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Die Welt um mich herum ist stehen geblieben, nichts mehr um mich herum existiert noch, nichts mehr außer Elijah und Ich. Seine warmen Hände liegen auf meinen kalten Wangen und sorgen zusammen mit seinen Lippen für das wohl berauschendste Gefühl überhaupt. Mein Bauch kribbelt, mein Herz schlägt im dreifachen Takt und ich wünsche mir, dieser Moment würde nie enden. In einem sanften Rhythmus bewegen unsere Lippen sich synchron und der Kuss wird immer inniger. 

Elijah ist im Endeffekt derjenige, der Verbindung löst und legt schweratmend seine Stirn gegen meine, während seine Hände in meinem Gesicht verweilen und mein berauschter Verstand sich fragt, ob das gerade wirklich passiert ist. Aber das kalte und leere Gefühl auf meinen Lippen scheint für mich Bestätigung genug und ich schaue Elijah wieder in die Augen, seine Pupillen scheinen stärker geweitet und sein Gesicht ist rot. 

„Wie ich das vermisst habe.", flüstert er heiser, seufzt und schließt dann genießerisch die Augen, als erinnere er sich an etwas zurück. Diese Worte brachten mich jedoch aus der Fassung und ich runzle die Stirn. Was hat Elijah vermisst? Wie es ist jemanden zu küssen? Hat er mich vermisst? Hat er es vermisst mich zu küssen, auch wenn das überhaupt nicht sein kann? Ich löse mich leicht von Elijah und lasse meine Hände bis zu seinen gleiten um sie miteinander zu verschließen, mindestens den Körperkontakt brauche ich. Ich lege meinen Kopf fragend schief. „Wie meinst du das?", spreche ich irritiert meine Frage aus. Jetzt scheint auch Elijah verwirrt zu sein, denn er zieht seine Brauen zusammen und mustert mich mit einem undefinierbaren Blick. Sofort bereue ich meine Frage, dass ich den schönen Moment einfach so zerstört habe. 

„Karneval, dieses Jahr.", versucht er mich aufzuklären und spricht diese Worte so aus, als müsste ich sofort Bescheid wissen, aber verwirrt mich damit nur noch mehr. Ich gebe ein verdutztes „Hä?!" von mir und sorge damit dafür, dass er unsere Verbindung endgültig zerstört und noch einen Schritt zurückgeht. Ich werde leicht panisch, ist jetzt etwa alles vorbei? „Ich kann mich an nichts mehr von Karneval erinnern.", kläre ich leicht verzweifelt auf, in der Hoffnung Elijah kommt wieder näher, aber er bleibt weiterhin dort stehen. Es war das Karneval, nachdem ich entschieden hatte, das Alkohol wohl doch nicht das Beste für ist, weil ich mit einer heftigen Alkoholvergiftung und einem komplett Blackout im Krankenhaus gelandet bin. „ich bin total abgestürzt, Alkoholvergiftung." Elijahs Gesicht entkrampft sich etwas und er scheint, als würde er jetzt die Situation verstehen. „Achsoo.", macht er und wird rot. Ich starre ihn immer noch verwirrt an und hoffe er klärt die Lage jetzt auf, denn ich weiß nicht, was ich Karneval gemacht habe, nur, dass es unglaublich peinlich gewesen sein muss, wenn Elijah involviert sein musste. „Dass du betrunken gewesen bist habe ich auch bemerkt.", merkt Elijah dann an und schmunzelt. „Du bist zu mir gekommen, am Toilettenwagen, hast irgendwas gesagt und mich dann geküsst.", erzählt er mir und reibt sich kurz übers Gesicht. Mir steht der Mund offen. Ich soll Elijah betrunken an Karneval geküsst haben? Auch wenn ich betrunken war, würde ich mich sowas eigentlich nie trauen. Ich weiß nicht einmal mehr genau, ob er da gewesen ist, noch was für ein Kostüm er gehabt hat. 

„Du warst als Eisbär verkleidet und unglaublich süß.", schildert Elijah weiter und ich merke, wie ich immer roter werde, dass ich süß war, halte ich für eine Lüge, niemand ist süß, wenn er total betrunken fremde Menschen küsst. Obwohl ich zu dem Zeitpunkt auch schon total auf Elijah stand. „Seitdem gingst du mir nicht mehr aus dem Kopf.", sagt er, etwas leiser und mit leicht belegter Stimme und geht wieder einen Schritt auf mich zu, so, dass wir wieder dicht voreinander stehen. „Ich kann mich an gar nichts mehr davon erinnern.", murmle ich ungläubig und verstecke mein Gesicht kurz hinter meinen Händen. Ich gehe Elijah seit Karneval nicht mehr aus dem Kopf, wäre ich nicht so beschämt wegen der Kussaktion, würde ich jetzt vermutlich vor Freude Luftsprünge machen. 

„Aber warum hast du mich denn nie angesprochen, wenn du mich mochtest?", hauche ich leise und beobachte, wie dabei weißer Atem meinen Mund verlässt. Elijah zuckt nur mit den Schultern. „Ich war wohl unsicher, auch weil du so getan hast, als wäre nie etwas passiert.", erklärt er mir. Und ich schaue Elijah zweifelnd an. Er und unsicher? Das wäre ja mal was ganz neues. „Für mich ist ja auch nie etwas passiert.", sage ich verzweifelt. „Ja das weiß ich ja jetzt auch." „Und warum bist du dann plötzlich doch auf mich zugekommen?", hake ich dann nach, denn irgendetwas muss Elijah ja dazu bewegt haben, doch Kontakt zu mir zu suchen. „Weißt du, ich hab irgendwie immer gedacht, du wärst mit diesem rosa Zwerg zusammen.", gibt Elijah peinlich berührt zu und meidet meinen Blick. Ich brauche ein wenig um zu realisieren, was er damit meint, mit rosa Zwerg. „Ich und Clara? Niemals", rufe ich amüsiert, beinahe hysterisch aus, diese Vorstellung ist dermaßen absurd, noch absurder, als dass Elijah mich mag. „Selbst wenn ich hetero wäre und wir beide die letzten Menschen auf der Erde, würde ich wohl nie etwas mit Clara anfangen können.", gackere ich um klar zu machen, dass ich und meine beste Freundin wohl nie mehr, als nur beste Freunde sein können. „Ja, das weiß ich ja jetzt auch." Elijah wirkt leicht beschämt darüber, dass er sich so geirrt hat, aber ich weiß selber, wie schnell man sich sowas zusammenspinnt, eine zeitlang habe ich mir eingeredet, er hätte was mit Sonny. 

„Auf der Feier bei Ophelia, wo Clara und Gareth rumgemacht haben, da ist mir das erstmal der Gedanke gekommen, dass ihr vielleicht doch nicht zusammen seid und dann habe ich Sonny gefragt.", klärt er mich auf und ich muss leicht schmunzeln, als ich an dieses ganze hin und her zwischen meinen besten Freunden zurück denke. „Und dann bist du in meinen Kurs gewechselt und hast mit mir geredet.", flüstere ich ungläubig und Elijah nickt bestätigend. „Und ich habe mit dem Rauchen aufgehört. Dann dachte ich das erste Mal, dass ich Chancen bei dir habe.", sagt er ebenso im Flüsterton und ich kann nicht anders, als Elijah für diese Aussage wieder in einen Kuss zu ziehen. Elijah hat allen Ernstes für mich mit dem Rauchen aufgehört, die ganze Zeit in der ich dachte ich nerve ihn nur, wollte er mich für sich gewinnen. Ich löse mich aus dem Kuss wieder, um etwas anzumerken, was mir augenblicklich durch den Kopf geht. 

„Also das alles hier.", ich nicke zwischen uns beiden hin und her. „Hätte schon nach Karneval sein können?", frage ich vom Luftmangel leicht keuchend. Und Elijah zuckt mit den Schultern und nickt. „Ja schon, aber ist es nicht jetzt im Winter viel schöner?" auch wenn er mich mit dieser Antwort vollkommen überzeugt hat, male ich mir aus, wie schön es wäre, wenn wir beide schon vor Monaten unsere Gefühle füreinander bemerkt hätten. „Ich hätte mich gerne an den Kuss erinnert.", gebe ich zu, es ist äußerst unbefriedigt, so etwas einfach zu vergessen, so einen wichtigen Moment. „Ist vielleicht besser so, ich hatte kurz davor geraucht und danach hättest du bestimmt nichts mehr von mir wissen wollen", erzählt Elijah schmunzelnd und ich nicke leicht. „Vielleicht.", murmle ich auch, wenn ich mir da sehr unsicher bin, denn für jemanden wie Elijah kann man auch über so etwas hinwegsehen. Trotzdem bin ich auch froh, dass er nicht mehr raucht und der erste Kuss, an dem ich mich auch erinnern kann auch nicht nach Rauch schmeckt. „Du hast übrigens nach Wodka-O geschmeckt.", erzählt Elijah mit schelmischen grinsen und ich werde wieder rot. Da meine Mische ist viel zu stark gewesen ist, habe ich mich hauptsächlich damit abgeschossen, bis heute kann ich keinen Osaft mehr trinken, ohne das mir schlecht wird. 

Wie von automatisch verbinden sich unsere Lippen wieder, nachdem wir beide uns nur in die Augen geschaut haben. Mein Herz klopft wild und ich fühle mich von den Glücksgefühlen komplett berauscht, nie hätte ich mir je ausgemalt, dass es dazu kommen würde, dass Elijah und ich uns küssen. Und jetzt passiert es schon zum dritten Mal, zum vierten, wenn man es genau nimmt, aber ich nehme es nicht genau. Heut war mein erster Kuss mit Elijah, heute und nicht anders. 

Etwas Kaltes, Nasses berührt meine Wange, verwirrt löse ich mich, genervt davon, dass dieser schöne Moment wieder unterbrochen wird. Als ich Elijah anblicke, erkenne ich erst was los ist. In seiner Mütze haben sich kleine, weiße Flocken verhangen die leise vom Himmel rieseln. Lachend lasse ich meinen Blick nach oben zu dem grauen Himmel gleiten und beobachte wie mehr und mehr Flocken auf uns zu kommen. „Alles Gute nachträglich.", scherzt Elijah und ich lache. Alles was ich mir zum Geburtstag und  Weihnachten gewünscht habe, war Schnee, aber das, was ich bekommen habe ist viel schöner. Ungläubig schaue ich Elijah an. „Und wie hast du das angestellt?", frage ich lachend und halte meine Hand auf um sie von den Flocken benetzen zu lassen. „Ich habe meine Kontakte spielen lassen." Er zwinkert mir zu und ich ziehe ihn wieder für einen Kuss zu mir. 

Und während wir am Rhein stehen und uns immer und immer wieder küssen, wirbeln unzählige Schneeflocken, getrieben vom Wind um uns herum. Dieser Moment ist einfach nur magisch, alles um uns herum ist egal, nur der Schnee rieselt, es ist als wären wir in einer riesigen Schneekugel. Nur wir beide, für immer. Und ich wusste, dass ist der schönste Winter überhaupt.




ENDE 

Joyeux NoëlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt