Zwei Tage bis Weihnachten. Ist das zu fassen?! Und ich freute mich schon darauf. Wow. Ich bin selbst von mir überrascht. Mit einer Tasche Kaffee wanderte ich durch mein Haus und räumte auf. Weihnachtsmusik klang durch mein Haus, nach einer Weile war sogar die Unordnung beseitigt und der Kaffee war alle.
Ich stellte die Tasse in die Spüle und reckte mich dann. Kurz warf ich einen Blick nach draußen und musste feststellen, dass es in Kübeln goss. Ich rümpfte leicht die Nase, jedoch erstrahlte ich sofort wieder, als ich Gabriel sah, wie er aus sein Haus ging, die Jacke über seinen Kopf zog und zu meiner Tür rannte.
Sofort rannte ich zur Haustüre, wartete bis er klingelte und riss sofort die Türe auf. „Das ging aber schnell", stieß er lachend hervor und musterte mich grinsend. „Hast du vor der Türe etwa gewartet, Emma?" Ich lachte gekünstelt und antwortete schnippisch: „Nö. War in der Gegend." „Du warst in der Gegend?", wiederholte er ungläubig und lachte herzhaft. „Okay. Ich lass dich im Glauben, dass ich dir das abkaufe." Dann trat er ein, schüttelte die Regentropfen von seiner Jacke und strich mir dann eine Strähne aus den Gesicht. Durch meinen Körper wurde ein Feuer geschickt, dass ich sofort verdrängte. „So. Was ist heute dran?", fragte ich und sah ihn leicht aufgeregt und hibbelig an.
Gabriel lächelte mich an, bevor er antwortete: „Heute geht es nicht um uns beide. Heute geht es um deine Familie. Ich möchte gerne, dass du sie anrufst und heute mit ihnen den Tag verbringst. Es ist wichtig, dass du ein gutes Verhältnis zu ihnen hast. Familie ist wichtig. Nicht jeder hat das Glück eine Familie zu besitzen."
Dabei sah er so unendlich traurig aus. Das erste Mal, dass ich ihn nicht lächeln sah. Er klang ernst und seine Stimme war brüchig. Aber dennoch missbehagte mir der Gedanke meine Familie zu besuchen. Ich wollte nicht schon wieder hören müssen, wie perfekt doch die anderen waren! Ich wollte viel lieber bei ihm sein! Mit ihm den Tag verbringen, doch sein Gesichtsausdruck ließ mich dann doch zustimmen. „Okay", seufzte ich und kapitulierte.
„Aber du kannst nicht von mir verlangen, dass ich mich mit denen vertrage, wenn sie es selbst auch nicht wollen." Gabriel kam auf mich zu, umfasste mein Gesicht und lächelte wieder. „Nein das verlange ich nicht. Aber du solltest offen für alles sein. Du musst Kompromisse schließen können. Du musst sie nicht lieben, aber tolerieren wäre toll." Ich lächelte kurz und nickte dann. „Ja. Willst du mitkommen?", fragte ich hoffnungsvoll, doch er ließ die Hände sinken und schüttelte den Kopf.
Enttäuscht biss ich mir auf die Unterlippe und war traurig darüber. Anscheinend hatte ich mich zu sehr an seine Anwesenheit gewöhnt. Alleine jetzt durch dieses Familiendrama waten zu müssen war beängstigend. „Tut mir leid, ich würde gerne. Doch ich habe auch ein Treffen mit meiner ... Familie." Mehr verriet er mir nicht. Ich sah in seinen Augen, dass er auch darüber nicht sprechen wollte. Also fragte ich nicht nach und nickte nur. Kurz stellte ich mich auf meine Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange. „Danke." Dann ging ich, zog meine Jacke an und ließ den verdutzten Gabriel zurück.
Ich hatte gar keine Zeit meine Familie vorzuwarnen. Ich hoffte ja, dass sie nicht da waren, dann würde mir der Besuch mit ihnen erspart bleiben. Ich saß mich in mein altes Auto, fuhr los und sah dann im Rückspiegel, wie Gabriel mir zum Abschied winkte.
Die Fahrt dauerte drei Stunden und als ich dann ankam, war das Auto meiner Eltern da, sowie das meiner perfekten Schwester. Ich seufzte innerlich, stieg aus und rannte zur Haustüre, bevor der Regen mich vollkommen durchnässte. Bevor ich jedoch klopfte, zögerte ich lange. Aber schließlich ballte ich meine Hand doch zur Faust und schlug gegen das Holz.
