Kapitel 9

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"Mr. Rodriguez! Ich dachte, Sie sind nicht mehr hier!", stottere ich und erröte sofort. Hoffentlich hat er nicht gesehen, wie ich an seinen Schubladen gerüttelt habe. Er würde mich sofort für eine Stalkerin halten und mich feuern. "Ich habe wichtige Unterlagen vergessen." Er grinst. "Oh, okay. Soll ich später wieder kommen?", frage ich leise. "Nein, bleiben Sie ruhig hier, meine Liebe." Mr. Rodriguez geht zu seinem Tisch und öffnet eine der Laden mit einem kleinen Schlüssel. Ich muss ihn einfach anstarren und es wäre jetzt viel zu peinlich zu staubsaugen. Plötzlich erinnere ich mich an eine Frage, die ich ihm unbedingt stellen muss. "Warum haben Sie mir eine Anfrage geschickt?" Kurz nachdem ich diese Worte ausgesprochen habe, bereue ich sie augenblicklich wieder.  "Wieso nicht?", überlegt er laut. "Sie wirken ausgesprochen sympathisch!", fügt der attraktive Mann hinzu. "Oh, vielen Dank!", murmele ich zurück. "Und Sie haben ja auch angenommen, nicht wahr?" Er schließt die Schublade wieder, sperrt ab, legt die herausgenommenen Unterlagen auf die Tischplatte und kommt näher zu mir. Mir steigt der unwiderstehliche Duft seines Parfums in die Nase. "Ja, habe ich." "Nun dann, was denken Sie denn von mir?" Meine Gedanken überschlagen sich. Ich habe keinen Dunst, was ich darauf antworten soll. "Tut mir leid, wenn ich Sie mit dieser Frage überfordert habe." Mr. Rodriguez kommt mir immer weiter entgegen bis er so nahe ist, dass ich die kleinen braunen Pünktchen in seinen grünen Augen sehen kann. "Sie müssen auch gar nichts mehr sagen!", wispert er mit rauer Stimme und küsst mich sanft. Mich trifft so ein arger Strom an Gefühlen, dass ich eigentlich tot umfallen müsste. Als er seine Lippen wieder von meinen löst, zittere ich einwenig. Er ist ein unglaublicher Küsser. "Nennen Sie mich ab jetzt Gabriel.", tönt er und rauscht davon. Ich muss mich kurz setzen. Ich kann nicht glauben, was gerade passiert ist. Er ist der Boss von LC und ich bin die Putzfrau. Warum küsst er mich? Wahrscheinlich hatte er einfach spontan Bock darauf und ich war die Einzige die verfügbar war. Jedoch bemerke ich im Augenwinkel die Unterlagen, welche noch auf dem Tisch liegen. Ich will sie ihm sofort bringen, aber mir fällt auf, dass es alles unbedrucktes Papier ist. War dies etwa nur ein Vorwand um mich zu sehen?

Nachdem ich schließlich doch noch geputzt habe, mache ich mich auf den Heimweg und hoffe, dass Nicolas noch auf ist. Ich muss ihm sofort die ganze weirde Story über Mr. Gabriel Rodriguez erzählen.

Ich habe Glück. Als ich ins Wohnzimmer komme, liegt er Chips futternd auf dem Sofa und schaut Spongebob. "Hey, Elena. Auch mal da? Es ist schon nach Mitternacht?" "Ja, es ist was total abgefahrenes passiert." Dann erzähle ich ihm alles. Von der ersten Begegnung bis zum Kuss heute Abend. "Was? Der Manager? Geh zur Polizei! Das ist doch sexuelle Belästigung!", meint Nicolas entgeistert. "Nein! Naja, ich weiß nicht. Es ist ja nichts passiert!", wehre ich sofort ab. "Gefällt dir der Kerl?", fragt mein Mitbewohner neugierig. "Ja, schon. Ich mein, sieh ihn dir doch an. Und er küsst so WAHNSINNIG gut." Nun fange ich etwas an zu schwärmen. "Wie du meinst, aber falls mal was passieren sollte, was nicht mehr in Ordnung ist, geh zur Polizei, bitte!" "Ja, ja, Nicolas. Mach ich ja!" Danach reden wir nicht mehr über den heutigen Zwischenfall. 

Am nächsten Tag bin ich wieder den ganzen Vormittag in der Uni, rausche kurz nachhause, mache ein Nickerchen und düse dann wieder zu LC. Leider treffe ich bis am Donnerstag nicht mehr auf Gabriel. Ich muss mir nun angewöhnen, ihn nicht mehr Mr. Rodriguez zu nennen. 

Am Freitag jedoch sehe ich unter seiner Bürotür Licht flackern. Es ist 10 Uhr abends, eine doch recht ungewöhnliche Uhrzeit um noch dort zu sein. Sein Büro ist wieder das letzte für mich und ich bin am Überlegen, ob ich reingehen soll oder nicht. Plötzlich öffnet sich die Tür. Ich bereite mich darauf vor, Gabriel zu sehen, doch ich sehe eine etwa 1,75m große, schlanke, gebräunte Frau mit langen, brünetten Haaren, die sie zu einem lässigen Zopf gebunden hat. "Bye, Gabriel. Wir sehen uns!", zwitschert sie mit quietschiger Stimme. Man hört Gabriel noch sagen:"Bye, Tanja!" Sofort werd ich sauer. Hat der immer irgendwelche Frauen da drinnen? Jedoch muss ich noch bei ihm vorbeischauen und putzen. Schließlich bezahlt der Kerl mich ja. 

Ich klopfe energisch an und höre sogleich ein:"Bitte?" Sein Mund zieht sich sofort zu einem Lächeln als er mich sieht. Ich erwidere dieses aber nicht und frage bloß trocken, ob ich denn sein Büro heute machen soll. Gabriel ist offensichtlich erstaunt über meine schroffe Art, schüttelt dann aber den Kopf. "Nein, ich werde noch länger hier sein heute. Also nicht nötig!" Man merkt kaum, dass zwischen uns diese Woche noch ein so intimer Moment stattgefunden hat. Also gehe ich in Richtung Umkleide und kämpfe mit den Tränen. 


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⏰ Letzte Aktualisierung: May 26, 2020 ⏰

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