate Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt