Kapitel 26✔

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Ayana's Sicht

Nun saß ich hier allein und unwissend in einem fremden Tipi und wusste immer noch nicht wo genau ich war. In mir machte sich Verzweiflung breit, denn wenn die Nacht über einem zusammen bricht nähern sich mit ihr die bösen Geister. Ich konnte nichts machen außer hier zu sitzen und zu warten. Mehr lag nicht in meiner Macht.

Oder vielleicht doch? Ich musste einfach versuchen zu entkommen. Ich ließ mein Blick also ein weiteres mal durch das Zelt schweifen. Tatsächlich war es einfach nur leer außer mir und dem Mittelpfosten konnte ich nichts erkennen. Was mir jedoch nach einiger Zeit auffiel, war dass am Ende meines Sichtfeldes eine Ecke des Tipis nicht richtig gespannt war. Die Zeltwand hing verhältnismäßig locker an den Zeltstangen. Möglicherweise konnte dies mir später als Fluchtweg dienen.

Doch so weit brauchte ich wohl demnächst nicht denken, so lange ich nicht wusste wie ich mich von meinen Fesseln befreien sollte. Ich zog und zehrte an ihnen herum, bis mich die Kräfte verließen. Erschöpft ließ ich mich an den Pfahl sinken und während meine Gedanken weiter kreisten und mit der Zeit weiter abdrifteten, fielen meine Augen zu und ich sank in einen unruhigen Schlaf.

Einige Haarsträhnen fielen mir wirr ins Gesicht und ich konnte sie nicht einmal zurück streichen. Meine Handgelenke brannten an den Stellen wo ich sie mir, durch die Fesseln wund gerieben hatte. Mittlerweile waren schon ganze drei Nächte vergangen und ich saß immer noch hier. Langsam gab ich die Hoffnung auf. Suchte Winnetou überhaupt nach mir? Ich schluckte die Tränen herunter und versuchte stark zu bleiben. Denn es ist wie Folter zu wissen dass ein Unheil naht, man aber nichts dagegen machen kann außer abzuwarten und sich Gedanken zu machen. Mein Flucht Plan stand nach wie vor und war doch unmöglich ausführbar. Aber sollte ich nichts tun und abwarten? Nein auf keinen Fall! Also sah ich mich zum tausendsten mal in meinem Gefängnis um. Ich hatte keinen großen Erwartungen, schließlich machte ich den ganzen Tag nichts anderes, aber wie durch ein kleines Wunder sah ich im Augenwinkel einen kleinen Stein.

Mit müh und not konnte ich den Stein mit meinen Fingerspitzen erreichen und nahm ihn in die Hand. Mit einer geschickten Handbewegung klemmte ich den Stein zwischen den Pfosten, an welchen ich gefesselt war und meine Hände auf höhe meiner Fesseln. Ich hatte kaum Bewegungsfreiheit, und so dauerte es einige Zeit, biss ich das Seil durchtrennt hatte. Nun wo meine Hände frei waren, war es kein Problem auch die restlichen Fesseln zu zerschneiden.

Doch wie nun weiter? Ich kannte doch nur das Zelt und nicht die Umgebung. Unterbewusst war mir schon klar, dass meine Flucht scheitern musste, aber keinen Versuch zu starten war wie aufgeben und dass konnte ich nicht. Also musste ich zu dem lockeren Abschnitt der Zeltwand. Dies stellte sich allerdings als schwieriger dar als gedacht. Durch die Fesseln waren meinen Arme und Beine noch taub und ich hatte kein Gefühl in ihnen, daher es dauerte eine Weile, bis ich sie wieder normal bewegen und benutzen konnte.

Die Zeltwand war tatsächlich nicht richtig gespannt und ich konnte sie anheben und unter ihr hindurch nach draußen sehen. Draußen wurde es soeben hell und es war noch kein Mensch zu sehen, also ideal um zu entkommen. Leider konnte ich mich noch nicht komplett unter dem Zelt hindurch schieben, sondern musste das Loch vergrößern. Dies gelang mir mit geringem Zeitaufwand in dem ich mit meinen Händen eine Kuhle in den Boden grub. Trotzdem lief mir die Zeit davon und ich musste mich nun umso mehr beeilen. Ich schob mich mit dem Kopf voran ins Freie und verschaffte mir als erstes einen Überblick.

Ich befand mich in mitten des Komantschendorfes. Da ich auf der Rückseite meines Zeltes war konnte ich nicht feststellen ob Wachen vor dem Eingang saßen, aber ich musste davon ausgehen. Folglich musste ich in die Richtung fliehen, in welche ich so eben blickte. Das war ungünstig, da ich so an vielen Tipis vorbei musste, aus denen doch jederzeit ein Indianer hervortreten konnte. Ich musste also all meine Fertigkeiten einsetzen und schnell und leise zwischen den Zelten hindurch schleichen.

Ich kroch also vollendet aus dem Zelt und weiter hinter eines der nächsten Tipis, ab wo ich es mir getraute aufzustehen und von nun an zu laufen. Da ich aber dringend ein Pferd benötigte um von hier weg zugelangen, konnte ich das Lager nicht auf dem schnellsten Weg verlassen, sondern musste am Rand entlang nach der Pferdeherde Ausschau halten. Dabei durfte ich nicht außer acht lassen, dass die Komantschen ebenfalls Wachen aufgestellt hatten. Mussten sie doch davon ausgehen, dass die Apatschen mich zurück holen wollten.

Endlich entdeckte ich in der Ferne viele große Punkte die wohl die Pferde seien mussten. Sie grasten friedlich auf einer großen Grasfläche, die ihnen mehr Futter bot, als sie in direkter Nähe des Dorfes gefunden hätten. Ich näherte mich über einen Umweg an und erspähte aus der Ferne dass nur ein Wächter bei den Pferden war. Vermutlich ging seine Wache bald zu Ende, denn er war so unaufmerksam und schläfrig geworden, dass er nicht mehr darauf achtete, dass die Pferde in seiner Nähe blieben. Vermutlich war er sogar eingeschlafen, was mein Glück war. Die Pferde waren so weit von einander verteilt, dass ich gar nicht weit auf die offene Fläche zu treten hatte um mir ein gutes Pferd aus zu suchen. Eine kleine Fuchsstute viel mir direkt ins Auge. Zwar wusste ich nicht so viel von Pferden wie Winnetou aber der Glanz in ihren Augen und ihr stabiler Körperbau ließ mich darauf schließen, dass ich es mit einem leidlich guten Pferd zutun hatte. Als ich mich ihr annäherte senkte sie den Kopf und kam mir einige Schritte entgegen.

Sie ließ mich ohne Probleme aufsteigen und machte brav was ich von ihr verlangte. So kam es dass ich ohne, von nur einem Komantschen entdeckt der Gefangenschaft entfliehen konnte.

Ob wohl ich in dieser Gegend noch nie war wusste ich doch, dass mein Weg zurück zum Pueblo der Mescalero nach Westen führte und diese Richtung konnte ich an Hand des Sonnenstandes leicht erkennen und ein halten.

Liebende finden sichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt