[1.2] Wenn der Teufel spricht, schweigt das Volk. Was ist überhaupt Angst?

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„The choice, as Eddie saw it, was as simple as it was brutal: get moving and keep moving or stand in one place long enough to start thinking about what all of this meant and simply die of fright."
Stephen King

[Eric]
Kurz bevor die Zeremonie ihr Ende nahm, konnte ich beobachten wie Lilith ihren Autoschlüssel einem der eingegliederten Feroxmitglied zuwarf.  Sie lächelte diesem kurz zu als er geschickt den Schlüssel auffing - es ließ sich in meinen Augen jedoch nicht sagen, ob es ein echtes oder ein gefaktes Lächeln ihrerseits war. Für mich war diese Frau ein einziges Mysterium, was jedoch vielen so erging. Jeanine ging sogar soweit, dass sie Lilith wegen ihrer unberechenbaren Art als ihre Feindin betrachtete. Max hielt fiel von Lilith, weswegen er Jeanines Plänen noch nicht zugesagt hat und Jeanine sie noch mehr hasst.
Zeitgleich mit dem Ende der Zeremonie stand Lilith auf und ging vorab aus dem großen Saal heraus. Als wäre das ein Zeichen für die übrigen Mitglieder, standen auch diese auf, um ihr zu folgen. Einer nach dem anderen verließ zivilisiert den Raum - ein wirklich sehr seltener Anblick, schließlich waren die Ferox eher für ihre wilde und ungestüme Art bekannt. Einen letzten Blick auf meine Eltern werfend, folgte auch ich ihnen aus dem Raum raus. An der Treppe angekommen, die in Richtung Freiheit führte, sah ich bereits, wie die ersten aus meiner neuen Fraktion begangen Richtung Gleise zu rennen, um die dortigen Säulen hinaufzuklettern. Das alles taten sie mit dem üblichen johlen und schreien der Freiheit. Und ich? Ich passte mich ihrem Verhalten vollkommen an und tat es ihnen nach. Die Menschen, die uns entgegenkamen sprangen erschrocken zur Seite, um uns nicht im Weg zustehen und/oder von uns überrannt zu werden. Ich hatte schon öfters beobachten können wie die Ferox die Säulen zu dem Gleisbett erklommen hatten und in die fahrenden Züge hineinsprangen. Es war wahnsinnig und gefährlich, aber was sollte man anderes erwarten in der Fraktion der Furchtlosen.

Ohne große Probleme kletterte ich als nächstes die freie Säule zum Gleisbett hinauf. Am Ende angekommen, reichte mir einer der gebürtigen Ferox seine freie Hand, auch wenn das eine unübliche Geste unter ihnen war. Im Allgemeinen zeigte die Fraktion Ehrgeiz und Egoismus. Das mussten sie auch, andernfalls würden sie kaum die Initiationszeit überstehen.
Ein freches Lächeln erschien auf den Lippen des Mannes, dessen Hand ich annahm bevor er mich ohne große Anstrengung hoch zog. Dankbar  nickte ich ihm kurz zu und stellte mich gerade auf den Rand des Gleisbetts. Ich hörte schon von weitem den Zug heranfahren und machte mich innerlich bereit in den Zug aufzuspringen. Als man diesen um die Ecke fahren sah, rannten die ersten Ferox los. Vereinzelnd hörte ich einige „Na los, lauft" rufen, als Anweisung für alle Fraktionswechsler, die mehr als unwissend und überrascht aus der Wäsche blickten. Der kühle Wind des vorbei fahrenden Zuges peitschte mir ins Gesicht, was mir selbst ein Grinsen auf die Lippen zauberte. So rannte auch ich als einer der letzten los, klammerte mich an der Halterung fest und zog mich in letzter Sekunde in das eiserne, fahrende Ungetüm hinein. Mein Adrenalinspiegel war um einiges angestiegen, was mein Herz dazu brachte wie wild zu pochen.

„Kommt es nur mir so vor oder versuchen die uns zu töten?", etwas belustigtes war in der Stimme des Mädchens, welches vor mir auf dem Boden saß, zu hören. Ihrem grellgelben T-Shirt und ihren farblich dazu abgestimmten Schmuckstücken, musste sie eine ehemalige Amite sein. Ich schenkte ihr ein kleines Grinsen. „Juwel Adaams", stellte sich das blonde Mädchen vor als sie aufstand und mir ihre Hand reichte. Zögernd nahm ich ihre Hand in meine und schüttelte diese, „Coulter, Eric Coulter." 
Sie nickte mir leicht zu und ließ dann meine Hand los. Schweigend sah sie aus der offenen Tür nach draußen. Auf eine komische Art und Weise war sie mir schon sympathisch, sie sprach nicht viel und schien eher weniger auf Drogen zu sein wie ihre Artgenossen.  Von der Innenstadt bis zu dem alten Industriegebiet, welches nun zu dem Gebiet der Ferox gehörte, dauerte die Zugfahrt um die 15 Minuten. Vereinzelt hörte man kleine Gespräche unter den Menschen, die mich jedoch weniger interessierten als langweilten.
„Macht euch bereit.", rief die afroamerikanische Frau, die soeben in unser Abteil reinkam, mit einer steinenden Miene.  Juwel hob ihre Augenbraue an und fragte frech: „Bereit wofür? Gruppenkuscheln?". Grinsend trat ich an die offene Tür des Zuges und sah raus, um die ersten Mitglieder aus dem Zug springen zu sehen. „Nein noch viel besser... zum Springen.", antwortete ich ihr, nahm Anlauf und sprang auf das Dach des Hauptquartiers der Ferox. Geschickt rollte ich mich auf dem steinigen Untergrund ab. Dank des Adrenalinkicks spürte ich den Schmerz den die kleinen Kiesel verursachten kaum.
Mein Blick wanderte nach hinten, zu der Blondine, die sich gerade an dem Rand des Gebäudes hochzog und dann mit einem düsteren Blick zu mir kam. Wir folgen der Menge zu der anderen Seite des Gebäudes wo Lilith bereits am Rand des Geschehens stand und sich alle Initianten genau ansah. Sie musste sich während der Fahrt umgezogen haben, denn nun stand sie in einer engeren schwarzen Ripjeans, einem schwarzen Sportbh sowie einer feroxtypischen schwarzen Jacke vor uns. Ihre Haare hatte sie zu einem strengen Pferdeschwanz gebunden und das einzige farbige an ihr waren die roten Sohlen ihrer Boots.

Queen of the NightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt