Chapter 3

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Die Kapuze meiner Jacke tiefer ins Gesicht ziehend jogge ich schon fast durch den strömenden Regen, mit wachen Augen blicke ich mich dabei in meiner Umgebung um. Die eisigen Tropfen befeuchten mein Gewand und dank des starken Windes, der seit gestern Nacht die Gegend unsicher macht, spüre ich die Kälte bis in die Knochen, was mich erschaudern lässt.

Meine Mum hat mir vorhin zwar angeboten, mich zur Schule zu fahren, doch ich habe dankend abgelehnt, da sich ihre Arbeitsstelle am anderen Ende der Stadt befindet und sie dazu einen riesen Umweg fahren müsste. Zudem will ich nicht, dass sie einen schlechten Eindruck bei ihrem Arbeitgeber hinterlässt, weil sie wegen mir viel zu spät zur Arbeit kommt.

Auf einen Regenschirm hat keiner von uns gedacht.

Nun laufe ich schon eine gefühlte Ewigkeit im gießenden Regen zur Schule, der schwere Rucksack mitsamt meiner hart erarbeiteten Hausaufgaben liegt erdrückend auf meinem Rücken und bekommt nicht gerade wenig Wasser ab. Ich hoffe nur meine Schulsachen bleiben halbwegs trocken und der Regen durchnässt nicht alles so sehr, dass man das Geschriebene nicht mehr lesen kann.

Erleichterung durchströmt meinen erfrorenen Körper, als meine etwas zusammengekniffenen Augen das große Schulgebäude erblicken. Ein winziges Lächeln schleicht sich auf meine spröden Lippen und schnellen Schrittes eile ich auf die riesigen Eingangstüren zu. Kurz sehe ich noch nach, wie viel Zeit mir noch bleibt, bis die Glocke den Beginn der ersten Stunde verkündet, und bemerke, in welchem Tempo ich den Weg hinter mich gelegt habe.

Fast eine halbe Stunde bleibt mir noch, bis der Unterricht beginnt. Jetzt schon in den Klassenraum zu gehen wäre merkwürdig und würde mir bestimmt einige komische Blicke meiner Klassenkollegen einbringen. Mein Gehirn rattert vor sich hin, während meine Augen über den fast leeren Parkplatz streifen, die wenigen Autos gehören mit Sicherheit den Lehrern dieser Schule. Dabei fällt mir zum ersten Mal die kleine Bäckerei auf der anderen Straßenseite auf und ohne viel zu überlegen, reiße ich mich zusammen und renne wieder in den strömenden Regen.

Keine Minute später stütze ich mich keuchend auf meinen Knien ab, da ich nicht gerade der Sportlichste bin, und mustere den fast schon winzigen Laden. Die große Fensterfront bietet einen schönen Einblick ins Geschehen, welches gerade im Inneren der kleinen Bäckerei stattfindet. Ein Junge, der in meinen Englischkurs geht, wählt soeben eine der vielen belegten Semmeln aus und bekommt diese von der Frau hinter dem Tresen in die Hand gedrückt. Beide strahlen sich mit einem breiten Lächeln an, während der Junge in seiner Hosentasche stöbert und der jungen Frau etwas Geld reicht.

Um nicht wie ein merkwürdiger Stalker zu wirken, wende ich meinen Blick ab und trotte auf die geöffnete Glastür zu, aus welcher der Junge tritt und im selben Moment in das belegte Gebäck beißt. Bei dem Anblick knurrt mein Magen leicht und ich bemerke, was für einen Hunger ich eigentlich habe. Im ganzen Stress heute Morgen habe ich vergessen zu frühstücken. Zu sehr belagerten die niedlichen Nachrichten der unbekannten Person meine Gedanken, doch ich traue mich nicht zu antworten.

Die Gedanken verschwinden sogleich aus meinem Kopf, da ich hinter mir einen Schulbus höre, der in eben diesem Moment in die Haltestelle der Schule einfährt, was bedeutet, dass in einer Viertelstunde der Unterricht beginnt. Mit der Erkenntnis spute ich durch den Eingang und überlege mir, was ich denn kaufen soll. Unbewusst wandert meine Hand in die kleine Tasche meines Rucksacks und zieht mein Essensgeld, das mir meine Mum vorhin noch zugesteckt hat, hervor, nachdem ich mich ans Ende der kurzen Schlange gestellt habe.

Allesamt sind es irgendwelche Schüler, die sich noch schnell vor Unterrichtsbeginn eine kleine Jause kaufen wollen. Ihre Gesichter kommen mir nicht bekannt vor, was nicht unbedingt verwunderlich ist, da ich ja erst seit gestern hier zur Schule gehe. In einem gemächlichen Tempo treten sie nach der Reihe vor und äußern ihren Wunsch, meine Augen schweifen in der Zeit immer wieder zur großen Uhr, die über dem Eingang hängt.

Lost Friend [Kürbistumor]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt