14. ~Anshara

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Sie murmelte ein paar entschuldigende Worte, rieb sich die Stirn und hob ihren Blick. Ein Paar hellblauer Augen starrte ihr entgegen. Es war Hauptmann Levin. Herrgott nochmal, war sie froh, nicht auch noch in den Prinzen hineingelaufen zu sein. "Tut mir leid, seid Ihr in Ordnung?", erkundigte sich Levin sogleich, woraufhin Anshara nur nickte. Levin schien eigentlich anders als andere Männer am Hof wirklich höflich zu sein, und da es nicht schaden konnte, sich auch ein paar Freunde zu machen, wenn sie schon hier eingesperrt war, beschloss Anshara, ebenfalls höflich zu ihm zu sein. "Mir tut es leid, ich war in meinen Gedanken versunken und habe nicht auf den Weg geachtet. Ich wollte euch nicht aufhalten.", sprach sie daher. "Oh seid versichert, wenn es eine so schöne Ablenkung ist, wie Ihr es seid, die mich aufhält, so sei sie mir stets willkommen.", dabei starrte er ihr mit seinen blau glitzernden Augen so intensiv in die ihren, dass sie vor Verlegenheit errötete. Um dieser eigenartigen Situation zu entfliehen, entgegnete sie ihm nur noch schnell erneut ein paar Worte der Entschuldigung, und eilte dann weiter in Richtung ihrer Gemächer.
Ihre Gedanken wanderten wieder zu dem, was Alfas ihr gesagt hatte. Die Macht erwachte erst, wenn sie dazu bereit war und es konnte auch sein, dass es niemals so weit war. Eine Seite in ihr wünschte sich, dass es so kam. Dass die Macht sie nicht auserwählte, dann könnte sie einfach ihr altes Leben weiterführen und nichts müsste sich verändern. Der andere Teil ihrerselbst aber wusste, dass es dazu bereits zu spät war. Sie hatte ihr altes Leben längst verloren. Elena war verschwunden und sie saß hier fest. Wenn sie schon alldies auf sich nehmen sollte, dann sollte es auch nicht umsonst sein, sondern dann wollte sie diese Macht, die ihr diesen Schlamassel eingebrockt hatte, auch besitzen. Aber genau diese Seite in ihr, war es auch, die sie so unter Druck setzte, denn sie hatte keine Ahnung, was sie tun sollte, damit dis Macht sie für bereit befand. Sie konnts nur hoffen, dass Alfas ihr dabei helfen konnte, er schien viel darüber zu wissen.
Sie war nun an der Tür zu ihren Gemächern angekommen, und erschrak, als sie den Prinzen an jener Tür lehnend vorfand. "Na endlich", murmelte er leise, "Ich habe mit Euch zu sprechen. Gewährt Ihr mir wohl in die Gemächer meiner Mutter einzutreten?". Die Art, wie er die Gemächer seiner Mutter betonte, zeigte ihr klar und deutlich, dass er auf diese Frage so oder so kein nein dulden würde. Er ließ sie spüren, dass sein Recht in diese Gemächer einzutreten sehr viel größer war als das ihre." Natürlich", entgegnege sie damit nur nüchtern. So traten sie beide ein und nachdem Lucien sich auf einen Stuhl, an dem kleinen Tisch neben dem Kamin setzte, ließ sie sich auf dem ihm gegenüberliegenden nieder. Sie fragte ihn nicht, wie sie ihm behilflich sein konnte, wenn er etwas wollte, konnte er sie darum bitten. Er mochte ein Prinz sein, aber sie stand nichr in seiner Schuld. Er schwieg eine Weile, starrte sie einfach nur an. Erneut fühlte sie sich wie in einen Bann gezogen, von seinen caramellbraunen Augen, unfähig wegzuschauen. Die Luft um sie herum schien wie elektrisiert zu sein, und für einen Moment fragte Anshara sich, ob der Prinz wohl das gleiche fühlte und deshalb nicht zu sprechen begann. Da aber löste er seinen Blick von ihr und räusperte sich, eher er das Wort ergriff: "Nun das Königreich schwebt in einer großen Gefahr, die es erfordert, Informationen aus einer Bibliothek in den Bergen zu beschaffen. Ich würde alleine reiten, aber diese Mönche gestatten lediglich einer Lysanderblütigen, ihre Bibliothek zu besuchen. Da ihr die Letzte eurer Art zu sein scheint, müsst ihr mich also begleiten. Glaubt mir, das war nicht meine Idee. Ich gebe nichts auf  eure angeblichen Fähigkeite und-""Bittet Ihr mich, oder befiehlt Ihr mir, euch zu begleiten?", unterbrach Anshara ihn. Er starrte sie perplex an: "Nun ich bitte Euch aber ich erwarte-". Erneut unterbrach sie ihn, es war abermals seine Arroganz, die sie wütend werden ließ: "Hat Euch nie jeman beigebracht, wie man jemand um etwas bittet. Ihr seid wohl gewohnt stets das zu kriegen, was Euch beliebt. Aber ich kann mich nicht entsinnen Euch etwas schuldig zu sein, schon gar nicht wenn Ihr hier so aufkreuzt und mich in Eurer angeblichen Bitte auch noch pausenlos beleidigt!" Ungläubig sah er sie an, dann sah sie den Zorn in seinen Augen schimmern:" Wie maßt Ihr euch an mit Eurem Prinzen zu sprechen. Vom ersten Augenblick in dem ich Euch sah und Ihr mir meine Beute vertrieben habt, wusste ich, dass Ihr nichts als Unheil bringt. Ihr dringt hier ein, in mein zuhause, bewohnt die Gemächer einer ehemaligen Königing, schläft im Bett meiner verstorbenen Mutter-". Nun konnte auch sie sich nicht mehr im Zaum halten. Beide waren aufgestanden und Anshara trat immer näher an Lucidn heran, während sie ihm entgegenschleuderte:" Ihr seid unglaublich. Denkt Ihr auch nur eine Sekunde an etwas anderes als Euch und Euren Stolz. Denkt Ihr ich will hier sein? Denkt Ihr es macht mir Spaß, von Euren Männern betäubt und hier hergeschleppt worden zu sein? Denkt Ihr es hat mich erfreut, zu erfahren, dass ich mein ganzes Leben lang mit einer riesigen Lüge aufgewachsen bin? Denkt Ihr, ich bin froh, auf ewig von der einzigen Frau, die mir jemals eine Familie war, getrennt worden zu sein? ". Während sie diese Worte aussprach, begannen Tränen ihre Wangen hinabzukullern und sie war mittlerweile so nah an Lucien herangetreten, dass sie sich schon beinah berührten. Für einen kurzen Moment glaubte Anshara so etwas wie Bedauern in seinen Augen aufflackern zu sehen. Er senkte der Kopf, kam ihr näher. Es kam ihr fast vor, als wollte er sie küssen, aber sie war wie gebannt und konnte nicht zurückweichen. Sie verharrte nur, und blickte auf seine sich nähernden Lippen. Kurz bevor ihre Lippen sich trafen, riss er jedoch seinen Kopf zurück und sie konnte Schock in seinen Augen erkennen. Auch sie selbst war geschockt, war sie doch gerade im Begriff gewesen, sich vom Prinzen küssen zu lassen. Sie blickte wieder hoch, in das warme goldbraun seiner Augen und sah, wie die Flamme des Zorns darin wieder aufloderte. Er gab gerade einen zischenden Laut von sich, wollte wahrscheinlich gerade zum Gegenschlag ausholen, als im selben Augenblick, plötzlich riesige Flammen, aus dem Kamin empor in ihre Richtung schlugen. Sie beide erschraken und Lucien starrte ihr nur noch einmal entsetzt in die Augen, bevor er fluchtartig ihre Gemächer verließ, wo Anshara schließlich ihren Tränen freien Lauf ließ.

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