"Was?! Sie haben mein...äh die Königin und den König?!" Geschockt sah ich Jayson an.
"Ja, leider. Das einzige gute ist, dass die beiden den Ring nicht bei sich trugen."
"Na dann." Erwiderte ich ironisch. Wenn meinen Eltern auch nur irgendetwas passierte...
"Naja, ich weiß das ist nicht gerade hilfreich, aber so kommt er wenigstens nicht in Elijas Hände und wir haben wenigstens noch eine kleine Chance..." Jayson versuchte ein aufmunterndes Lächeln, versagte jedoch. Ich spürte, dass er sich Sorgen machte.
"Und wo sind sie?" Fragte ich stattdessen.
"Keine Ahnung. Wir müssen einfach nach ihnen suchen. Vermutlich in einem Geheimraum oder ähnliches. Elija hat seine Vorlieben für so etwas. Nur was mir am meisten Sorgen macht ist, dass sie vermutlich das Skorpionsgift angewendet haben."
Eine tiefe Sorgenfalte grub sich in seine Stirn, ich verstand jedoch gar nichts. Was wollten die denn mit Skorpionsgift?
Ist denen nichts besseres eingefallen? Und wieso machte sich Jayson deswegen solche Sorgen? Als Bändiger können die sich doch gegen so einen Skorpion wehren, oder etwa nicht?
"Das 'Skorpionsgift' ist das Gift des gefährlichsten Gestaltenwandlers in der Welt der Bändiger. Jeder fürchtet ihn und das aus einem guten Grund. Wenn du gestochen wirst, oder das Gift irgendwie in deine Blutbahn aufgenommen wird, saugt es deine ganze Magie aus deinem Körper heraus. Das bedeutet, du kannst nicht mehr bändigen. Nicht mal die kleinste Flamme würde entstehen. Diese schreckliche Wirkung wird erst behoben, wenn der Gestaltenwandler, von dem das Gift stammt, stirbt." Tief in Gedanken starrte er auf den Steinboden.
Irgendwie ließ mich das Gefühl nicht los, dass er schon öfter mit diesem gruseligem Gift zu tun gehabt hatte.
"Und wieso heißt es Skorpionsgift, wenn es von Gestaltwandlern stammt, was auch immer das ist, und nicht von Skorpionen?" Fragte ich verwirrt.
"Keine Ahnung, vielleicht hat es etwas mit der natürlichen Gestalt eines Gestaltenwandlers zu tun oder es wirkt wie das Gift von Skorpionen. So genau kenne ich mich damit nicht aus. "
"Wie ist denn die natürliche Form von einem Gestaltenwandler?" Fragte ich. Irgendwie klang das unheimlich.
"Niemand, der es überlebt hat und nicht völlig durchgedreht ist, hat die wahre Gestalt je zu Gesicht bekommen. Schätze mal, kein schöner Anblick...Er kann sich in alles und jeden verwandeln, häufig nimmt er Personen, die einem nahe stehen, an, ihr könnt euch bestimmt denken warum?" June und ich nickten, während wir uns kurze Blicke zuwarfen.
Okay, das war echt gruselig. Allein bei der Vorstellung zum Beispiel Jayson wäre in echt gar nicht Jayson, sondern so ein widerliches....Ding, wurde mir übel. Man könnte keinem Vertrauen, ohne genau zu wissen ob das ein Gestaltenwandler war. Wenn es einen einmal stechen würde, würde es meine ganze Macht aus mir heraus saugen.
Okay, das wollte ich mir gar nicht so genau vorstellen.
"Aber wieso kommst du jetzt auf dieses Gift?" Fragte ich weiter und ahnte etwas schreckliches.
"Schon früher vor einigen Jahren als Elijas Vater an der Macht war, verwendete er gerne dieses Gift, um Bändiger, die ihm eine Bedrohung sein könnten, aus dem Weg zu schaffen." Er sah uns ernst an.
"Ich vermute, dass diesmal Elija anfangen könnte, dieses Gift zu verwenden. Bei dem König und der Königin und allen, die sie gefangen genommen haben. " seine Stimme klang dumpf.
Ich sah ihn entsetzt an.
Nein, das konnte nicht sein. Meine Eltern ohne die Macht zu Bändigen? Was wären das denn für Könige?
"Ja. Genau deswegen verwendet er dieses Gift auch. Der König und die Königin würden keine Macht mehr haben und so auch keine Könige mehr sein. Das ist vermutlich sein Ziel, weil er selber regieren möchte." Antwortete Jayson. Hatte er meine Gedanken gelesen?? Verärgert schnaubte ich. Ich hasste es, wenn mir jemand auf meine Gedanken antwortete.
"Nicht, dass ich dieses interessante Gespräch unterbrechen möchte, aber wir sollten uns so langsam mal auf den Weg machen. Je schneller wir losgehen, desto schneller haben wir es hinter uns. " Sagte June und ich nickte.
"Gut. Jayson? Du weißt wo wir lang müssen?" Fragte ich an Jayson gewandt, der nickte und dann in eine der Gänge abbog.
Schweigend folgten wir ihm.
Ich musste die ganze Zeit an dieses Gift denken, von dem Jayson eben geredet hatte.
Es müsste schrecklich sein, auf einmal ein normaler Mensch zu sein und nicht mehr bändigen zu können.
Okay, ich wusste bis vor kurzem auch noch nichts von meiner Gabe, aber wenn ich so an meine Zeit vor der Elementarschule dachte, kam mir mein altes Leben langweilig vor.
Nach einer Weile blieb Jayson vor einer kleinen, hölzernen Tür stehen. Sie sah schon ziemlich vergammelt aus und ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie es wohl erst dahinter aussehen mochte.
"Hier sind wir. Dahinter ist ein kleiner Lagerraum und in diesem Lagerraum ist ein Geheimgang in das Landhaus." Erklärte er uns.
"Dort wartet Derek auf uns." Ohne ein weiteres Wort drehte er sich wieder um und öffnete sie.
Vorsichtig folgte ich ihm ins Innere dieses Raumes.
Er war vollgestopft mit allen möglichen Sachen.
Ein altes Sofa, ein Fernseher, eine Kaffeemaschine, einige Mottenzerfressenen Kissen, sogar eine Spülmaschine stand in einer Ecke.
Ein durchdringender Geruch nach Schimmel und faulem Obst ließ mich die Nase rümpfen.
Das war echt ekelhaft.
Jayson entzündete ein paar Fackeln, die an der Wand hingen.
"Da drüben ist der Geheimgang." Sagte er und lief auf ein altes Bild zu.
Die Farbe war schon abgeblättert und man konnte nur noch einen See und den Umriss eines kleines Bootes ausmachen.
Vorsichtig hob Jayson es von der Wand und lehnte es gegen eine Truhe, dahinter befand sich ein dunkles Loch.
"Wer will zu erst?" Jayson sah aufmunternd in die Runde.
"Ich gehe als Letzter, wegen dem Bild. Ich muss es wieder vor den Eingang hängen. Also? Wer möchte anfangen?" Fragte er erneut.
"Ich kann das machen." Sagte ich zögernd und mit einem mulmigen Gefühl im Bauch. Ich hasste enge Gänge.
"Aber was ist, wenn ich am Ende angekommen bin?" Fragte ich.
"Ach, das merkst du dann schon." Antwortete Jayson zuversichtlich und zwinkerte mir zu.
Na toll. Was wenn ich einfach an dem Ausgang vorbei lief? Oder irgendwo abbog, wo man gar nicht abbiegen sollte?
Unsicher sah ich in das dunkle Loch.
Was wenn da irgendetwas nur darauf wartete, dass jemand vorbeikam? Was wenn da drinnen ein Gestaltenwandler war? Sicher sein konnte man sich da nicht...
Doch ehe ich länger darüber nachdenken konnte, hatte mich Jayson auch schon gepackt und hoch gehoben.
Ich zuckte zusammen und unterdrückte einen spitzen Schrei, als mein immer noch schmerzender Fuß unsanft auf dem Boden aufkam.
Langsam krabbelte ich los, in die Dunkelheit hinein. Durch den Eingang drang ein kleiner Lichtstrahl, sodass ich wenigstens den Umriss des engen Ganges erkennen konnte.
Ich wagte nicht eine kleine Flamme zu entzünden. Ich wollte gar nicht wissen, was hier alles herum lief...
Ich war gerade mal einen Meter weit gekommen, als ich einen dumpfen Aufprall hinter mir hörte.
June war jetzt also auch hier drinnen.
Kurz darauf kam auch Jayson, er verschloss den Eingang wieder und nun waren wir in völlige Dunkelheit gehüllt.
Vorsichtig kroch ich immer weiter und weiter. Nach einer Weile taten mir meine Knie und mein Rücken weh.
Ich hätte gerne eine Pause gemacht, wagte jedoch nicht, zu fragen.
Zum einen wollte ich hier möglichst schnell wieder raus, zum anderen wagte ich nicht, diese Stille zu brechen, in der man nur unser Kriechen und das leise Atmen hörte.
Auf einmal prallte ich voll gegen eine Steinwand.
Ich konnte ein kurzes "Au" nicht unterdrücken und rieb mir meine schmerzende Nase.
Der Gang hatte, ohne dass ich es bemerkt hatte, eine Biegung gemacht.
"Alles in Ordnung?" Fragte June dicht hinter mir.
"Jaja, passt nur auf, der Gang macht hier eine Biegung nach rechts." Antwortete ich und kroch weiter.
Keine fünf Sekunden später krabbelte ich schon wieder in etwas hinein.
Verärgert schnaubte ich. Diese verdammte Dunkelheit. Da kann man doch gar nicht sehen, wo man hinläuft.
Wenn ich hier je wieder herauskomme, hab ich mir mit Sicherheit schon längst die Nase gebrochen, wenn das so weiter ging. Dachte ich verärgert.
"Hey!" Rief das, wo ich hinein gelaufen war erschrocken.
Ich zuckte zusammen. Es lebte??
"Tut mir Leid. Ich hab dich nicht gesehen." Entschuldigte ich mich schnell und hätte mich sogleich Ohrfeigen können.
Ernsthaft? Ich wusste doch gar nicht, wer das war! Das konnte genauso gut jemand von Elija sein, der jetzt, dank mir, wusste, dass hier noch jemand in diesem Gang war.
"Emily?" Fragte die Stimme verwirrt.
Ich zögerte. Sollte ich jetzt antworten? Dann wusste er ja erst recht, wer hier war...
Doch Jayson nahm mir die Antwort ab.
"Ja Derek. Ich bin wieder hier, mit June und Emily." Das war Derek! Ich hatte ihn gar nicht erkannt.
Ich umarmte ihn glücklich. Ihm ging es gut.
"Auch hallo." Sagte er belustigt.
"Aber was machst du überhaupt hier?"Fragte er nun nicht mehr so fröhlich. Ich hörte, wie er sich hinhockte und ich tat es ihm gleich.
"Äh...naja....lange Geschichte." Murmelte ich verlegen.
"Das kannst du Derek nachher alles erzählen. Jetzt müssen wir weiter und vor allem gucken, wie wir die anderen befreien. " Erlöste mich Jayson von einer genaueren Antwort.
"In Ordnung." Antwortete Derek und kroch voran, gefolgt von uns.
Nach wenigen Minuten kamen wir endlich zum Ende des Ganges.
Erleichtert krabbelte ich aus dem Loch und streckte mich ausgiebig.
Ich sah mich um. Wir befanden uns in einer kleinen Vorratskammer. In großen Regalen stapelte sich massenhaft Essen, selbst an der Decke hingen vollgestopfte Körbe.
"Hach, endlich sind wir draußen. Länger hätte ich es in diesem Tunnel nicht mehr ausgehalten." Stöhnte June neben mir und ich stimmte ihr zu. Dieser Tunnel war unheimlich gewesen.
Jayson lächelte uns an, seine Augen leuchteten so, wie nur er es konnte.
"Den ersten Teil haben wir geschafft. Jetzt müssen wir sie nur noch finden." Ich wollte ihm gerade zu stimmen,
als wir auf einmal ein Geräusch draußen vor der Tür hörten.
Wir erstarrten.
"Schnell. Es kommt jemand. Da in die Nische!" Zischte Jayson und deutete auf eine kleine Nische in der Wand.
Schnell quetschten wir uns hinein, als auch schon die Tür aufging.
Ein groß gewachsener Mann kam herein. Er hatte kurze, dunkle Haare und das Amulett um den Hals, was ich auch besaß. Er gehörte zu Elija.
Ich wollte aufspringe und ihn fertig machen, doch Jayson legte beruhigend eine Hand auf meinen Arm und schüttelte ganz leicht den Kopf.
Noch hatte der Mann uns nicht bemerkt, also bestand auch noch keine Gefahr.
Langsam schloss er die Tür hinter sich und lief weiter in den Raum hinein. Er kam uns immer näher.
Vermutlich wäre er einfach an uns vorbei gelaufen. Wäre wieder gegangen und niemand hätte uns bemerkt.
Wir hätten die anderen gefunden und befreit. Wären wieder nach Hause gefahren und alles wäre wieder so wie früher.
Doch so war es nicht. Es war alles meine Schuld. Nur weil ich zu ungeduldig war und es nicht aushielt.
Ich wünschte, ich könnte das Geschehene rückgängig machen. Das ich einfach in der Nische sitzen geblieben wäre, doch ich wusste, dass ich das niemals ändern konnte.
Ich war aufgesprungen und wollte diesen Mann, als er uns gerade den Rücken zudrehte, einen Feuerball entgegen schleudern.
Doch anstatt, dass es ihn umwarf, saugte er das Feuer auf.
Ich versuchte es nochmal, doch es prallte an ihm ab und ein Regal neben ihm fing Feuer.
Mir würde es für immer ein Rätsel bleiben, wieso er immun gegen dieses Feuer war.
Warum er das tat, was er tat.
Er sah mich verächtlich an und grinste böse, als er sich langsam umdrehte.
In dem Moment, wo sich unsere Blicke trafen, ich in seine eisblauen Augen sah, war ich wie versteinert. Ich konnte mich nicht mehr rühren. Selbst wenn ich gewollt hätte, irgendetwas hielt mich fest.
Er murmelte etwas unverständliches und und ein silberner Blitz schoss aus seinen Händen.
Dieser Blitz hätte mich zerstören sollen, hätte mich töten sollen. Aber nein. Dieser Blitz tötete mich nicht.
Dieser Blitz traf Jayson, der ohne zu zögern aus der Nische sprang und sich vor mich stellte. Ich hatte keine Zeit, zu realisieren, was geschah.
Jayson wurde von dem Blitz getroffen, der Blick des Mannes wandte sich von mir ab und und glitt auf Jayson, der durch den ganzen Raum geschleudert wurde, gegen ein Regal prallte und reglos liegen blieb.
Ich konnte mich wieder bewegen.
Eine unbändige Wut auf diesen Mann schoss durch mich hindurch.
Ich wusste nicht, was mich dazu gebracht hatte, was ich im nächsten Moment tat.
Ohne zu zögern schleuderte ich alle meine Kraft die sich in mir gesammelt hatte auf diesen Mann.
Er hatte keine Zeit für eine Reaktion, als er auch schon von einer Mischung aus Feuer, Wasser, Luft und Erde getroffen wurde.
Meine Wut hatte mich dazu gebracht, die Elemente zu vermischen.
Sofort fiel er in sich zusammen und löste sich, ekelhafter Weise, in Staub auf.
Ich stürzte zu Jayson hinüber, der seltsam verkrümmt auf dem Boden lag.
"Jayson? Jayson!" Rief ich ängstlich. Das könnte echt nicht gesund sein wie er da lag!
Flatternd öffneten sich seine Lider und ich sah in seine grünen Augen.
"Jayson!" Seufzte ich erleichtert. Er lebte. Doch im nächsten Moment war meine Erleichterung wie weggewischt.
"Pass auf dich auf." flüsterte er Jayson. "Denk an das Skorpionsgift. Alles und jeder kann es sein. Du kannst im Moment nur dir vertrauen." Er keuchte auf. "Leb wohl Prinzessen." Langsam schlossen sich seine Augen und reglos blieb er am Boden liegen.
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School of Elements I ~ The forgotten Element
FantasyEmily führt ein normales Leben. Nach den Sommerferien sollte sie wie ihre Freunde in die neunte Klasse kommen, doch es kommt alles ganz anders. Ihr Leben wird völlig auf den Kopf gestellt, als sie erfährt, dass es Menschen gibt, die eines der vie...