Ich hörte Stimmengewirr und dann machte meine Mutter mir auf. „Emma?", hauchte sie überrascht und machte große Augen. „Überraschung."
Noch lange standen wir so da. Ich vor der Türe und fror mir den Arsch ab und sie drinnen und starrte mich an, als hätte sie einen Geist gesehen. „Keine Sorge Mum. Ich bin nicht der Geist der Vergangenheit", brummelte ich und zwängte mich dann letztendlich an ihr vorbei ins warme Innere. Meine Mum watschelte mir wie eine Ente hinterher und bekam immer noch keinen Ton heraus. Soviel zur gebildeten Sippe. „Nett dekoriert", kommentierte ich dann ihre Weihnachtsdekoration und versuchte diese Unbequemlichkeit zu beseitigen.
Jetzt endlich fand meine Mum ihre Stimme wieder und piepste wie eine Maus: „Oh danke, Schatz. Ich wusste gar nicht, dass du heute kommen würdest. Wir hatten schon lange keinen Kontakt mehr. Wie geht es dir denn? Wie läuft's mit der Arbeit? Hast du schon einen neuen Partner gefunden? Ist bald eine Hochzeit von der ich nichts weiß. Bist du schwanger?"
Ich rollte stöhnend mit den Augen und ließ mich dann in das weiche Sofa fallen. Dann fixierte ich meine Mutter, die auf mich Fragen ballerte, wie eine Irre und hob die Hand, damit sie aufhörte zu reden. „Mum mir geht es gut. Ich habe keinen Freund ... aber ich bin hier, weil es mir jemand geraten hat. Ich wollte mich entschuldigen. Dafür, dass ich mich nicht mehr gemeldet habe. Ihr seid immerhin meine Familie", offenbarte ich ihr und schenkte ihr ein Lächeln. Meine Mutter hatte plötzlich Tränen in den Augen, nahm meine Hand und zog mich in eine feste Umarmung. „Oh mein kleiner Spatz. Du hattest deine Telefonnummer geändert und du bist umgezogen ... ich habe versucht dich sogar mit einen Privatdetektiv zu suchen, aber dein Papa meinte dann, ich würde langsam übertreiben. Also hab ich's gelassen. Aber Emma ich habe dich so vermisst. Auch wenn ich oft es dir nicht so zeige, dennoch liebe ich dich über alles. Du bist meine Tochter!"
Jetzt standen sogar mir Tränen in den Augen. Ich schmiegte mich enger an meine Mama und schniefte leicht. „Das ist süß von dir, Mum. Ich hab dich auch lieb." Mehr bekam ich nicht heraus oder ich würde Rotz und Wasser heulen.
Mir war bis zum heutigen Tage gar nicht aufgefallen, wie sehr ich doch meine Familie vermisst hatte, insbesondere meine Mama. „Sehe ich Gespenster oder ist das tatsächlich meine große Schwester, Emma?", rief Janina und schon erdrückten mich zwei weitere Arme. „Oh mein Gott. Ich dachte schon du wärst tot!", stieß sie hervor, während ich nach Luft rang. „Nein. Unkraut vergeht nicht", meinte ich lediglich und befreite mich dann aus der Monsterumarmung. Dann sah ich meine Schwester an und musste leicht grinsen. Egal wie sehr sie mir manchmal auf den Wecker ging, trotzdem hatte ich sie lieb.
„Oh man, du Nervensäge. Ich glaube ich habe dich vermisst", gab ich zu und schon fand ich mich wieder in einer Umarmung. „Ich dich auch, Emma." Zu guter Letzt betrat mein Dad das Zimmer. Er war nicht der Umarmungsmensch, doch er grinste wie ein Honigkuchenpferd als er mich erblickte. Also ging ich auf ihn zu und umarmte ihn fest. Nur sehr widerstrebend erwiderte er die Umarmung. Ich lachte, boxte ihm gegen den dicken Bauch und strahlte dann meine gesamte Familie an. „Also. Habt ihr was zum Futtern? Ich sterbe vor Hunger."
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Der Weihnachtsengel
Short StoryEmma hatte schon immer Pech in der Liebe. Meistens fand sie genau an Weihnachten heraus, dass ihre Partner sie betrogen. Seitdem ist ihr dieses Weihnachtsfest so sehr verhasst. Doch sieben Tage vor Weihnachten trifft sie auf ihren Nachbarn Gabriel...