Kapitel 2

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Mein Herz raste als ich das Siegel des Umschlags brach und vorsichtig die Seiten aus dem Kuvert zog. Darin befanden sich mehrere Seiten und ich faltete sie langsam auseinander. Ich hatte keine Ahnung, was in dem Brief stehen würde, aber allein die Vorstellung, dass meine Eltern diesen Brief verfasst hatten ließ mein Herz schneller schlagen. Die Schrift war wunderschön geschwungen und sorgfältig. Langsam begann ich zu lesen.

Unsere liebste Vici,

wenn du diesen Brief hier liest bist du nicht mehr unser kleines Mädchen und schon eine Erwachsene, junge Frau. Insgeheim hoffen wir, dass wir dir das alles an deinem Geburtstag selbst erklären können, aber es sind besondere und unsichere Zeiten.

Ich schluckte schwer, was hatte das zu bedeuten? Hatten meine Eltern geahnt, dass sie bald sterben würden? Verwirrt laß ich weiter.

Zuerst einmal wünschen wir dir alles Gute zu deinem Geburtstag! Wir wünschten wir könnten bei dir sein. Wir lieben dich so sehr!

Ich schluckte hart und kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen.

Dein 18. Geburtstag ist etwas ganz besonderes, nicht nur weil du jetzt Erwachsen bist, sondern auch weil für dich nun eine aufregende Reise beginnen wird. Wir vertrauen dir und müssen dich davor warnen, dass du nur mit Familienmitgliedern und gleich gesinnten darüber reden darfst!

Seit Jahrtausenden beherrschen eine bestimmte Gruppe von Menschen die vier Elemente. Luft, Erde, Feuer und Wasser. Und seit Generationen schicken all diese Menschen ihre Nachkommen, ab dem 18. Lebensjahr, zur Ausbildung ihrer Kräfte. Um heraus zu finden, welches Element deins ist, musst du diese Ausbildung absolvieren. Du mein Schatz, gehörst zu diesen Menschen, wie wir auch.

Leider haben wir nicht die Zeit, dir alles zu erklären, aber deine Nana und Tante Sophia, werden dir alle Fragen beantworten, wenn wir nicht mehr da sind. Natürlich hoffen wir das nicht, aber du musst wissen mein Kind, es gibt nicht nur gute Menschen, die die Elemente beherrschen.

Dein Vater und ich sind auf etwas gestoßen, was nie hätte ans Tageslicht hätte kommen dürfen. Im schlimmsten Fall, haben wir etwas für dich vorbereitet. Die Wahrheit muss ans Licht gelangen! Du wirst das schaffen, unser Liebling! Wir glauben an dich!

Wir sind immer bei dir! Pass auf dich auf und überlege gut, wem du trauen kannst. Oft sind die Dinge nicht so wie sie scheinen. In Liebe

Mum und Dad

Ich überflog die Zeilen, immer und immer wieder und mit jedem weiteren Mal wurde das Gefühlschaos in mir größer und größer. Was sollte das? Wer erlaubte sich da einen Scherz? Das konnte unmöglich die Wahrheit sein, denn es würde so vieles ändern. Ich packte die Sachen in das Kästchen, schnappte mir den Brief und lief mit einer Mischung aus, Wut, Trauer und Verzweiflung in die Küche. Ich blieb im Türrahmen stehen und starrte meine Tante an, die sich gerade zu mir umdrehte und deren Gesicht tiefe Sorgenfalten zierten. „Ist das wahr?", fragte ich. Sie wischte sich die Hände an der Schürze ab und blickte nach unten, so als suche sie nach den richtigen Worten. Doch ich wollte keine zurechtgelegten Antworten, ich wollte nur ein Ja oder Nein. „Ist das wahr?", wiederholte ich lauter und meine Stimme überschlug sich, dabei wedelte ich mit dem Brief in der Luft herum. Meine Tante zuckte zusammen und nickte dann ganz langsam. In meinem Kopf begann sich alles zu drehen. Ich stütze mich am Türrahmen ab um nicht zu stürzen. Der besorgte Blick meiner Tante holte mich wieder aus meinen Gedanken. Sie war ein paar Schritte auf mich zugegangen. „Warum hast du mir nie etwas davon erzählt?", fauchte ich sie auf einmal an, denn ich war plötzlich so wütend. Sie zuckte zusammen. „Vici...", versuchte sie mich zu beschwichtigen, doch ich drehte mich um und rannte in Richtung Haustüre. Das war mir gerade alles zu viel. Ich knallte im Vorbeigehen das Kästchen und den Brief auf die Kommode und sprintete nach draußen aus der Tür. Draußen angekommen atmete ich schwer, die lauwarme Luft der Nacht ein. Mein Kopf drehte sich und mir war schwindelig. Das konnte doch alles nicht wahr sein, das war wie in so einem bescheuerten Film. Und was mich noch mehr erschütterte, der Tod meiner Eltern konnte kein Unfall gewesen sein. Sie hatten es gewusst, denn sonst hätten sie mir niemals diesen Brief geschrieben. Es war alles eine Lüge gewesen mit dem Unfall. Aber wer war hinter ihnen her gewesen? Und warum mussten sie sterben?

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