X. Vaterstolz

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Cedric und die Maulende Myrte

Sein Schluchzen war leise und stetig, wie das Wimmern eines verwundeten Tieres. Tränen rannen über seine erhitzen Wangen, verfingen sich in seinen dichten Wimpern und mischten sich mit dem warmen Wasser, das ihn umgab. Obwohl ihm stetige Hitze in die Wangen kroch und die blubbernden Seifenblasen, die in schillerndsten Farben vom Grund zu ihm heraufstiegen, so heiß waren, dass sie ihm schier den nackten Körper verbrannten, zitterte er am ganzen Leib. Roter, grüner und blauer Nebel erfüllte den Raum, waberte, bedeckte seine entblößte Haut und bannte ihn in einen Dampf aus Rosen und Lavendel. Langsam hob er seine vom Wasser aufgeweichte Hand und wischte die Tränen hinfort, doch kaum hatte er sie wieder sinken lassen überkam ihn ein weiter Schluchzer und er zog die Beine hoch, hinauf zum Kinn und vergrub sein Gesicht in den nackten Knien.

Cedric Diggory war froh, das Bad der Vertrauensschüler an diesem Abend ganz für sich alleine zu haben. In der letzten Zeit kam es zu seinem Bedauern äußerst selten vor, dass er einmal Zeit für sich hatte. Ständig war Trubel um ihn herum, Trimagisches Turnier hier, Trimagisches Turnier da, die Lehrer, die in diesem Schuljahr, seinem letzten auf Hogwarts, mehr denn je von ihm abverlangten und nicht zuletzt die hunderte Mädchen und Jungen aus Hogwarts, Beauxbaton und Durmstrang, die ihm auf Schritt und Tritt folgten, mit ihm reden, lachen und Zeit verbringen wollten, koste es, was es wolle. Dann die Medien, die Zeitungen, die Klatschblätter und Radiosender, die ihm bei jedem Hogsmeadeausflug, hinter jeder Hauswand, jeder Tür und in jedem noch so heruntergekommenen Lokal auflauerten und versuchten, eine heiße Story über den berühmten Hogwartschampion Cedric Diggory aus ihm herauszukitzeln. Und zuletzt: Seine Eltern. Die täglichen Briefe seiner Mutter, die nach seinem Befinden fragten und die wöchentlichen Besuche seines Vaters, der ihm jedes Mal stolz auf die Schulter klopfte, wenn Cedric verkündete, dieses Rätsel oder jene Aufgabe gelöst zu haben.

Doch waren es gerade letztere, die wöchentlichen Besuche seines Vaters, die ihm so zu schaffen machten. Die ihn aufschluchzen ließen, zittern und weinen. Wegen denen er zusammengekauert da saß, umgeben von dem süßen Dampf des Vertrauensschülerbades. Cedric war es leid. Er war es leid, dass sein Vater sich nun, zum ersten Mal nach Jahren, ernsthaft für ihn interessierte, jetzt, wo die Augen von ganz England auf ihn gerichtet waren. Er war es leid, dass sein Vater, wenn er ihm seinen wöchentlichen Besuch abstattete, nie danach fragte, wie es Cedric eigentlich erging, was es mit ihm machte, dass sein Leben bei diesem Turnier auf dem Spiel stand, wie seine Mutter es tat. Er war es leid, dass sein Vater ihm nur dann eines seiner seltenen, roswangigen Lächeln zu warf, ihm nur dann väterlich stolz auf die Schulter klopfte, wenn Cedric in diesem Turnier Erfolg erlangte. Und zuletzt war er es leid, dass er sich überhaupt und nur seines Vaters wegen bei dem Schulwettkampf angemeldet hatte. Klar, er war mächtig stolz gewesen, als er dort gesessen hatte, im Versammlungszimmer mit den anderen Champions, in seinen Ohren noch immer die Stimme Dumbledores, die donnernd seinen Namen verkündete und bekannt machte, dass er, Cedric Diggory, vom flammenden Feuerkelch ausgewählt worden war. Selbstbewusst und eine Spur ungläubig hatte er die Brust gereckt und gebannt darauf gewartet, dass diese aufbrausende Neuigkeit seine Eltern erreichte. Diese waren aus dem Staunen gar nicht mehr herausgekommen, seine Mutter hatte ihn in die Arme geschlossen, umgehend, zärtlich und mit Tränen in den Augen und ihn mit Kesselkuchen und den Lakritzzauberstäben, die er als Kind so gern gegessen hatte, überhäuft. Sein Vater hatte die Mundwinkel zu etwas verzogen, dass wohl eines seiner seltenen, ehrlichen Lächeln seinem Sohn gegenüber darstellen sollte und ihm mit einem gemurmelten "Gut gemacht, Junge" auf die Schultern geklopft. Und da hatte Cedric das erste Mal das Gefühl gehabt, dass sein Vater ihn mochte. So hart es klang: Mehr als duldendes Schweigen und den jährlichen Besuchen der Quidditch Weltmeisterschaft waren von ihm nicht ausgegangen. Siebzehn Jahre lang.

Umso größer war Cedrics Freude ein halbes Jahr zuvor also gewesen, als sein Vater, kaum hatte er erfahren, dass sein Sohn, sein eigen Fleisch und Blut, die Hogwartsschule beim Trimagischen Turnier vertrat, angereist kam und diesem, väterlich und stolz, wie es selten vorkam, gegenübertrat. Doch diese überraschende Zuneigung war wenig später auch schon wieder verflogen, als es daran ging, sich vorzubereiten, zu trainieren und Rätsel zu lösen. Denn alles, was sein Vater tat, ob es trauliche Gespräche waren, kleine Geschenke oder langatmige Trainingsstunden, war um des Sieges Willen. Für den Erfolg. Für den Preis, den Ruhm, das Gold. Nicht zum Spaß, zum Wohlergehen, geschweige denn zur Zusammenführung der Zaubererschulen. Es ging nicht darum, dass Cedric gefiel, was er machte, wie es ihm dabei erging, was es mit ihm machte, mit einem Mal im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit eines ganzen Landes zu stehen. Nein, alles was zählte war der Sieg.

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