Sternenhimmel

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Ich war nach dem Treffen wie betrunken vor Glück und komplett wia a Gsöchta ins Bett getaumelt und sofort eingeschlafen. So lag ich wie ein Stein für fast zwölf Stunden zwischen den weichen Polstern und hatte wirre Träume von Bundestagsversammlungen, Pressekonferenzen und Wahlwerbungen, aber auch vom Vollmond, der sich im Teich spiegelt und von einer ganz besonderen Begegnung.

Als ich am Nachmittag des gleichen Tages nun endlich wieder stöhnend die Augen öffnete war mein Kopf so verwirrt, dass ich nicht wusste welche Teile meiner Erinnerungen wahr waren und welche nur Einbildung und Traum. Wie jeden Morgen beim Aufwachen starrte ich auch jetzt an die gegenüberliegende Wand, doch nun war sie nicht mehr blank sondern mein meisterhaftes Shorty-Portrait schmückte sie. Ich kniff die Augen zusammen, um mich besser erinnern zu können... War ich tatsächlich mit Kurz auf ein Pegasus gestiegen und in die Morgensonne geritten? Nein, das konnte nicht sein, aber... Ich glaube ich habe ihm im Mondschein von meinem Leben erzählt und mir auch seine Geschichten angehört. Es kam mir so unwirklich vor, aber die Erinnerungen an unser Gespräch waren am klarsten und fühlten sich am echtesten an.

Ich musterte erneut das Kurz-Portrait und musste schmunzeln - was wäre wohl seine Reaktion gewesen, wenn ich ihm davon erzählt hätte oder er es sogar gesehen hätte? Vermutlich wäre es ziemlich peinlich geworden, also sollte er wohl lieber nicht davon erfahren.

Langsam kämpfte ich mich unter den Decken und Kissen hervor und versuchte auf die Beine zu kommen. Es war noch schwerer als erwartet, aber als ich es schließlich geschafft hatte, konnte ich sogleich im Spiegel sehen wie zerzaust ich aussah. Meine Haare waren ein einziges Ballawatsch, ich hatte grüne und braune Grasflecken an diversen Stellen und meine Kleidung haftete teilweise an meinem verschwitzten Körper. Ich brauchte dringend eine Dusche und danach einen starken Wiener Kaffee.

Nachdem das Nötige getan war, fühlte ich mich wieder wie frisch geboren und während ich noch mit meinem Mobiltelefon am Frühstückstisch saß, fiel mir wieder ein, dass Basti und ich uns wieder einen neuen Termin für heute 22 Uhr ausgemacht hatten.
Einerseits war ich etwas gestresst davon, weil ich mich gerade erst von letzter Nacht erholte, aber andererseits konnte ich nicht leugnen, dass ich mich freute ihn wieder zu sehen und seine angenehme Stimme wieder hören zu können. Jeder kannte den Klang seiner Stimmbänder, darum war es etwas ganz besonderes für mich Worte von ihm zu hören, die nur für mich bestimmt waren.

Den ganzen Tag über war mir warm ums Herz und als es endlich wieder Zeit war zum Park zu gehen, zitterte ich vor Nervosität. Ich spürte das Pochen in meiner Brust und den Schweiß, der sich an meinen Händen und auf meiner Stirn sammelte, doch ich überwand mich schließlich, diesmal in dickerer und hübscherer Kleidung als in der Nacht davor, das Haus zu verlassen und auf die Grünanlage zuzusteuern.

Wieder schritt ich an den Bäumen und Büschen und dem gespenstisch wirkendem Spielplatz vorbei, bis ich schließlich wieder an den Teich gelangte. Noch war weit und breit keine andere Person zu sehen, daher nahm ich auf einer Parkbank, nicht unweit von dem Ort an dem ich von dem Bundeskanzler angesprochen worden war, platz und wartete.

Ich wartete und wartete, doch niemand tauchte auf. Ich beobachtete die schlafenden Enten, ging noch ein paar Runden im Park, um zu sehen, ob er irgendwo war und inspizierte die verschiedensten Blumen, die ich in der Dunkelheit kaum erkennen konnte. Meine anfängliche Nervosität wich nach einer viertel Stunde schließlich Enttäuschung und diese Enttäuschung wich nach einer halben Stunde letzten Endes Wut. Wo war er nur? Hatte er auf mich vergessen? War der Mann von gestern wirklich Sebastian Kurz gewesen oder doch nur ein Fremder, den ich verwechselt hatte und der die Chance genutzt hatte und nun ein Spiel mit mir trieb? Oder fühlte der Hörr Bundeskanzler sich nun doch zu wichtig für mich, eine/n einfache/n BürgerIn Wiens? Hatte ich etwas falsches gesagt oder getan?

Shorty Boi | Sebastian Kurz ff Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt