Part 3

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Selena

Als ich aus dem Auto ausstieg, lief mir eine zierliche Frau mittleren Alters entgegen. Braune Haare hingen ihr verschwitzt in die Stirn und sie lächelte erschöpft. Zwei Kleinkinder im Alter von 3-5 Jahren rannten ihr hinterher. Das Mädchen schrie: "Justin!", und sprang ihm geradewegs in die Arme. Offenbar seine Schwester. Die Frau schloss mich in die Arme. "Du musst Selena sein, ich bin Pattie!", sie schob mich ein Stück weg von sich und lächelte strahlend, "Wie hübsch du bist!", bemerkte sie, was mich zum Erröten brachte. "Ich hoffe Justin hat sich benommen", sie zwinkerte mir zu. Sollte ich ehrlich sein? Lieber nicht. "Oh ja hat er. Ein ganz liebeswerter Junge!", rief ich aus und Justin warf mir einen seltsamen Seitenblick zu. Offenbar etwas zu dick aufgetragen, doch Pattie lächelte ihren missratenen Ältesten so stolz an, dass ich es nicht übers Herz brachte, ihr die Wahrheit zu erzählen. "Komm doch rein, Liebes, ich zeig dir dein Zimmer!", sie zog mich in das grosse Haus herein, "Justin, nimm ihr Gepäck", dirigierte sie. Ich hörte ein angepisstes Schnauben hinter mir, folgte aber Pattie herein. Es war wirklich ein schönes Haus. Grossräumig und sehr hell, mit vielen Fenstern und einer Veranda, auf der man bestimmt herrlich die abendlichen Sonnenstrahlen geniessen konnte. Ich folgte Pattie eine breite, weiss gestrichene Wendeltreppe in den zweiten Stock. "Hier ist das Zimmer von Jazmyn und Jaxon, daneben ist dann meins", erklärte sie mir, währenddessen sie mit einer Leichtigkeit, die ich nicht für möglich gehalten hätte, meine schweren Koffer eine weitere Treppe hochtrug und dort abstellte. Sie strich sich ein paar Haarsträhnen aus der verschwitzten Stirn und strahlte erneut. Ich glaube, dieser Frau vergeht das Lächeln nie. "So, das ist Justins Zimmer", sie wies auf eine weisse Tür, "und das hier ist deines!", sie schob mich in das Zimmer neben Justins rein. Ich stand in einem, in warmem weiss gehaltenen, Zimmer. Der Raum war hell, da er durch das grosse Fenster, welches den Blick auf den Garten freigab, die Sonnenstrahlen einfing. Ein breites Bett in der Zimmerbette brachte durch den bunten Überzug Farbe in den Raum. Am Boden lag ein weicher Teppich, der ebenfalls in herbstlichen Tönen gehalten war. Ein grosser Schrank, eine Kommode und ein Schreibtisch füllten die Leere. Ich fühlte mich sofort wohl in dem Zimmer. "Gefällt es dir?", fragte mich Pattie unsicher, aber sichtlich stolz auf ihre Arbeit. "Es ist wunderschön, vielen Dank!", sagte ich und meinte es auch so. "Ich fühle mich hier jetzt schon Zuhause hier", fügte ich noch dazu und ihr Strahlen hätte mit der Sonne wetteifern können. "Das freut mich!" Sie öffnete eine andere Tür, die in ein kleines Bad, dessen Fliesen ganz in einem hellen blau gehalten waren, führte. Es war nicht sehr gross, ein Waschbecken, Toilette und eine Dusche. "Hier, das ist dein eigenes Bad, nicht dass du noch eins mit Justin teilen musst! Schliesslich weiss man bei dem Jungen nie, was man da findet, da hab ich schon schlimme Entdeckungen gemacht, wie zum Beispiel benutzte Kondome!", gestand sie mir augenzwinkernd und brachte mich damit zum erröten. Unbeirrt plapperte sie fröhlich weiter: "Ach weisst du, ich wollte schon immer eine Tochter in dem Alter! Justin ist ja ein lieber Junge, aber mit dem kann man einfach nicht gut reden!" Pattie kannte mich gerade mal ein paar Minuten und doch überschüttete sie mich geradezu mit Liebe, dass ich gar nicht anders konnte, als sie sofort ins Herz zu schliessen. "Was kann man mit mir nicht?" Justin lehnte im Türrahmen und musterte uns misstrauisch. Er hatte das Tshirt gewechselt und trug jetzt ein schwarzes Tanktop, das sich über seine breite Brust spannte und ausserdem seine muskulösen Arme betonte. Pattie wandte sich zu ihm um und in ihrem Blick lag so viel Liebe und Stolz, dass es mir schwerfiel, Justin böse anzusehen. Er sah, falls das überhaupt möglich war, noch heisser aus als vorhin. "Ach nichts, ich hab Selena nur ein bisschen was über dich erzählt", lächelte Pattie und sein Bick verfinsterte sich. Gefiel es ihm etwa nicht, dass ich über seine Bettgeschichten Bescheid wusste, oder trug er irgendein streng behütetes Geheimnis mit sich rum, von dem ich nichts wissen sollte? Doch dann wurde sein Blick etwas weicher und er fragte: "Mom, ich geh mit Jazzy und Jax an den Strand, ok?" Ich beobachtete wie seine Lippen sich zu einem warmen Lächeln verzogen, als er von seinen Geschwistern sprach und seine Augen leuchteten förmlich. Es fiel mir schwer das zuzugeben, aber Justin war bestimmt der beste Bruder, den man sich vorstellen konnte. Doch sein Gesichtsausdruck verdüsterte sich sofort, als Pattie ihn bat: "Nimm Selena doch mit." "Ganz sicher nicht", fauchte er und ignorierte den Todesblick, den ich ihm zuwarf. "Das ist schon gut Pattie, ehrlich, ich bin auch müde vom Flug und muss noch mein Zeug auspacken", beschwichtigte ich schnell, da ich ehrlich gesagt auch nicht sehr scharf darauf war, den Nachmittag mit diesem Kotzbrocken zu verbringen. "Doch!", sagte Pattie streng. Dass sie "Selena gehört jetzt zu unserer Familie" noch hinzufügte, machte die Sache nicht wirklich besser. Justins Reaktion war bühnenreif. Er riss seine samtenen Rehaugen erst auf und kniff sie dann zusammen. Sein Gesicht nahm eine rötliche Farbe an und er brüllte: "Nein tut sie nicht! Nach einem Jahr ist sie wieder in Kanada und du wirst nie wieder ein Wort von ihr hören!" Wow, der Junge musste mich echt hassen. Seine Reaktion machte mich total wütend, schliesslich kannte er mich nicht einmal. Ein stilles Blickgefecht zwischen Pattie und Justin erfolgte, dass Justin offenbar verlor, denn er stöhnte genervt auf. "Also komm Selena", als er meinen Namen aussprach, wurde seine Stimme etwas tiefer. Ich dackelte ihm wie ein Hündchen hinterher.

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