15 Kapitel

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Ich sah Derek ungläubig an.
Ich sollte die Tochter einer Königsfamilie sein?
Ja klar, es gab so etwas altertümliches noch, aber Könige gab es doch nur noch in England, Schweden, Spanien...dachte ich ironisch.
Derek sah mich belustigt an.
"Nicht solche Könige. Es gibt auch Königsfamilien in der Welt der Elemente."
"Ich mag es nicht wenn du meine Gedanken ließt." Sagte ich etwas verärgert, dass er immer auf meine Gedanken antwortete.
"Ich habe sie nicht gelesen. Die Frage stand dir ins Gesicht geschrieben." Er grinste mich an und beleidigt zog ich einen Schmollmund.
"Heißt das, meine Eltern sind Könige?" Fragte ich nun. Warum wohnten wir dann nicht in einem riesigen Schloss? Und warum war ich dann nicht schon viel früher auf die Elementeschule gegangen? Warum hatten sie mir nichts erzählt?
Nie auch nur ein Sterbenswörtchen?
"Naja...also...deine leiblichen Eltern schon." Sagte er zögernd und blickte mir dabei nicht in die Augen.
"Was soll das heißen?" Fragte ich rasch und eine schrecklich Ahnung stieg in mir auf.
"Also....deine Eltern, bei denen du aufgewachsen bist, sind nicht deine....leiblichen Eltern." Er wich meinem Blick noch immer aus.
Was?! Meinte er das ernst? Meine Eltern waren in echt gar nicht meine Eltern?!
Ich hatte das Gefühl, als würde mir der Boden unter den Füßen weggezogen werden.
Das konnte nicht sein. Sie hätten mir doch mit Sicherheit was gesagt.
Zwar hatten sie mich auch mit der Elementarschule belogen, aber, dass sie in Wahrheit gar nicht meine Eltern sein sollten, war eindeutig eine andere Nummer.
Eine Träne rollte meine Wange hinunter und ich musste schniefen.
Ich schaute aus dem Fenster, nur vereinzelte Lichtkegel einiger Autos rasten an uns vorbei.
Das durfte nicht sein.
Am liebsten hätte ich laut geschrien. Meine Eltern angeschrien. Sie gefragt, ob das wahr war.
Doch in Derek's Augen konnte ich lesen, dass er aufrichtig war.
In diesem Moment brach meine Welt zusammen.

Ich wusste nicht, wie lange ich aus dem Fenster gestarrt hatte, den Autos hinterher geguckt hatte.
Es war inzwischen dunkel geworden und ein Halbmond schien nun auf das immer weiter fahrende Taxi hinab.
Irgendwann rutschte Derek zu mir herüber und legte einen Arm um mich.
"Es tut mir Leid, Emily, dass ich dir das sagen musste."
"Schon okay, ist ja nicht deine Schuld. Irgendwann hätte ich es eh erfahren." Meine Stimme klang heiser und viel Stärker als ich mich fühlte. Am liebsten hätte ich einfach die ganze Elementesache vergessen.
Wäre zu meinem alten, normalen Leben zurückgekehrt.
Dann würde ich immer noch in dem Glauben leben, meine Eltern seien meine echten Eltern, June wäre nicht entführt worden, ich säße nicht in diesem Taxi auf dem Weg ins Nirgendwo.
Das würde allerdings auch heißen, ich würde Derek und alle anderen nicht kennen, könnte niemals eine Flamme aus dem Nichts erscheinen lassen, wäre nie auf diesem wunderschönen Schulgelände gewesen.
War es mir das wert?
Ich glaube schon. Auch wenn sie nicht durch das Blut mit ihnen verwandt war, waren es ihre Eltern.
Die anderen zwei kannte sie schließlich gar nicht. Wie sollte sie da je Mama oder Papa zu ihnen sagen können?
Ich seufzte. Warum war mein Leben nur so kompliziert?
"Ich weiß, das ist keine richtige Entschuldigung, aber deine Eltern haben dir nichts gesagt, um dich zu schützen."
"Meinst du jetzt meine Leiblichen- oder meine Zieheltern?" Diesmal klang meine Stimme schon fester, Abneigung schwang in meinem Ton mit.
Ich wusste nicht, was ich glauben sollte und was nicht.
War mein ganzes Leben vor der Elementarschule eine einzige Lüge gewesen?
So fühlte es sich jedenfalls an.
"Deine Leiblichen. " Derek fuhr fort mit der Erklärung.
"Sie gaben dich weg, damit genau das, was heute passiert ist, nicht passieren würde. Das du erpresst oder entführst wirst, oder eben einer deiner Freunde."
"Aber was ist an diesem Ring so besonders, den dieser Jemand haben möchte?"
"Es gibt für jedes Element eine Königsfamilie, also einen König oder eine Königin. In deinem Fall ist dein Vater der König der Geister. Diese Königsfamilien wohnen in einem Schloss auf der Island of Elements. Das ist eine Insel, auf der alle fünf Schlösser stehen. "
"Aber was ist, wenn normale Menschen auf diese Insel kommen?"
"Normale Menschen können gar nicht dorthin kommen. Das liegt an der Magie, die dort herrscht oder so etwas in der Art."
"Und wieso gibt es Könige und Königinnen, wenn es doch schon den Rat der Elemente gibt, der alles entscheidet und bestimmt?"
"Oh, die Könige sind nicht dafür da, zu regieren oder Entscheidungen zu treffen. Sie beinhalten die Macht der Elemente." Ich sah Derek fragend an. Wie konnte man denn Macht beinhalten?
"Die Königsfamilien sind alle sehr mächtig und können sehr gut mit ihrem Element umgehen. Was dann wohl auch der Grund dafür wäre, warum du so gut die Erde verformt hast bei deiner Prüfung. Auf jeden Fall, da wären wir nun bei dem Ring, von dem in diesem Brief die Rede war. Jedes Element hat einen Ring, der die ganze Macht 'sammelt' und dieser Ring wird nun schon seit Jahrtausenden in den Königsfamilien weitergegeben. Wenn man ihn trägt, wird einem unbändige Macht verliehen, außerdem hat jeder Ring eine besondere Eigenschaft. Die meisten haben Angst, er könne in falsche Hände geraten, deshalb bleibt er auch oft samt Besitzer auf der Island of Elements. Ach übrigens, falls es dich interessiert, da fahren wir jetzt auch hin."
Er zwinkerte mir zu und sah aus dem Fenster.
Wir fuhren da jetzt hin? Dann würde ich vielleicht bald mal meine zweiten Eltern kennen lernen.

Eine Stunde später stoppte das Taxi vor einem winzigen Hafen.
Es war 23:47 Uhr, wie ich auf einer Uhr dort lesen konnte.
Wir stiegen aus und liefen einen breiten Holzsteg entlang.
Salzige Meerluft umwehte uns und der Wind zerzauste meine Haare.
Kleine Boote schwankten im Rhythmus der Wellen mit und unter uns platschte ab und zu eine Welle gegen den Steg.
Wir liefen bis zum Ende des Stegs, wo ein kleines Segelboot festgebunden lag.
Als wir einstiegen, schwankte es gefährlich und ich hielt mich sicherheitshalber an der Reling fest.
Wenn ich jetzt noch in dieses schwarze, kalte, ekelhafte Meer fallen würde, wäre der Tag für mich endgültig gelaufen.
"Willkommen auf der Maxima." Sagte Derek und grinste schief.
"Und damit fahren wir jetzt aufs Meer?" Fragte ich ihn ungläubig.
Mir kam das Schiff alles in allem ein bisschen wackelig und ziemlich brüchig vor.
"Ja klar, wieso nicht?"
"Ach, nur so...." Auch wenn mein gesamtes Weltbild in Trümmern vor mir lag, hielt ich mich dennoch zu jung zum Sterben. Und dann auch noch Ertrinken. Einsam. Auf dem weiten Meer.
Derek lief zu einem kleinen Führerhäuschen am anderen Ende des Bootes, ich folgte ihm.
Er öffnete die Tür und schaltete das Licht ein.
Sanftes, Orange-gelbes Flackern erhellte den Raum.
In der Mitte stand ein Steuer vor einer riesigen Glasscheibe.
Darüber hing ein Kompass und allerlei anderer Dinge, die man beim Seefahren brauchte.
An den Wänden hingen lauter Seekarten und in einer Ecke stand ein roter, zerfranster Sessel.
Derek bedeutete mir, mich auf diesen zusetzten, was ich ich auch Tat.
Nachdem er alles vorbereitet hatte und die Segel gehisst waren, fuhren wir aus dem Hafen.
Auf einmal überrollte mich eine unbändige Müdigkeit und mir fielen die Augen zu.

"Emily. Emily?"
Müde öffnete ich die Augen.
"Was?" Fragte ich noch verschlafen.
"Wir sind da." Ich sah zu Derek auf, der vor mir stand.
Goldene Lichtflecken fielen durch das dreckige Fenster des Bootes hinein und besprenkelten den Boden.
Hatte ich die ganze Fahrt verschlafen?
"Sind wir gerade erst angekommen?" Fragte ich müde.
"Naja, also wir sind schon seid zwei Stunden hier, aber ich wollte, dass du noch eine Weile schläfst. Kann ein anstrengender Tag heute werden."
Ich nickte zustimmend und erhob mich.
Mein Rücken war ganz steif, kein Wunder, ich hatte ja auch die ganze Nacht in einem alten Sessel verbracht.
"Kommst du, Emily?" Fragte Derek, schon halb aus der Tür hinaus.
"Ja, einen Moment." Ich stand auf und lief zu ihm.
Das Segelboot war an einem kleinen, hölzernen Steg festgebunden.
Dieser Steg führte zu einer wunderschönen Insel, die mich leicht an die Karibik erinnerte.
Sandstrand, klares, türkisfarbenes Meer, man konnte bis auf den Grund sehen, ein paar bunte Fische schwammen in kleinen schwärmen durch die Wellen.
Verzaubert sah ich mich um.
Diese Insel war wirklich magisch.

Der Ring oben zeigt den magischen Ring der Königsfamilien.
Bei Wasser ist die Perle in der Mitte wie auf dem Bild dunkelblau,
Bei Luft weiß bis hellblau,
Feuer rot, Erde grün und bei Geist Perlmuttfarben.

School of Elements I  ~ The forgotten ElementWo Geschichten leben. Entdecke jetzt