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Heute ist der letzte Schultag vor den Ferien und das produktivste heute war Stadt-Land-Fluss spielen, während einer recht langweiligen Dokumentation in Geographie über irgendeine Gesteinsformation. Sonst haben wir nur Spielfilme geschaut und gefrühstückt, für sowas ist man selbst in der Oberstufe nicht zu alt und auch die Lehrer scheinen das lieber zu machen, also uns noch irgendwelchen Schulstoff einzuprügeln. 

Ich stülpe mir beim Gehen meine Mütze über den Kopf und warte schließlich in der Pausenhalle auf Clara und Gareth, damit wir zusammen los können. An die Wand gelehnt schaue ich mich ein wenig in der Halle um. Alle scheinen ausnahmslos glücklich zu sein, jeder drückt sich, wünscht sich frohe Feiertage. Lachen dominiert die allgemeine Geräuschkulisse. Mein Blick bleibt bei einer roten Mütze und dem hübschen Kopf der daruntersteckt hängen. 

Elijah kommt gerade die Treppe zu den Klassenräumen herunter und scheint mit seinen Blicken jemanden zu suchen, bestimmt Sonny. Doch sein Blick bleibt an mir hängen und sein Gesicht erhellt sich, als er mich sieht, so kommt es mir zumindest vor. Elijah steuert geradewegs mit einem breiten Lächeln auf mich zu und scheint dabei ein Schritt schneller zu gehen, als der Durchschnitt hier. 

"Ich hab noch was für dich", begrüßt er mich und kramt nach was in seinem Rucksack. Er hat was für mich? Ein Geschenk? Mein Herz beginnt zu hüpfen."Naja, beziehungsweise ich hab noch was von dir.", korrigiert er sich und zieht dann mit etwas viel Schwung einen Stapel Klamotten aus dem Rucksack und reicht sie mir. Es sind die Sachen, die ich ihm nach dem Weihnachtsmarkt-Regendebakel gegeben habe. "Danke", murmle ich mit roten Wangen, beschämt darüber, dass ich ehrlich dachte, Elijah würde mir was schenken. Aber das ist auch gut, es sind immerhin Sachen die er getragen hat und hoffentlich nach ihm riechen. Die nasse Kleidung auf der Heizung hatte Elijah nämlich bei mir zuhause vergessen und bevor ich ihm sie zurückgegeben habe, habe ich regelmäßig mit seinem Pulli im Bett geschlafen, weil er so gut roch. 

"Besser zu spät als nie", bemerkt Elijah dann noch altklug, auch nur um sich dafür zu rechtfertigen, dass schon fast drei Wochen vergangen sind, seid dem ich ihm die Klamotten gegeben habe. Ich nehme die Kleidung entgegen und stopfe sie dann mit immer noch leicht roten Wangen in meine Tasche. Hinter Elijah erkenne ich, wie auch langsam meine Freunde die Treppe herunter kommen. Claras Gesicht ziert ein breites Grinsen, als sie Elijah erblickt, sie packt ihren Freund am Ärmel und zieht ihn mit sich in großem Abstand an mir vorbei. Ein Augenrollen kann ich mir gerade noch so verkneifen, wie kindisch. 

"Ich wünsche dir schöne Feiertage.", sag ich mit ehrlichem Lächeln und schaue in Elijahs schöne Augen, er erwidert mein Lächeln. "Danke, dir auch und einen schönen Geburtstag", fügt er noch hinzu und lächelt verschmitzt, ich muss schmunzeln. Am meisten werde ich ihn in den Ferien vermissen, ihn und sein süßes Grinsen, fast hätte ich sehnsüchtig geseufzt. Ich will mich gerade verabschieden und umdrehen, um meinen Freunden hinterher zulaufen, die sich schon nach draußen verdrückt haben, als Elijah mich noch in eine Umarmung zieht. Ich schließe die Augen, das ist jetzt das zweite Mal, dass er das tut, aber immer noch so schön wie das letzte Mal. 

Der Geruch von Limette und Sommerregen steigt mir in die Nase. Er riecht nach Sommer und obwohl ich dem Sommer nichts abgewinnen kann, liebe ich diesen Geruch. Die Umarmung ist zwar im Durchschnitt etwas zu lang, aber trotzdem hätte sie noch länger sein können. Mein Herz schlägt wie verrückt, als wir uns wieder voneinander lösen, ich ein schnelles "tschüss" murmle und beinahe fluchtartig davonlaufe. 

Kalter Wind schlägt mir ins Gesicht, als ich nach draußen gehe und ich atme erstmal gierig die frische Luft ein, mir ist unnatürlich warm. Am liebsten würde ich jetzt erstmal stehen bleiben um meinen Herzschlag zu beruhigen, der nach dieser Umarmung verrückt zu spielen scheint, aber ich will noch meine Freunde einholen. In der Ferne erkenne ich noch den auffälligen rosa Haarschopf von Clara, die beiden wollten jetzt also allererstes ohne mich abhauen, ich schnaube empört, ehe ich in ein Joggtempo verfalle um sie noch einzuholen. 

Joyeux NoëlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt