Kapitel 16

54 5 0
                                    

Damals, als wir noch jünger waren. Wir waren zusammen auf dem Spielplatz und spielten in der Sandkiste. Ich hatte einen Kübel und eine Schaufel in der Hand. Jasmin saß neben mir und versuchte einen Tunnel zu graben. Mit ihren Händen schob sie den Sand einmal nach links und einmal nach rechts. 

Ich schaufelte gerade Sand in meinen Kübel, als plötzlich eine Schrei ertönte. Ganz schnell drehte ich mich zu Jasmin. Als ich ihr ins Gesicht sah, konnte ich feststellen, dass sie sehr verschwitzt war und sehr aufgeregt atmete. Mein Blick senkte sich und ich konnte eine kleine Schlange sehen. Sie hatte viel mehr Angst vor Jasmin, als Jasmin von ihr. Trotzdem konnte ich meiner Freundin das nicht klar machen. Anschließend kam ihre Mutter und beruhigte sie. 

Nun sind wir alleine. Alleine im Wald. Wir waren jetzt älter und deswegen wusste ich wie ich Jasmin beruhigen musste. Ich nahm ihre Hand. Ich setzte mich hinter sie und drückte sie an mich. Danach gab ich ihr noch einen Kuss auf die Stirn und langsam bekam sie wieder besser Luft und sie beruhigte sich wieder. Ich war erleichtert.

So konnte es nicht mehr weiter gehen.  "Jasmin. Mir ist klar, dass ich dir das jetzt schon zum tausendsten mal sage, aber wir müssen etwas unternehmen und versuchen hier herauszukommen. Ich glaube ich bin einfach so verzweifelt, dass ich immer und immer wieder das selbe vor mich hin rede.",sagte ich mit zittriger Stimme. Ihre Antwort war verständnisvoll: "Ich kann dich verstehen. Ich bin selber verzweifelt und weiß nicht mehr wohin. Wir werden das hier schaffen. Wenn wir zusammenhalten kann uns weniger passier, als wenn wir alleine wären." Ich wollte nicht mehr weiter gehen. Ich fühlte mich so sicher in der kleinen Höhle. Leider blieb uns nichts anderes über. Ich sprach mich mit Jasmin ab und wir waren uns einig, dass wir noch eine Nacht bleiben würden. Wir saßen lange schweigend da und ich dachte mal wieder an alte Zeiten. 

"Mama, bitte darf Jasmin bei mir übernachten? Wir sind auch ganz brav und gehen früher schlafen.",fragte ich meine Mutter mit hoffnungsvollen Blick.

Nach langem zögern gab mir meine Mutter eine Antwort. "Ja, okay." Ich war sehr glücklich. Sofort umarmte ich meine Beste Freundin. Uns war die Freude ins Gesicht geschrieben. Schon lange hatte sie nicht mehr bei mir geschlafen. Wir gingen in mein Zimmer und richteten die Luftmatratze her. Als wir fertig waren, alberten wir herum und sahen uns süße Jungs im Internet an. Wir träumten oft von einem hübschen Jungen. "Immer unsere Vorstellungen!", sagte Jasmin mit einem breiten lächeln im Gesicht. Nachdem sie den Satz vollendete, mussten wir laut loslachen. Wir führten typische Mädchen Gespräche. Ich war sehr glücklich darüber Jasmin als beste Freundin zu haben, denn ihr konnte ich alles erzählen. 

Vor allem war sie für mich da, als sich meine Eltern getrennt haben. Sie war die einzige Person die mich verstanden hat. Meine Mutter sperrte sich in ihrem Zimmer ein und mein Vater hatte sich nicht mehr für mich interessiert, nachdem er eine neue Freundin hatte. Ich war sehr oft bei Jasmin. Langsam kam es mir sogar vor, ich würde bei ihr wohnen. Ich hatte mein eigenes Bett und einiges Sachen waren auch bei ihr. Meiner Mutter war es sowieso egal, sie war nur mit sich selbst beschäftigt und verlor ihre eigene Tochter komplett aus den Augen und bemerkte es nicht einmal. Nach langer Zeit ging sie sich wieder aus dem Haus und entschuldigte sich bei mir. Anfangs konnte ich ihr nicht komplett verzeihen, aber mittlerweile ist es schon fast vergessen. 

Wie gerne wäre ich jetzt bei ihr.., dachte ich mir. Mir blieben nur die Erinnerungen an sie. Ich wollte nicht mehr in diesem grässlichen Wald sitzen und hoffen zu überleben. Wir mussten endlich etwas unternehmen. Dauernd regten wir uns auf, dass wir nichts zu essen haben und wir nicht wissen wie wir hier rauskommen würden, aber wir unternahmen auch nichts dagegen. "Jetzt ist Schluss!", schrie ich, so das Jasmin einen riesigen Schrecken bekam. Sie antwortete ganz leise: "Mit was ist Schluss?" "Es kann so nicht weitergehen.  Wir ärgern uns immer das wir hier gelandet sind, aber wir machen nichts dagegen. Wir jammern immer, weil wir nichts zum essen und nichts zum trinken haben. Haben wir uns schon jemals bemüht an essen zu gelangen, außer als wir die Äpfel von dem Baum geholt haben? Ich bin mir sicher du bist der selben Meinung, aber du willst es nicht zugeben.", ich drehte mich von Jasmin weg und ging schnaufend davon. 

Ich saß nun alleine unter einem großen Baum und sah mir den Sonnenuntergang an. Er war wunderschön. So viele schöne helle Farben. So einen schönen Himmel hatte ich schon lange nicht mehr gesehen. Plötzlich stand Jasmin vor mir. Sie sah mich mit einem verständnisvollem Blick an und sagte: "Du hast recht Cleo. Ich habe nochmal über deine Worte nachgedacht und ich bin ganz deiner Meinung." Sie setzte sich neben mich und wir sahen gemeinsam das Rosa im Himmel verschwinden. Zusammengekuschelt saßen wir eine ganze Weile unter dem Baum. Auf einmal hörte ich einen dumpfen Aufprall, gefolgt von einem heulen. Schreckhaft blickte ich mich um und ich konnte in der Ferne einen Schatten erkennen. Ich tippte Jasmin an, um kein Wort verlieren zu müssen. Als sie frage wollte was los sei, hielt ich ihr den Mund zu und deutete in die Richtung des zappelten Schattens. Ich stand auf, nahm Jasmin an die Hand und zog sie ganz langsam hinter mir her. Wir kamen dem schwarzen Umriss immer näher und langsam konnten wir erkennen was sich hier Abspielte. Ganz langsam und vorsichtig ging ich darauf zu, nahm mir einen Stock und pikste langsam und sachte den Umriss an. Ich konnte nur noch den Tod feststellen. Doch was ich dann sah, versetzte meinen Atem in einen Schock. Ich sah Jasmin an und sie konnte es ebenfalls nicht fassen, was vor unseren Füßen saß.  

Train to ItaliaWhere stories live. Discover now