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Jisung PoV

Mal wieder komplett unausgeschlafen saß ich im Unterricht. Letzte Nacht hatte ich nicht nur einen Alptraum gehabt, sondern war von einem Traum in den nächsten gefallen und das wortwörtlich. Irgendwie war ich mir sicher, dass es Minho war, der mich die ganze Zeit über umbrachte, auch wenn ich keine Beweise dafür hatte. Es war einfach etwas, das ich wusste.

Wenn ich könnte, würde ich versuchen ihn mit meinen Blicken umzubringen und mich dabei in Gedanken über ihn aufregen, aber er saß eine Reihe hinter mir, also musste es mir reichen, mich stumm über ihn aufzuregen.

"Jisung, kannst du mir meine Frage beantworten?", fragte die Lehrerin und sah mich erwartungsvoll an.

"Könnten Sie die Frage wiederholen? Ich war gerade in Gedanken."

"Das habe ich bemerkt. Wenn du eine gute Note willst, dann solltest du besser aufpassen. Jeongin, kannst du uns die Antwort erklären?"

Jeongin erklärte alles und ich hätte es mindestens genau so gut erklären können, wenn Minho nicht gewesen wäre und mich abgelenkt hätte. Er musste nichtmal etwas tun und ich war schon genervt von ihm.

Du wolltest ihn ignorieren, Jisung. Tu einfach so, als ob er gar nicht existieren würde. Das kann doch nicht so schwer sein.

Erstaunlicherweise klappte das die restliche Stunde ziemlich gut und selbst meine Lehrerin war überrascht, dass ich aufpasste und mich von Zeit zu Zeit meldete.

Nach der Stunde ging ich an den Platz, wo ich mit Felix meine Pause verbrachte, doch natürlich musste auch Minho dorthin kommen. Changbin und noch einer seiner Freunde folgten ihm. Die Blicke, die sich Felix und Changbin zu warfen, waren so offensichtlich, dass es eigentlich ein Wunder war, dass es niemand bemerkte.

"Hör zu. Wir haben beide gleich wenig Bock auf das Treffen heute Nachmittag, also lass uns zumindest heute Nachmittag so tun, wie als könnten wir uns leiden, damit wir das nicht nochmal machen müssen."

"Einverstanden. Dann führ du dich aber nicht auf wie der großkotzige Schönling, der du sonst immer bist."

"Kannst du mir mal bitte erklären, was du gegen mich hast? Ich hab dir nie wirklich was getan."

"Willst du es als Liste in Stichpunkten oder doch lieber als Roman-Trilogie?! Und als 'Nie wirklich was getan', würde ich die Wunde unter diesem scheiß Verband nicht bezeichnen!"

"Ji, kannst du es nicht einfach gut sein lassen?", unterbrach uns Felix.

"Du klingst ja schon wie meine Mutter! Nur weil du auf Changbin stehst, muss ich mich jetzt auch mit Minho und seinen Freunden verstehen?"

"Jisung, du hast gesagt, dass du es für dich behalten kannst. Außerdem hab ich es nur gut gemeint, nachdem du gestern wegen genau sowas im Krankenhaus gelandet bist!"

Felix sah mich zu tiefst enttäuscht an und ich realisierte langsam was ich gesagt hatte. Ich war vielleicht kein Macho wie Minho, aber ich war ein schlechter Freund für Felix und das machte mich nicht viel besser.

"Felix, es tut mir leid. Ich hab nicht nachgedacht, bevor ich geredet habe."

"Ja, das hab ich gemerkt."

"Sollten wir... gehen?", fragte der Freund von Minho, dessen Namen wir immer noch nicht wussten.

"Noch nicht. Es ist noch nicht alles geklärt.", meldete sich jetzt auch Changbin zu Wort und zog damit die gesamte Aufmerksamkeit auf sich. Ich hatte eine gewisse Ahnung was jetzt kommen würde.

"Steh auf, Felix."

Minho grinste, wie als würde er mir sagen wollen, dass ich nun zu sehen bekam, wie die Leute, die seiner Ansicht nach anders waren, behandelt werden würden. Felix tat, was Changbin gesagt hatte und sah ihm in die Augen. Nicht ein einziges Wort verließ seine Lippen. Mach jetzt bitte nichts Dummes, Changbin.

Dann ging Changbin auf Felix zu und küsste ihn. Der Ausdruck auf Minho's Gesicht war unvergesslich und ich musste mich bemühen, um nicht gleich laut los zu lachen.

"Was soll der Schwachsinn, Changbin?!", fragte Minho und sowohl Changbin als auch Felix richteten ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihn.

"Dieser Schwachsinn nennt sich Liebe und ist wichtiger als deine bescheuerte Angst, nicht dazu zu gehören! Denkst du wirklich, dass dich die Leute alle hassen, wenn du mit jemandem befreundet bist, der auf Jungen steht?!"

"Lass dich nie wieder bei mir blicken, Seo Changbin! Ich brauche keine Freunde, die so sind wie du!"

"Mach so weiter und du hast bald gar keine Freunde mehr. Wenn du jeden aussortierst, an dem auch nur eine Kleinigkeit nicht so ist, wie es andere von deinen Freunden erwarten, stehst du am Ende ganz alleine da."

"Alleine stehe ich immer noch besser da als mit dir!"

"Man, Minho! Wir kennen uns so lange und jetzt beendest du unsere Freundschaft, weil ich nicht in die Schublade passe, in der du mich haben willst?"

"Du siehst das falsch. Nicht ich bin der von uns beiden, der diese Freundschaft beendet sondern du. Komm, Hyunjin wir gehen. Den brauchen wir nicht."

"Nein.", antwortete der Junge, der anscheinend Hyunjin hieß.

"Wie nein?"

"Changbin hat Recht. Es gibt wichtigere Dinge als die Meinung anderer und das solltest du einsehen. Du hast so viel Angst davor, nicht im Mittelpunkt zu stehen oder anders zu sein, dass es dich irgendwann noch krank machen wird, wenn du nicht aufpasst. Jeder ist anders. Auch du. Also mach dich nicht zu jemandem, der du nicht bist, Minho."

"Schön! Dann geh doch auch! Ich brauche niemanden von euch! Nicht einen Einzigen!"

So sehr Minho versuchte stark zu klingen, konnte ich deutlich hören, wie sehr ihm das ganze eigentlich weh tat, und zum ersten Mal hatte ich Mitleid mit dem Jungen vor mir, der nun aussah, wie als würde er jeden Moment in den Tränen nah sein. Ich hatte nie auch nur versucht, dazu zu gehören, aber für Minho gab es kein anderes Ziel, als die Akzeptanz seiner Mitmenschen. Für ihn brach in diesem Moment vermutlich seine ganze scheinbar perfekte Welt zusammen.

"Hör mal, Minho...", fing ich an. Selbst jemand wie Minho hatte in diesem Moment ein wenig Unterstützung verdient.

"Spar dir die Luft, Jisung! Was willst du noch machen?! Mich wieder beleidigen? Mir erzählen, was für ein schlechter Mensch ich bin? Lass es einfach gut sein! Reicht es nicht schon, dass ich den Nachmittag verbringen muss?!", rief er und ließ mich einfach stehen.

"Ich wollte doch nur... Ach egal."

Der restliche Schultag zog sich noch Ewigkeiten in die Länge, weshalb ich wirklich froh war, als er endlich endete und ich nach Hause gehen konnte. Auch wenn ich im Moment noch nicht daran glaubte, dass der Nachmittag mit Minho so viel besser werden würde.

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The Owner Of My Dreams || Minsung Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt