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Die Lederjacke legte ich vor mich und strich über das teure Material. Dann nahm ich die Nieten und veteilte sie ein wenig. Fragend sah ich mich um. Er kam zu mir rüber und schob einige Nieten hin und her. Wir diskutierten kurz und dann stand das Konzept. Auch die Nieten waren schnell angebracht. Die Jacke stand ihm gut. Irgendwie sah er schon komisch aus. Er hatte definitiv MakeUp im Gesicht und fummelte sich an seinen Haaren rum. "Und die Hose?" fragte ich vorsichtig. Noch war ich nicht mit der vereinbarten Arbeit fertig. Fragend sah er mich an. Dann auf die Uhr. "Ich muss in fünf Minuten drüben sein." "Schaffe ich." Er machte aber keine Anstalten, die Hose auszuziehen. Und so musste ich die Nieten an den Taschen anbringen, während er in der Hose steckte. Sowohl vorne wie auch hinten. Das Ergebnis sah gut aus. Aber er war nicht zufrieden.  Unwirsch zupfte er an seiner Frisur, die einer Kreissäge ähnelte. "Kann ich Ihnen sonst noch helfen? Sonst würde ich gerne wieder draußen warten, bis Marie fertig ist." Ich zog mich schon mit gesenktem Blick zur Tür zurück. Er sah mir nach. Ich spürte seinen Blick auf mir liegen. "Danke. Guck mal kurz." Ich sah auf. Er sah mich aus dem Spiegel heraus an. "Geht das so?" Ich wusste erst nicht, was er meinte. Dann zeigte er genervt auf seinen Kopf. Ich ging zu ihm und zupfte nun auch an seinen Haaren herum. Etwas Haarspray und ein oder zweimal einzelne Strähnen nachgezogen und es war perfekt. Naja, es sah ganz okay aus. Ich drehte noch seinen Ohrring in Position. Er sah mich aus dem Spiegel heraus an. Seine Augen waren gerade warm. Ganz anders als sonst mir gegenüber. Er dreht sich plötzlich um und zeigte mir seine Handfläche. Im nächsten Moment lag dort Schokobon. Ich machte große Augen. Wo kam der denn plötzlich her. Immer wieder sah ich von seinem Gesicht zu seiner Hand. "Das... war toll." Dann drehte ich mich schnell um und ging rasch hinaus. Chris hatte den Schokobon noch verdutzt in der Hand.

In dieser Woche parkte ich das Auto weiter weg und wartete auf einer anderen Bank. Marie erzählte mir, dass der Pressetermin gut verlaufen war. Chris hatte sein Outfit zum Glück gefallen. Ich saß abends an der Kasse. Am Ende der Woche gab es den ersten Lohn. Ich hatte bereits geplant, ein paar Schrauben zu kaufen. Dann könnte ich mir von Bernd einen Akkuschrauber leihen und ein paar Sachen anbringen und montieren. Außerdem hatte ich ein Bett gefunden. Gebraucht und nicht mehr ganz so hübsch, sollte es nur den Transport kosten. Wie ich das anstellen wollte, wusste ich noch nicht. Eventuell könnte ich mir eine Sackkarre leihen und die Teile einzeln transportieren. Marie würde in der Firma fragen. Das hatte sie mir versprochen. Am Freitag kam sie zum Auto. "Hast du gefragt?" "Was?" "Die Sackkarre..." murmelte ich traurig. "Ja, is ja gut. Ich geh nochmal zurück. Aber das Ding kannste dann selbst ins Auto schieben!" Ich stieg aus und folgte ihr. Andreas stand in der Wekstatt vor einem Motorrad. Er diskutierte mit Chris. Marie unterbrach die beiden und fragte nach einer Sackkarre für mich. "Wozu braucht man denn eine Sackkarre zuhause?" wollte Chris belustigt wissen. "Sie will sich 'n Bett abholen. Also?" "Ein Bett? Mit der Sackkarre?" Chris lachte los. Ich trat den Rückzug an. "Marie, komm. Ich muss noch pünktlich zu meiner Schicht kommen." Naja. Ich brauchte halt einen Plan B. Bernd hatte vielleicht Werkeug, womit ich das Bett so klein zerlegen konnte, dass ich es in Einzelteilen zu Fuß auf dem Arm transportieren kann. Vielleicht würde das gehen.

Nach meiner Schicht setzte ich mich auf mein Rad. Ich schaltete die Taschenlampe ein. Bernd hatte mir heute früh noch Ersatzbatterien geschenkt. 'Für den Ernstfall'. Die beiden hatten mir bestimmt meine Eltern geschickt. Sie halfen mir sehr. Ständig konnte ich mir etwas ausleihen. Und wenn es nur ein Kochtopf war. Plötzlich hupte es hinter mir und ich fiel vor Schreck fast um. Dabei fuhr ich doch auf dem Radweg. Ein Auto kam neben mir zum Stehen. "Du hast deine Sackkarre vergessen." Chris saß in seinem Auto. Er hatte die Sackkarre auf der Rückbank. Ich stieg von meinem Rad ab, sodass ich sie entgegen nehmen konnte. "Ich fahr sie dir nach Hause. Wie soll das denn gehen mit dem Fahrrad?"  Ich nannte ihm meine Adresse. Er würde sie nur ausladen und war bestimmt weg, wenn ich ankam. So bedankte ich mich schon mal für die Mühe und versprach, mich zu revanchieren. Er grinste spöttisch und fuhr wieder los. Ich hinterher.

GebrochenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt