Leben

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"Zeig mir deine Arme!" schrie der Werwolf mich an.

Ich wollte es nicht, denn ich wusste, was nun geschah. Durch meine Unachtsamkeit schnitt ich mich und das Blut tropfte auf meine Arbeitsfläche. Heute durfte ich Ella in der Küche helfen das Essen vorzubereiten, doch ich schnitt mich beim Karotten zerkleinern. Meine kleiner Fehler war ein weiterer Dorn im Auge des Wolfes.

Mit zusammengebissenen Zähnen hielt ich ihm meine Arme entgegen. Widersprechen war nie eine Option, außer man wollte eine schlimmere Strafe.

Ella schaute mich entschuldigend an. Sie war ein Omega, einer der untersten Ränge. Sie verdiente sich hier einige Kronen, um ihre kleine Tochter ernähren zu können. Sie war eine Kollegin, welche ich sehr schätze und sie unterstützte mich sehr.

Der Wolf legte mir Ketten an und führte mich aus der Küche. Mit vielen kleinen und schmerzhaften Rucken, zwang er mich zum Folgen. Wir liefen abermals durch Gange mit hohen Wänden, welche kalkweiß mir entgegen strahlten.

Mir folgten die gehässigen Blicke der anderen, welche mich einschüchterten. Sie leckten sich um meine Angst, es gefiel ihnen. Das Rasseln der Ketten übertönte das belustigte Gemurmel der Anwesenden.

Ich würde aus dem teuren Anwesen geschliffen und draußen an den Pranger gestellt. Mein Hände wurden an sehr festen und schneidenden Seilen befestigt. Ich stand für die anderen auf dem Servierteller, als ich mich umdrehte und mir der Rücken entblößt wurde.

Vom stärksten zum schwächsten, versammelten sich die Gestaltwandler in einer Reihe und verwandelten sich knurrend und schnaufend. Meine Strafe diente als Belustigung der Menge.

Hintereinander kamen Wölfe zu mir und ritzten unaussprechliche Wörte auf meinem Rücken. Ich konnte nur erahnen, dass die Wörter genauso schlimm, wie der Schmerz war.

Meine Wangen benetzt mit Tränen und meine Beine zitterten vor Schmerzen. Selbst das stehen tat unheimlich weh, weshalb ich auf die Erde sank. Meine üppige Kleidung wurde durch den trockenen Boden verschmutzt, doch es war mir egal. Ich wollte nur, dass dieser Schmerz ein Ende finden würde, doch dies geschah nicht.

Immer mehr Wölfe stürzten sich auf mich, wie ein rohes Stück Fleisch. Ich wimmerte leise und zwang mich zum Atmen.

Ich versuchte den Schmerz zu verdrängen, welcher meinen Rücken befiehl. Ich erinnerte mich an meinen Bruder, welcher mit 7 starb, Leukämie. Ich erinnerte mich an sein Lächeln, welches durch Zahnlücken kindlicher wirkten. Ich stellte mir vor, wie er heute aussehen würde. Ein stattlicher Mann mit einer wundervollen Frau in den Armen, glücklich und sorglos.

Ich begann zu lächeln. Es gibt vieles, was man mir nehmen könnte, doch dies könnten sie nicht, weshalb meine Gedanken der kostbarste Schatz der Welt war. Sie konnten nicht in meinen Kopf eindringen und deshalb lächelte ich. Ich würde ihnen niemals 100% gehören, egal wer mich kaufte oder misshandelte.

Als kein erneuter Schmerz kam, drehte ich mich lächelnd mit Tränen in den Augen um. Viele murmelten und tauschten entsetzte Blicke.

"Es gefällt ihr" "sie will Schmerz" "eine Menschenschlampe ist sie"

Ich lächelte weiter und sah, wie sich mein Umfeld verkleinerte. Ein räumlicher Schatten legte sich über meine Augen.

Ich hoffte der Tod würde mich hier und jetzt erlösen, doch mein Schicksal würde mir dies nicht gönnen. Das tat es nie.

Ich richtete meine knochige Gestalt auf und senkte den Blick, mein Rang brachte mich zur absoluten Unterwerfung. Eine Wache löste meine Fesseln und taumelnd lief ich 2 Schritte.

Es tat mir alles weh und ich konnte nicht beschreiben, wie wuchtig der Wasserfall von Blut an meinem Rücken herunterlief. Es beobachtete mich jeder, bis ich einen Tritt und viel Gelächter vernahm.

Ich stürzte, wie kurz vorher auf den Boden und blieb liegen. Die Wache trat zu mir, sodass ich nur seine Schuhe aus den Augenwinkeln erkennen konnte.

"Küss meine Schuhe" ich schaute hoch und bewegte mich nicht. Es war nur ein weiteres Machtspiel,  mehr nicht. Sein hässliches Gesicht lächelte mich an. Er hatte kantige kieferknochen und kurz rasierte Haare. Ein widerlich gutaussehender Mann mit braunen Augen.

"Bist du taub!" Schrie er mich erneut an. Mit zitternden Händen griffen ich nach seinen Schuhen und wollte meine Unterwerfung schnell hinter mich bringen. Dich er holte nur aus und trat mich

"Sowas erbärmliches, töten sollte man dich, doch für deine Spezies ist der Tod zu gut. Und jetzt verschwinde"

Das ließ ich mir nicht 2 mal sagen und rappelte mich erneut auf. Ich strich mir meine verklebten und filzigen Haare aus meinem Gesicht. Durch den ganzen Dreck, sahen sie nicht mehr schwarz sondern gräulich aus.

Ich schleppte mich zu der Arbeiterhöhle, welche mein zu Hause darstellte.

Ich war tatsächlich der einzige Mensch, der hier arbeiten musste. Auf meinem Weg folgten mir viele bösartige Blicke.

Mit letzter Kraft schleppte ich mich zu einem alten Strohhaufen und schlief darauf komplett außer Kraft hin.

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6 Tage vergingen und meine Schmerzen linderten sich langsam. Ich hatte keinen Küchendienst mehr, sodass ich Ella nur abends in der Höhle sehen konnte.

Ich musste heute im Hof arbeiten und pflegte dabei die unterschiedlichsten Gewächse. Öfters kamen Wachen und beobachteten mich mit Abscheu. Das Leben war nunmal nicht so einfach.

Ich dachte viel nach in letzter Zeit und kam zu dem Schluss, dass diese Hölle wohl niemals endete.

Vor Tagen begann die Arbeit immer härter zu werden, sodass mein Körper stetig schwitzte und unheimlich an Gewicht verlor.

Ein hoher Besuch stand an und ich konnte mir schon denken, dass die Royalen vorbeikamen. Der König war mit seinen 3 Söhnen auf der Durchreise, um ihre 2. Seelen zu finden. Sie suchten so zu sagen die "Frau fürs Leben", doch für mich ist das nur eine Illusion.

Ich denke die Übernatürlichen wollen einfach nur die Zuneigung, die sie eindeutig nicht verdienten.

Bei den Gedanken an diese höher gestellten Lebensformen überlief mich ein Schauer.

Sie jagten mir Angst ein und das auch aus guten Grund. Wer wollte schon in der Nähe von Jägern, als lebendes Mittagessen leben? Ich gewiss nicht, ich fürchte mich lieber bis auf die Knochen, anstatt jemanden etwas vorzuspielen.

Falsches Mitleid, oder gar Aufmerksamkeit lag noch nie in meinem Verlangen.

Seufzend wendete ich mich der Arbeit zu. Für mich war es Aufwand für Personen, welche keine Ahnung von Schönheit des Lebens, oder gar der Natur hätten.

Sie sind alle blind. Geblendet von Ruhm und Reichtum,  dass sie niemals das sahen, was ich sah. Unendliche Schönheit und den kleinen Dingen des Lebens.

Warum schätzte man also nicht was man hat? Genau richtig, weil uns nichts genügt. Strebt man einmal nach mehr, strebt man immer nach mehr.

Ein Teufelskreislauf der Lebenden und der Wissenden.

His MateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt