Kapitel 1

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"Zwei Bier bitte und deine Nummer."

'Na Mensch, was für eine originelle Art', dachte sie sich spöttisch. Zum Glück stand sie mit dem Rücken zu dem, eben eingetroffenen, Gast, so konnte sie noch schnell ihre Augen verdrehen, doch sie wurde dafür bezahlt, genau solchen schlechten Anmachen Aufmerksamkeit zu schenken. Zugegeben, sie hatte echt schon Kreativeres gehört, meist in Kombination mit ihrem Status als Barkeeperin.

Sie drehte sich um, ein falsches geschmeicheltes Lächeln im Gesicht, sah den Typen an und war überrascht, sehr überrascht und dann auch noch positiv. Der Typ war nicht Mitte 30 wie die Anderen, die so eine Nummer sonst abzogen, und er war auch kein bisschen hässlich. Im Gegenteil: Er war ziemlich attraktiv.

"Also zwei Bier gebe ich dir, aber für meine Nummer musst du schon ein bisschen mehr machen." Sie fuhr sich durch die Haare – das zog bei Typen fast immer – wandte sich ab, goss zwei Bier ein und stellte sie vor ihm ab. Dann sah sie ihn erwartungsvoll an.

Er schaute herausfordernd zu ihr hinauf, ließ seinen Blick an ihrem Körper hinunter wandern, fokussierte dann wieder ihr Gesicht und grinste. "Ein Frau mit Anspruch. Gefällt mir." Lässig griff er nach einem der Gläser vor sich und genehmigte sich einen Schluck. Ließ sie dabei nicht aus den Augen.

Leicht neugierig sah sie sich um. Der Platz links neben dem ominösen Gutaussehenden war frei, zu seiner Rechten saß ein bulliger Kerl Ende 20, dem sie vor einigen Minuten bereits das dritte Bier serviert hatte. Es sah auch nicht so aus, als würde sich noch irgendjemand nach einem freien Platz umsehen oder den Fremden gar suchen. Er schien also allein gekommen zu sein.

"Durst oder Frustration?"

Sie griff nach einem Geschirrtuch und begann, die abgewaschenen Gläser vor sich abzutrocknen. Dabei sah sie zu dem Fremden, der ihr einen fragenden Blick zuwarf. "Wie bitte?"

Grinsend nickte sie zu den Biergläsern vor ihm. "Du hast zwei Gläser bestellt, obwohl du offensichtlich allein bist. Also: So großen Durst oder musst du deine Gefühle in Alkohol ertränken? Falls es zweiteres ist, würde ich dir was Härteres empfehlen."

"Na dann gib mir mal was Härteres." Er nickte ihr zu.

"Oh nein, du Armer!" Sie griff nach einer der Schnapsflaschen und goss ihm einen Kurzen ein. "Willst du es mir erzählen?"

Er kippte den Schnaps weg, stellte das Glas vor sich ab und sah sie an "Ach, da gibt es nicht so viel zu erzählen. Ich wurde versetzt"

Sie schnaubte verächtlich. "Und dann fragst du gleich die Nächste nach ihrer Nummer?"

Er grinste "Nein, es war ein Kumpel, der mich versetzt hat. Für ihn ergab sich heute die spontane Möglichkeit auf ein Date und bei der Aussicht auf Sex hat er michbglatt vergessen." Er nahm noch ein Schluck Bier.

"Aber ein Date muss doch nicht immer mit Sex enden."

"Wenn es ein gutes Date sein soll..."Er sah sie viel sagend an. Sie zog nur viel- oder eher nichts sagend ihre Augenbrauen hoch.

"Was ist jetzt, bekomme ich deine Nummer?" Er hatte nun wieder ein verschmitztes Grinsen im Gesicht und sie hätte absolut Nichts dagegen gehabt, ihm ihre Nummer zugeben, aber das wäre doch ein bisschen zu leicht, oder nicht?

"Also wirklich was dafür getan hast du nicht", erwiderte sie, spielte Ablehnung vor. 'Mal sehen, ob er am Ball bleibt.'

"Okay." Er dachte kurz nach, dann:„Wann hast du hier Schluss?" Er genehmigte sich noch einenSchluck.

"Wieso?" Sie sah ihn misstrauisch an.

"Wenn du hier fertig bist, dann machen wir noch irgendwas zusammen, verbringen die Nacht miteinander und dann-" Weiter kam er nicht, denn sie brach in Gelächter aus.

"Wir verbringen sie Nacht miteinander? Du bist aber zuversichtlich."

"Nein, so war das nicht gemeint, wirklich!" Er lachte und streckte seine Hände von sich, als wolle er alle Vorwürfe von sich abweisen. "Ich zeig dir die geheimen Highlights von London und wenn du mir dann immer noch nicht deine Nummer geben willst, dann sehen wir uns nach diesem Abend nie wieder, versprochen!" Seine braunen Augen sahen sie aufrichtig an. An dem Funkeln konnte sie erkennen, dass er es wirklich ernst meinte.

Sie wich seinem Blick aus. Eigentlich hatte sie vorgehabt, an diesem Abend nur zurück in ihr Zimmer zugehen und bei einem guten Film etwas zu entspannen. Doch mit einem Mal hatte sie die Stimme ihrer Schwester im Ohr: "Du bist immer so vorsichtig, nie riskierst du mal was, oder machst was Spontanes. Probiere doch mal was aus, du kleine Langweilerin".

Sie sah wieder zu ihm, er sah sie immer noch erwartungsvoll an. Dann hörte sie sich selbst sagen: "Ich hab' ein einer Viertelstunde Schluss. Wir treffen uns am Eingang." Sie sah noch sein Nicken und ein triumphierendes Grinsen, dann rief ein neuer Gast nach ihr.

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A Night In London | Tom Holland ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt